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Europas langer Weg zu mehr Steuergerechtigkeit

Vor einem Jahr brachten die Panama Papers Licht ins Dunkel der Steuervermeidungstricks. Im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit muss Europa eine Vorreiterrolle einnehmen. Erste Schritte dafür sind getan, doch der Weg ist noch lang.

Auch mehr als ein Jahr nach den Enthüllungen der Strategien zur Steuervermeidung in den Panama Papers durch ein Netzwerk von Journalist_innen bleibt das Thema auf der Agenda. Die Verleihung des renommierten Pulitzer-Preis an das Recherchenetzwerk im April zeugt von der öffentlichen Bedeutung. Wenn dem Gemeinwesen Mittel für öffentliche Investitionen entzogen und steuerpolitische Umverteilung außer Kraft gesetzt wird, ist das ein Frontalangriff auf die soziale Gerechtigkeit. So wundert es nicht, dass die Empörung über Steuerbetrug nicht abflaut.

Fortschritte trotz Hindernissen

Diese Empörung hat den politischen Handlungsdruck erhöht. Und in der Tat scheint sich etwas zu tun: Der Bundestag hat das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz auf den Weg gebracht. Die EU hat die Geldwäscherichtlinien verstärkt und es soll eine einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer geben. Das Europäische Parlament hat einen Untersuchungsausschuss mit dem Namen PANA eingerichtet und die EU-Finanzminister haben sich darauf verständigt eine „Schwarze Liste“ der Steueroasen zu erarbeiten. Doch hier wird auch klar, dass das Ziel noch lange nicht erreicht ist: Der PANA-Ausschuss ist zu schwach; er kann einladen, aber nicht vorladen. Nun weigern sich dutzende in den Panama Papers genannten Unternehmen Rede und Antwort zu stehen. Bei der Schwarzen Liste weigern sich insbesondere Mitgliedstaaten wie Malta und Großbritannien, die in der Vergangenheit durch Steuerdumping aufgefallen sind, die Nullbesteuerung als ausreichendes Kriterium für eine Aufnahme zu Grunde zu legen. Hier stellt sich die Frage, wie sich eine Steueroase definiert, wenn nicht über die Nullbesteuerung von Unternehmen.

Dennoch: Ein Anfang ist gemacht, zumal trotz aller politischen Hindernisse der öffentliche Druck und die Aufmerksamkeit für das Thema hoch bleiben. Ähnlich sahen es auch die Teilnehmer_innen einer Diskussionsrunde im Vorfeld der FES-Gerechtigkeitswoche am 23. Mai 2017, die unter dem Motto „Steuergerechtigkeit ein Jahr nach „Panama“: Was wurde erreicht, was muss geschehen?“ (Zwischen-) Bilanz zogen und dabei den Blick auch über Deutschland und Europa hinaus richteten.

Steuervermeidung als Entwicklungshemmnis

Denn was hierzulande seit den Panama Papers breit diskutiert wird, ist in vielen Ländern des globalen Südens seit langem allgegenwärtig, wie Neeti Biyani vom Centre for Budget Accountability and Governance India betonte. Und wenn diese in der globalen Nachhaltigkeitsagenda prominent dazu aufgefordert werden „die Mobilisierung einheimischer Ressourcen zu verstärken“, dann verdeutlicht die fatale Wirkung von Steuerflucht und Steuerhinterziehung für die globale Entwicklung, so Thomas Mättig von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Und ob im globalen Süden oder in Europa, für Alex Cobham vom Tax Justice Network sind die größten Verlierer der illegalen ebenso wie der legalen Steuervermeidung immer die Schwachen und Armen. Sie sind am meisten auf einen funktionierenden und starken Staat angewiesen, dessen Ressourcen jedoch durch Steuerflucht verringert werden.

Ein strukturelles Problem ist der mangelhafte, weltweite Informationsaustausch. Wirtschaftlich schwache Länder haben keine Macht Druck auszuüben, um an Informationen zur Steuerhinterziehung zu gelangen, dabei brauchen sie diese am dringlichsten. Hier müssten die reicheren Länder Vorreiterrollen einnehmen. Nicht nur vor diesem Hintergrund zeigten sich Biyani und Cobham von der Rolle Deutschlands enttäuscht. Auch wenn Gerald Steininger von der SPD-Bundestagsfraktion betonte, wie sehr die Panama Papers als Reformanstoß gedient haben, hätten beide sich vor allem im Rahmen der G20-Präsidentschaft weitreichendere Impulse im weltweiten Kampf gegen die Steuerungerechtigkeit gewünscht.

Diese Chance für eine globale Reformagenda scheint fürs erste vertan. Umso mehr ist auch Deutschland gefragt die auf europäischer Ebene auf den Weg gebrachten Reformen jetzt weiter voranzutreiben und Druck auf die Steueroasen aufzubauen. Und solange es keine weltweiten Mindeststandards in Sachen Steuertransparenz gibt, heißt es proaktiv hohe Standards im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit zu setzen.

Ansprechpartner in der Stiftung:

Thomas Mättig


Wirtschafts- und Sozialpolitik in Europa

Die Wirtschafts- und Sozialpolitik in Europa muss neu und vor allem gemeinsam gedacht werden. Damit sich die Krisen Europas nicht beliebig wiederholen, werden dringend progressive Konzepte benötigt. Doch welche Ideen von Wohlstandsgenerierung und Investitionsprogrammen gibt es? Wie können wirtschaftliche mit sozialpolitischen Maßnahmen verknüpft werden, so dass einerseits die Bewegungsfreiheit innerhalb Europas bestehen bleibt, andererseits aber auch soziale Sicherheit gewährleistet wird? Diesen Fragen wollen wir uns widmen und einen impulsgebenden Beitrag leisten.

Ansprechpartnerin

Marie Meier

+49 30 26935-7418
Marie.Meier(at)fes.de

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