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Der Streit zwischen Polen und der EU eskaliert: Die Kommission greift erstmals zu einem ungewöhnlichen Mittel und verwarnt die Regierung in Warschau. Warum das auch was mit Deutschland zu tun hat und welche Rolle deutsche Politik spielen kann...
Bild: Bild: improvement dialogue Urheber: Jurgen Appelo Lizenz: CC BY 2.0
Polen feiert dieser Tage eine fragwürdige Premiere: Erstmals in der Geschichte der Europäischen Union verwarnte die Kommission Anfang Juni die Regierung in Warschau. Der Vorwurf aus Brüssel: Warschau verweigere rechtswidrig die Vereidigung mehrerer Verfassungsrichter, die noch von der Vorgängerregierung ernannt wurden. Zudem hat die Regierung der rechtskonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine Justizreform angestoßen, die das Verfassungsgericht beeinträchtigt. Das Gericht selbst hatte die Reform im März für verfassungswidrig erklärt - doch die Regierung erkennt das Urteil nicht an. Eine „systemische Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit“ vermutet daher die EU-Kommission. Ein Novum ist dieses Vorgehen, weil die EU-Kommission erst seit 2014 über den sogenannten Rechtsstaatlichkeitsmechanismus verfügt, der theoretisch zu einem Entzug des Stimmrechts Polens auf EU-Ebene führen könnte. Eine juristische Atombombe sei der Mechanismus, kritisieren einige EU-Juristen, die Sanktionen seien sehr hart, kämen aber aufgrund der notwendigen Einstimmigkeit im Rat ohnehin nie zur Anwendung.
Bislang zeigt sich die polnische Regierung unbeeindruckt. Statt auf Kompromisse abzuzielen, geißelt die Regierung in Warschau das Vorgehen der EU als Einmischung in innere Angelegenheiten. „Wir müssen auf die EU und ihre Institutionen setzen“, sagt Dietmar Nietan dennoch. Der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft sprach Ende Mai auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf über die aktuelle Situation in Polen. Unter dem Titel „Keine Demokratie ohne Rechtsstaatlichkeit - Wohin steuert Polen?“ lud das Landesbüro zu einer Veranstaltung in der neu konzipierten Reihe Work ’n Lunch ein.
Über einhundert Auslandsbüros besetzt die Stiftung derzeit, das neue Format soll einen Beitrag leisten, die internationale Arbeit stärker abzubilden. „Wir wollen die gesellschaftspolitische Situation im europäischen Ausland mit Expert_innen aus dem In- und Ausland diskutieren. Das soll dieses Format leisten“, sagt Raycho Penchev, der das Format für die FES betreut. Dies sei die dritte Veranstaltung in der Reihe, zuvor habe man sich der Türkei und Griechenland gewidmet. „Das Ziel ist, dass ein Experte aus dem jeweiligen Land mit einer Expertin aus NRW diskutiert“, führt Penchev aus.
Wie wichtig Polen als Partner in der EU und gerade auch für Deutschland ist, zeigte dann auch die Veranstaltung in Düsseldorf. Mit mehr als einer halben Million Menschen polnischer Herkunft sind Polinnen und Polen eine der größten Zuwanderungsgruppen in NRW, die wirtschaftlichen und politischen Verbindungen sind eng.
Auch deshalb sei ein konstruktiver Dialog mit der Regierung in Warschau wichtig, fordert Nietan, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft in seinen einführenden Worten beim Work ’n Lunch.
Ein Dialog, der nicht nur auf politischer Eben stattfinden sollte, findet Roland Feicht, Büroleiter der FES in Warschau: „Wir müssen aktiv die Kooperation und das Gespräch mit den Polinnen und Polen suchen“.
Wie schmal der Grad zwischen Kritik an der polnischen Regierung und einem freundschaftlichen Verhältnis ist, zeigt der aktuelle Konflikt. „Der polnischen Regierung ist der Umbau des Staates gerade wichtiger als das Ansehen im westeuropäischen Ausland“, sagt Dietmar Nietan. Daher bestehe die Gefahr, dass kritische Äußerungen aus Deutschland von der PiS-Regierung instrumentalisiert würden. „Heftige politische Reaktionen auf die Forderungen der polnischen Regierung sind häufig eher kontraproduktiv“ findet auch Roland Feicht.
Umso wichtiger ist es, zu wissen, was die Politik und Gesellschaft anderer (europäischer) Länder umtreibt und für mehr Dialog und Verständnis zu sorgen.
Weiterführende Links:
25 Jahre FES in Warschau
Eastern Partnership Revisited, Fundacja Batorego und FES, 2015
Work ’n Lunch - Türkei, FES Landesbüro NRW, 2015
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de