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Die Gewalttätigkeiten in der Sahel-Zone nehmen zu, aber bisher lag der Fokus zur Stabilisierung auf militärischen Interventionen. Warum die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Sicherheitssektor eine zentrale Rolle für die Entwicklung der Region spielt, wird im Folgenden dargelegt.
Die Gewalttätigkeiten in der Sahel-Zone nehmen zu, Nomaden geraten mit sesshaften Gruppen aneinander und unterschiedliche Gruppen von Dschihadisten kämpfen gegen Gemeinden und Regierungstruppen. Bisher konzentrierten sich die Maßnahmen zur Stabilisierung auf militärische Interventionen und den Aufbau der technischen Kapazitäten der Sicherheitskräfte. Doch es ist unabdingbar, die gesamte Zivilgesellschaft einzubinden, um sicherzustellen, dass die Sicherheitskräfte auch die richtigen Ziele, Kompetenzen und Verhaltensweisen haben. Ohne Einbeziehung der zivilen Perspektive wird die Lage in der Region weiter eskalieren und irgendwann nicht mehr zu kontrollieren sein.
Aus diesem Grund fördert die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in der Sahel-Zone die Einbindung der Zivilgesellschaft. Das in Dakar ansässige FES Competence Centre for Peace and Security for Sub-Sahara Africa richtet dazu zwei Regionaldialoge aus: den Abuja-Dialog und den Sahara-Dialog, in denen die Vertreter_innen der Zivilgesellschaft, der Politik und der akademischen Kreise alle zwei Jahre zusammenkommen. Ziel ist es, politische Handlungsvorschläge für Entscheidungsträger_innen zu entwickeln, für die Sub-Sahara-Region in Afrika ebenso wie für die Europäische Union.
Die Sicherheitssituation in der Sahel-Zone verschlimmert sich zusehends. Im Jahr 2019 waren Mali und Niger unter den ersten 25 Ländern im Global Terrorism Index. Allein im letzten Quartal 2019 wurden 100 nigerianische und 90 malische Soldaten durch Extremisten getötet. Und beide Regierungen verloren die Kontrolle über Staatsgebiete im Dreiländereck zwischen Mali, Niger und Burkina Faso.
In der Sahel-Zone gibt es eine starke internationale Präsenz. Die Vereinten Nationen haben Truppen in Burkina Faso, im Tschad, in Mali und Niger stationiert und eine französische Anti-Terroreinheit ist in Nord-Mali und Niger unter dem Namen Operation Barkhane aktiv. All dies reicht jedoch nicht aus, um Sicherheit zu garantieren.
Die Bevölkerung in Zentral- und Nord-Mali aber auch anderswo wird mit beunruhigender Häufigkeit immer wieder angegriffen. Demonstrationen gegen die Regierung in der malischen Hauptstadt Bamako sind an der Tagesordnung, die Situation wird zusehends instabiler. Die Mediationsbemühungen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Economic Community of West African States – ECOWAS) haben bisher kaum Fortschritte erzielt. All dies wird noch durch die Herausforderungen verstärkt, die eine sehr junge und wachsende Bevölkerung mit sich bringt. Ernährungssicherheit und der Zugang zu Wasser sind unter den extremen Klimaverhältnissen Faktoren, die den Konflikt aufflammen lassen. Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie sowie die damit verbundene Diskussion der Geldgeber, Mittel eher für den regionalen Gesundheitsbereich umzuwidmen, können den Kampf gegen Hunger gefährden und die humanitäre Krise in der Unterregion noch verschärfen.
Die Europäische Union hat die G5-Sahel-Staaten (Burkina Faso, Tschad, Mali, Mauretanien und Niger) zwischen 2014 und 2020 mit ca. 8 Milliarden Euro an bilateralen Entwicklungsfonds unterstützt. Unter der Ägide der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) stellt die EU außerdem Ressourcen zur Verfügung, um die staatlichen Sicherheitskräfte in Mali und Niger im Rahmen der EU Capacity Building Mission Sahel (EUCAP Sahel) und auch die Streitkräfte in Mali unter der European Union Training Mission (EUTM) auszubilden. Brüssel hat zusätzlich 147 Millionen Euro in Aussicht gestellt, um die regionale G5-Eingreiftruppe kampfbereit zu machen. Dennoch fehlt all diesen Bemühungen die Einbindung der Zivilgesellschaft, vor allem im Hinblick auf eine Reform des Sicherheitssektors in diesen Ländern.
Die internationale Entwicklungszusammenarbeit hat im Hinblick auf eine Reform des Sicherheitssektors bisher vor allem auf eine technische Herangehensweise gesetzt: Die Ausstattung und Ausbildung von Polizei- und Militärkräften hat höchste Priorität. Verbunden damit ist die Hoffnung, dass dies auch die Sicherheit für die Bürger_innen erhöhen wird.
Aber die Probleme, die mit dem Sicherheitssektor im Bereich von West- und Zentralafrika verbunden sind, sind nicht einfach technischer Art: Die Aufzählung reicht von einem Mangel an Stiefeln vor Ort und dem Fehlen technischer Gerätschaften und Ausrüstung bis hin zu mangelhaftem Training, Korruption und dem Missbrauch der Zivilbevölkerung.
Vor diesem Hintergrund hat die FES seit Frühjahr 2019 ein von EU Geldern ko-finanziertes Projekt zu demokratischer Governance und einer Reform des Sicherheitssektors in West-Afrika und Kamerun durchgeführt. Ziel dieses Projektes ist eine Veränderung des Sicherheitssektors in Kamerun, Mali, Nigeria und im Senegal sowie in anderen Teilen der ECOWAS-Region, um diesen gerechter und transparenter werden zu lassen sowie die Rechenschaftspflicht der Sicherheitskräfte gegenüber der Bevölkerung zu erhöhen.
Kern des Projektes ist es, eine engere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft sowie eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Kompetenzen zu erreichen. In den Zielgruppen und bei den Projektpartnern gibt es Medienfachleute, Akademiker_innen und politische Entscheidungsträger_innen. Reformen des Sicherheitssektors in den entsprechenden Ländern müssen stärker auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet sein. Nicht-Regierungsorganisationen müssen stärker in die öffentliche Debatte wie auch in Entscheidungsverfahren und in die öffentliche Kontrolle des Sicherheitssektors einbezogen werden.
Dieser Artikel erschien im Original in englischer Sprache auf FES Connect.
Philipp M. Goldberg ist der Leiter des FES Competence Centre for Peace and Security in Sub-Saharan Africa.
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