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Die rechtspopulistische Front National kann keine Region in Frankreich gewinnen. Doch es gibt keinen Grund für Euphorie: Die Situation in Europa bleibt beängstigend, Rechtspopulismus bedroht die Demokratien Europas.
Bild: Bild: Main droite de la statue de Rollon von Frédéric Bisson, lizenziert unter CC BY 2.0
Da waren sich die konservative Tageszeitung "Le Figaro" und die kommunistische Zeitung "L'Humanité" ausnahmsweise mal einig: „Le Choc“ überschrieben sie ihre Titelseite nach der ersten Runde der Regionalwahl. Mit 28 Prozent holte der rechtsextreme Front National (FN) die meisten Stimmen: ein Schock. In sechs der 13 Regionen konnte der Front National die meisten Stimmen gewinnen. „Le Soulagement“ hätten sie vielleicht titeln können nach der zweiten Runde der Regionalwahlen: die Erleichterung. Keine Region konnte der Front National gewinnen, ein Bündnis aus Konservativen und Sozialisten sowie die höhere Wahlbeteiligung verhinderten dies.
Dennoch: LePens Front National konnte mit einem deutlich rassistischen und europakritischen Wahlkampf auch in der zweiten Runde der Regionalwahlen im landesweiten Durchschnitt 27 Prozent der Wähler gewinnen. Besonders in den vernachlässigten Regionen des Landes ist die Partei weiter stark. Die Kurve der Rechtspopulisten in Frankreich und großen Teilen Europas zeigt nach oben.
Bereits vor eineinhalb Jahren konnte der FN bei der Europawahl in Frankreich mit 25 Prozent stärkste Kraft werden. Und Frankreich ist nicht allein: Ungarn, Slowakei, Polen, Dänemark, Finnland, Niederlande, Belgien, Schweiz, Österreich - in all diesen Ländern greifen rechte, teils rechtsextreme Parteien nach der Macht. Dem Europaparlament gehören derzeit insgesamt 156 Abgeordnete an, die der EU skeptisch bis feindlich gegenüberstehen.
Rechtspopulisten sind in Europa auf dem Vormarsch, europafeindliche Positionen weit verbreitet. „Die soziale, liberale Demokratie westlicher Prägung steht unter Druck“, analysierte Werner A. Perger bereits im Mai diesen Jahres auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zur Situation von Europas Rechten ein Jahr nach der Europawahl von 2014. Die „Pegidaisierung Europas“ schreite voran, hatte Perger gesagt. Die Gründe dafür geben auch einen Einblick in die Ursachen für den jüngsten Erfolg europafeindlicher, rechtspopulistischer Positionen in Frankreich oder Polen: Viele Bürger suchten angesichts großer Verunsicherung nach einfachen Lösungen. Zukunftsängste, Verlusterfahrungen, aber auch die spürbare Verringerung politischer Handlungsspielräume nationaler Regierungen führten zu einem Krisenbewusstsein in der Bevölkerung.
So unterschiedlich die politischen Gemengelagen in Europa sind: Es scheint ein ähnliches, gefährliches Gemisch an Vertrauensverlust, Angst und schwindender Bindungskraft traditioneller Parteien zu sein, die zu den Erfolgen rechtsextremer oder -populistischer Parteien führen. In Frankreich war dies schon bei der Europawahl 2014 spürbar: „Der Front National hat bewiesen, dass er jetzt eine der großen französischen Parteien ist.“ Mit dieser Einschätzung leitete Pascal Perrineau vom Institut des études politiques de Paris seinen Vortrag zur Situation in Frankreich schon im Mai 2015 ein. Die Regionalwahlen Ende 2015 haben diese Einschätzung bestätigt. Für die französischen Präsidentschaftswahlen 2017 werden LePen gute Chancen auf den Einzug in die Stichwahlen vorhergesagt.
Es ist zu einfach, nach Frankreich oder Polen zu zeigen, wo rechtspopulistische Parteien jüngst Wahlerfolge verzeichnen konnten. Das zeigt auch die von der FES mitinitiierte Studie »Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland«: 42 Prozent der deutschen Bevölkerung zeigen eine gewisse Tendenz zum Rechtspopulismus und 20 Prozent vertreten deutlich rechtspopulistische Einstellungen, konstatiert die Studie. Einher gehen solche Einstellungen gerade auch mit Europaskeptizismus und -feindlichkeit: Von den rechtspopulistisch Orientierten vertreten 65 Prozent eine negative Haltung zur EU und sagen, »Deutschland wäre ohne die EU besser dran«.
Die liberale Demokratie in Europa ist bereits bedroht, nicht nur in Frankreich wird ein demokratisches Europa zusehends in Frage gestellt. Keinerlei Grund zur Erleichterung also.
Weitere Beiträge zum Thema Rechtspopulismus in Europa:
Ansprechpartner: Dr. Ralf Melzer
Zum Umgang mit Rechtsextremismus in Ungarn: eine Analyse von András B. Vágvölgyi
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de