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Die einst stolze Sozialdemokratie in Griechenland ist tief gefallen und wagt jetzt den Neuanfang. Was sagt uns das über Krise und Zukunft der mitte-links Parteien in Europa?
Bild: von PASOK lizenziert unter CC BY-SA 2.0
Griechenlands Sozialdemokraten hatten es in den letzten Jahren zu zweifelhafter Berühmtheit gebracht. Bei den letzten Parlamentswahlen im September 2015 landeten sie mit nur 6,28 Prozent sogar hinter der rechtsradikalen „Goldenen Morgenröte“. Der Einbruch der Partei, die in den 30 Jahren davor die griechische Politik maßgeblich geprägt hatte, war beispiellos und brachte eine neue politische Begrifflichkeit hervor: die „Pasokifizierung“. „Pasokifizierung“, damit betiteln Kommentatoren das Abdriften einstmals populärer sozialdemokratischer oder sozialistischer Parteien in die aus ihrer Sicht politische Bedeutungslosigkeit. Ein Attest, das im letzten Jahr auch den französischen Sozialisten und der niederländischen Arbeiterpartei ausgestellt wurde.
Auch wenn es einige Parallelen gibt, wäre es zu kurz gegriffen, die Krise der europäischen Sozialdemokratien auf ein einheitliches Bündel an Ursachen zurückzuführen und zu glauben, dass man ihr auch mit einer universellen Strategie begegnen könnte. Vor allem der Blick nach Griechenland macht das deutlich. So wird die einst populäre Partei von ihrer ehemaligen Wählerschaft sowohl für die schwere Staatsschuldenkrise als auch für die tiefgreifenden Sparprogramme verantwortlich gemacht, die für weite Teile der griechischen Bevölkerung gravierende soziale Folgen hatten.
In einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung Athen zur Zukunft der Sozialen Demokratie anlässlich der Vorstellung des Buches „Die Sozialdemokratie heute“ des griechischen Verfassungsrechtlers Xenophon Contiades, wurde intensiv über die Ursachen und einen Weg nach vorne diskutiert. Die Einschätzung von Giorgos Kaminis, dem Bürgermeister von Athen, dass man sich in der Vergangenheit zu wenig um die Bekämpfung von Patronage-Netzwerken in Politik und Verwaltung gekümmert habe, fand breite Zustimmung. Dies habe auch dazu geführt, dass sich in Griechenland kein auf Solidarität beruhendes Staatsverständnis herausgebildet habe.
Gleichzeitig habe der Wettbewerb um die Wählerinnen und Wähler im mitte-links Spektrum in den letzten Jahren stark zugenommen. Galt die Sozialdemokratie in der einst linksradikalen Regierungspartei SYRIZA lange als Schimpfwort, so gibt sich diese jüngst einen sozialdemokratischen Anstrich. Gleichzeitig betonte Nikos Sotiropoulos, bei der konservativen Nea Dimokratia für die strategische Planung zuständig, dass Ideen und Konzepte wie beispielsweise die Förderung der sozialen Mobilität inzwischen auch Themen seien, die von bürgerlichen Parteien vertreten werden. Ein Befund, den man ähnlich auch in anderen europäischen Ländern teilt. Letztendlich sei es für die Sozialdemokratie daher schwerer, sich heute klar und unterscheidbar zu positionieren.
War die PASOK in einer Vorreiterrolle, was den Absturz als ehemalige Volkspartei betrifft, so ist man nun vorne mit dabei, wenn es darum geht, das mitte-links Lager wieder zu einen. So wurde jüngst eine neue politische „Bewegung für den Wandel“ mit dem Ziel aus der Taufe gehoben, den schwächelnden Sozialdemokraten zurück zum Wahlerfolg zu verhelfen. Mit der PASOK-Vorsitzenden Fofi Gennimata verfügt die Bewegung bereits über eine frisch gewählte Führungspersönlichkeit. Wo sich die neue Partei aber inhaltlich positionieren wird, ist derzeit noch offen.
Xenophon Contiades warnte bei der Vorstellung seines Buches davor, sich den Strategien der Populisten anzubiedern. Es sei eine Stärke der Sozialen Demokratie, den Wählerinnen und Wähler glaubwürdige und realistische Verbesserungen zu versprechen. Kritisch sah er deshalb auch die Strategie des britischen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn, der sich aus seiner Sicht populistischer Botschaften bediene. Was die griechische Situation betrifft, so gab es großes Einvernehmen, dass die Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft sowie eine Transformation des Staates hin zu mehr Transparenz ein zentrales Projekt werden müsse. Auch habe die Sozialdemokratie eine wichtige Rolle zu spielen, wenn es um die Themen Migration, EU-Integration und die Ausgestaltung neuer Arbeitsverhältnisse im Zuge der Digitalisierung gehe. Einig war man sich dabei auch, dass viele sozialdemokratische Projekte, wie beispielsweise die Bekämpfung von Steuervermeidung, nur auf europäischer Ebene gelöst werden können.
Eine Neuaufstellung der Sozialdemokratie in Europa wird zunächst vor dem Kontext der spezifischen Situation in den jeweiligen Ländern erfolgen müssen. Gleichzeitig wird es aber darauf ankommen, dass die sozialdemokratischen Bewegungen in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU ihre Kräfte bei den Themen bündeln, bei denen nationalstaatliche Regulierungen den Anforderungen einer globalisierten Welt einfach nicht mehr gerecht werden.
Ansprechpartner in der Stiftung
Max Ostermayer
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Eine Politik für Europa muss in erster Linie von den Bürger_innen Europas getragen werden. Wir wollen daher wissen, welche Erwartungen die Menschen an die EU haben. Momentan ist eine kritische Einstellung weit verbreitet. Wie muss sich die EU verändern, damit das Vertrauen in sie wieder wächst? Wie kann die EU fairer, demokratischer und inklusiver gestaltet werden? Vor allem im Rahmen der politischen Bildung wollen wir einen Beitrag leisten, um ein Europa des Zusammenhalts zu befördern.
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