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Verzweifelt gesucht: Labours Brexit-Strategie

Jeremy Corbyn hat eine Euphorie für Labour in Großbritannien ausgelöst. Doch auf die drängende Frage nach einer Brexit-Strategie sucht die Partei vergeblich nach einer Antwort.

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Nach monatelangen politischen Peinlichkeiten und stockenden Gesprächen mit der EU konnte Theresa May im Dezember endlich verkünden, dass genügend Fortschritt erreicht wurde, um in Stufe zwei der Brexit-Verhandlungen einzutreten. Damit beginnt für die Regierungsvorsitzende der Tories die schwierige Phase der Verhandlungen. Ein jüngst durchgesickertes Regierungsgutachten zeigt: Egal wie sanft oder radikal der Brexit abläuft, schaden wird er der britischen Wirtschaft in jedem Falle. Keines der Brexit-Szenarien verspricht eine wirtschaftliche Besserung. Neue Umfragewerte zeigen zudem, dass die Mehrheit der Briten und Britinnen nun doch in der EU bleiben will. Aber kann Labour die Gunst der Stunde nutzen, um Kapital aus der Schwäche der Tories zu schlagen und sich bei den eigenen Wähler_innen zu profilieren?

Kulturelle Unsicherheiten durchdringen Großbritannien

Weit gefehlt! Labour drückt sich mit aller Macht um das umstrittene Brexit-Thema und schaut stattdessen den Tories bei der Selbstzerfleischung zu. Der Frage, wieso der EU-Austritt ein solch schwieriges Unterfangen für Labour darstellt, widmet sich die jüngst im Londoner Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung erschienene Publikation „Labour’s Brexit Dilemma“. Autor und Generalsekretär der Fabian Society, Andrew Harrop, stellt darin fest, dass Großbritannien von wirtschaftlichen und kulturellen Unsicherheiten geprägt ist, aber vor allem letztere das Brexit-Votum erklären. „Leave-Wähler“ erhofften sich vom Ausstieg sowohl die Kontrolle vom kosmopolitischen Großbritannien, als auch von der EU zurückzuholen.

Er zeigt auch, dass es schwierig, wenn nicht gar unmöglich für Großbritannien wird, den europäischen Wirtschaftsraum komplett zu verlassen - nicht zuletzt wegen des Status von Nordirland. So laufe Großbritannien Gefahr, in eine neue politische und kulturelle Krise zu schlittern. Es sei denn, die Labour Party schafft es, ihre Politik des Pragmatismus und der Emotionen miteinander in Einklang zu bringen. Laut Harrop steht die britische Linke damit vor der besonderen Herausforderung, sowohl den Zuspruch der kulturell Liberalen als auch der Konservativen gewinnen zu müssen.

Keine Antwort auf den Brexit

Doch was den Brexit angeht befindet sich die Arbeiterpartei schon länger selbst in einem Dilemma: Zwar ist die Mehrheit neu gewonnener Labour-Wähler_innen, vor allem in den Städten, für den Verbleib in der EU. Viele von Labours Stammwähler_innen sind jedoch der Arbeiterschaft zuzuordnen, die sich mehrheitlich dafür ausspricht, die europäische Gemeinschaft zu verlassen. Diese Wähler_innen zu verprellen, kann sich Labour nicht leisten. Hinzu kommt, dass Corbyn selbst kein überzeugter Europäer ist. Aufgrund ihrer eigenen Zerrissenheit schaffte es die britische Linke somit bis dato nicht, eine kohärente Brexit-Strategie zu entwickeln: Stattdessen versteckt sich der Labour-Chef hinter Theresa May, verschwendet so wenig Worte wie möglich über den Brexit und hofft schlicht und einfach darauf, dass die Wählerinnen und Wähler die Tories für alles verantwortlich machen, was schiefläuft.

Das ist kein Führungsstil. Es ist auch keine Strategie. Es handelt sich dabei auch kaum um eine Taktik, denn wenn es so weitergeht, könnte Mays Regierung schon zusammenbrechen bevor ein endgültiger Deal überhaupt beschlossen ist. Hegt Labour tatsächlich Führungsambitionen, ist es längst an der Zeit, sich zur Brexit-Frage zu positionieren. Auch Harrop sieht den Schlüssel zum Erfolg für Labour darin, den richtigen Augenblick abzuwarten, indem die linke Partei nicht nur die öffentliche Meinung verfolgt, sondern auch mit überzeugenden innerstaatlichen Antworten auf die kulturellen Ängste der Britinnen und Briten aufwarten kann. Die aktuellen Entwicklungen legen nahe: Dieser Augenblick ist jetzt! Labour ist gut beraten, ihn nicht verstreichen zu lassen.

Ansprechpartner in der Stiftung

Nicole Katsioulis


Demokratisches Europa

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