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Der Kampf gegen eine angebliche Genderideologie ist für fast alle rechtspopulistischen Bewegungen Europas ein wichtiges Thema. Wie paradox!
Bild: Das Märchen von der Gender-Verschwörung von Dominik Ziller
Die sexuelle Orientierung von Politiker_innen ist für gewöhnlich kein Thema in der politischen Öffentlichkeit. Das ist ein großer gesellschaftlicher Fortschritt. Im Frühjahr jedoch war das Familienmodell einer Politikerin dennoch für eine Weile (politisches) Thema: Mit der Nominierung von Alice Weidel als Spitzenkandidatin der AfD, die in der Schweiz mit ihrer Lebensgefährtin und Kindern lebt, war deren Familienmodell plötzlich Thema. Eine homosexuelle Spitzenkandidatin für just jene Partei, die allzu gerne von „Genderwahn“ spricht und im aktuellen Bundestagswahlprogramm explizit ein Familienbild von „Vater, Mutter und Kindern“ propagiert.
Die AfD hat dem Thema der „Genderideologie“ zwei ganze Unterkapitel in ihrem aktuellen Wahlprogramm gewidmet. Damit reiht sie sich ein in die Riege der rechtspopulistischen Parteien in Europa, die überall die traditionelle Ehe und Familie bedroht sehen: Vor allem durch Feminismus, geschlechtergerechte Sprache und die Propagierung sexueller Vielfalt.
Die gesellschaftliche Mehrheit ist in Deutschland jedenfalls schon weiter: Die Einführung der Ehe für alle so kurz vor Ende der Legislatur hat dies nur politisch zum Ausdruck gebracht. „Fast 80 Prozent der Menschen in Deutschland sind für gleiche Rechte von Schwulen und Lesben“, sagt Nathalie Schlenzka. Als Referentin bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes stellte sie Ende Mai in Hannover aktuelle Zahlen zu Homophobie und anderen Diskriminierungsformen vor. Zwar sei das gesellschaftliche Klima insgesamt viel offener geworden, allerdings sind homophobe Einstellungen in bestimmten Bevölkerungsteilen besonders stark vertreten. Negative und abwertende Einstellungen würden, so Schlenzka, von Männern fast doppelt so oft vertreten wie von Frauen, ältere Menschen seien zudem oft weniger tolerant und auch ein niedrigerer Bildungsgrad ginge oft mit verstärkter Homophobie einher. Deutliche Unterschiede ließen sich zudem auch hinsichtlich der Parteipräferenz ausmachen: „Konservative Wähler_innen seien deutlich homophober als Anhänger_innen der ,Mitte-Links-Parteien’“, konstatiert Schlenzka. Wenig überraschend: Mehr als jeder zweite AfD-Wähler sei homophob eingestellt.
Der Titel der Veranstaltung, die die FES in Hannover gemeinsam mit dem Verein „Andersraum“ im Rahmen des CSD veranstaltete, trug den Titel: „Rechtspopulismus als Gefahr für die Vielfalt“. Um eben jene Vielfalt zu verteidigen, darin zeigten sich die Podiumsgäste einig, sei Bildung besonders wichtig. „Präventionsarbeit und Diskriminierungsschutz muss schon im Kindergartenalter beginnen. Hier gibt es Nachholbedarf“, sagte Michael Roth, Staatsminister im Außenministerium.
Dabei ginge es darum, hob Janna Gockel von der Hannoverschen LSBTTIQ_in-Beratungsstelle hervor, zu vermitteln, dass es vielfältige Menschen und vielfältige Lebensentwürfe gibt. „Das macht es jungen Menschen später einfacher, mit der eigenen Identität besser klar zu kommen und erhöht auch die Offenheit gegenüber anderen“, sagte Gockel.
Es ist eben jene Akzeptanz, die rechtspopulistische Parteien überall in Europa nicht aufbringen wollen. Im Gegenteil. Daher ist die Frage nach der eigenen Lebensführung der Spitzenkandidatin der AfD, die diese Vielfalt radikal in Frage stellt, eben doch ein politisches Thema. Der irische Journalist Derek Scally hatte kurz nach dem AfD-Bundesparteitag das Paradox der Alice Weidel für Die Zeit gut auf den Punkt gebracht: „Wenn Sie als Politikerin erfolgreich sind, wird es für Ihre Familie nicht gut aussehen. Wenn Sie hingegen als Mutter erfolgreich sind, dürften nicht nur Ihre Kinder Sie später fragen, warum Sie diese AfD-Politik mitgetragen haben.“
Ansprechpartnerin in der Stiftung:
Franziska Schröter
Weiterführende Links:
Das Märchen von der Gender-Verschwörung
Zum Umgang mit Rechtsextremismus in Ungarn
Zur AfD, der „Partei des rechten Wutbürgertums“
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Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de