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Der rechte Populismus ist auf dem Vormarsch, sozialdemokratische Politik steht unter Druck. Strategien aus Skandinavien setzen auf einen erneuerten Wohlfahrtsstaat.
Bild: von LUM3N / pixabay.com lizenziert unter Pixabay License
Ende Mai dieses Jahres sind 380 Millionen Europäerinnen und Europäer zur Wahl des Europäischen Parlaments aufgerufen. Die gute Nachricht zuerst: Die anstehenden Wahlen werden so ernst genommen wie wahrscheinlich noch keine Wahl zuvor in der Geschichte des Brüsseler bzw. Straßburger Parlaments. Für viele Menschen geht es bei der Wahl „um etwas“. 40 Jahre nach der ersten Wahl sind Brüssel und das Parlament kein Nebenschauplatz mehr, sondern ein politisches Gravitationszentrum, für die „Eliten“ und das Wahlvolk gleichermaßen.
Das hat aber, und das ist die schlechte Nachricht, mit den zu erwartenden Stimmenzuwächsen für rechtspopulistische und europaskeptische Parteien zu tun. Diese gehen besonders zulasten der Sozialdemokratie. Es steht sogar zu befürchten, dass die neurechten Parteien den europäischen Integrationsprozess als solchen torpedieren könnten, sozusagen von innen.
Der Aufstieg und das Erstarken rechtspopulistischer Parteien ist ein Phänomen, das mit wenigen Ausnahmen – z.B. Portugal oder Island – in ganz Europa zu beobachten ist. Waren viele dieser Parteien zunächst nur ein Grüppchen nervender aber überschaubarer Störenfriede – in den Worten des sozialdemokratischen dänischen Ministerpräsident Poul Nyrup Rassmussen „nicht stubenrein“ – sind sie heute fester Bestandteil des politischen Lebens in vielen Ländern. Vielerorts haben sie einen wachsenden Einfluss auf den politischen Diskurs. Zum Teil sind oder waren sie Teil der Regierung, wie die Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei) in Norwegen oder die österreichische FPÖ, zum Teil unterstützen sie Minderheitsregierungen, wie schon mehrfach die Dänische Volkspartei.
Wie ist mit dieser Entwicklung umzugehen? Gibt es erfolgversprechende Strategien? Obwohl am rechten Rand des politischen Spektrums angesiedelt, sind rechtspopulistische Parteien vor allem ein Gegner für die Sozialdemokratie. Nicht nur stellen sie das Wertefundament und ihre Errungenschaften in Frage, ja bekämpfen diese. Sie haben auch beträchtliche Teile ehemals traditionell sozialdemokratischer Wählerschichten erobern können. Heutzutage wählt ein Teil der Arbeiter und Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss eher rechts als sozialdemokratisch oder sozialistisch. Was also tun?
Auf Initiative des Büros für die nordischen Länder der Friedrich-Ebert-Stiftung hat eine Forscher_innen-Gruppe die Reaktionen und Ansätze sozialdemokratischer Parteien in Norwegen, Schweden, Dänemark und Deutschland vis-a-vis den wachsenden Einfluss rechtspopulistischer Parteien und Diskurse untersucht. Das Ergebnis der Arbeit, die 2018 von mehreren Workshops und einem wissenschaftlichen Beirat begleitet wurde, liegt seit Anfang dieses Jahres auch auf Deutsch vor „Reclaiming Action - Strategien progressiver Parteien in Zeiten des wachsenden Rechtspopulismus in Dänemark, Norwegen, Schweden und Deutschland“.
Die Strategien reichen von (Diskurs-)Ausschluss und Isolation über das Ignorieren der Akteure und ihrer Politikangebote, hin zur unterschwelligen Übernahme von Positionen und bis zur Zusammenarbeit, auch auf Regierungsebene.
Am wichtigsten scheint jedoch, die Rechten auf ihrem „eigenen“ Feld zu schlagen. Dort wo sie den Sozialdemokraten auf ihren ureigenen Positionen – in Skandinavien den Wohlfahrtsstaat – streitig machen, müssen diese wieder die Diskurshoheit erlangen. Hier bietet sich auch die Möglichkeit, eine weit gefasstes Identitätsangebot zu machen, das sich gegen die auf Ausschluss, Abgrenzung und Verherrlichung des vermeintlich reinen Volks gerichtete Politik von rechts stellt. In einem erneuerten, modernen Volksheim (Folkhemmet) hat es Platz für die Vielen, nicht nur für die weißen Papa-Mama-Kind-Familien der aggressiv Rückwärtsgewandten. Übrigens: Das vermeintlich ursozialdemokratische Volksheim war ursprünglich ein rechter Begriff. Man hat es also schon einmal geschafft, rechte Lieblingsthemen progressiv umzudeuten.
Ansprechpartner in der Stiftung
Dietmar Dirmoser
Strategien progressiver Parteien in Zeiten des wachsenden Rechtspopulismus in Dänemark, Norwegen, Schweden und Deutschland / Christian Krell, Henri Möllers und Niklas Ferch (Hrsg.). - Berlin ; Stockholm : Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Westeuropa/Nordamerika und Japan ; Friedrich-Ebert-Stiftung Nordic Countries, 2019. - 172 Seiten = 1,2 MB PDF-File. - Einheitssacht.: Reclaiming action . - Electronic ed.: Stockholm : FES, 2018ISBN 978-3-96250-271-1
Publikation herunterladen (1,2 MB PDF-File)
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Ansprechpartnerin
Marie Meier
+49 30 26935-7418Marie.Meier(at)fes.de