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Dreißig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges mit der Sowjetunion befindet sich die Regierung Biden in einem ähnlichen Wettstreit mit China. Wie sieht der „Neue Kalte Krieg“ aus, in dem die beiden Supermächte um Einfluss in Lateinamerika ringen?
Während des über vierzig Jahre andauernden Kalten Krieges war das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion extrem angespannt. Obwohl die beiden Supermächte im Zweiten Weltkrieg gemeinsam gegen Nazi-Deutschland gekämpft hatten, schwand das gegenseitige Wohlwollen zwischen beiden Staaten rasch dahin. Es folgte eine Ära diplomatischer Zerwürfnisse, wirtschaftlicher Anfeindung, eines scheinbar nicht enden wollenden Wettrüstens und eine Zeit der Stellvertreterkriege – doch eine direkte militärische Konfrontation blieb aus. Dreißig Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges mit der Sowjetunion befindet sich die Regierung Biden jetzt in einem ähnlichen Wettstreit mit China. In diesem Artikel werde ich die Konturen des „Neuen Kalten Krieges“ skizzieren, in dem die beiden Supermächte um Einfluss in Lateinamerika ringen.
Donald Trump hat mit seiner militanten antikommunistischen Rhetorik und seinen unheilvollen Aktionen gegenüber Lateinamerika die Länder der Region buchstäblich in die Arme Chinas getrieben, aber es war nicht die Trump-Administration allein, die den allgegenwärtigen Einfluss Chinas ermöglicht hat. Die USA verlieren schon seit mehr als zehn Jahren an Einfluss, und Joe Biden hat als Vizepräsident wenig dazu beigetragen, diese Entwicklung zu bremsen.
Gegenwärtig ist die Volksrepublik China (VR China) der zweitgrößte Handelspartner Lateinamerikas und wird nur noch von den Vereinigten Staaten in den Schatten gestellt. Zudem ist der asiatische Riese der wichtigste Handelspartner für einige der größten Volkswirtschaften der Region wie Brasilien, Chile, Peru und Argentinien. [1] Viele lateinamerikanische Länder hängen sogar vollständig von Rohstoffexporten nach China ab. Der brasilianische Botschafter in Peking, Paulo Estivallet, sagte dem Time Magazine: „Wir wären lieber nicht so stark abhängig von den Exporten nach China, aber was wäre die Alternative? ... Es ist einfach profitabler, Produkte nach China zu verkaufen als anderswohin.“ Lateinamerika wiederum ist der am zweitschnellsten wachsende Exportmarkt der VR China und der zweitwichtigste Empfänger chinesischer Auslandshilfe, nur noch übertroffen von Afrika.
Auch wenn die VR China damals wenig von sich reden machte, tat sie in einem vor mehr als zehn Jahren veröffentlichten Strategiepapier ihre Absicht kund, „die soliden, kontinuierlichenund immer enger werdenden Beziehungen zu Lateinamerika und der Karibik aufrechtzuerhalten“. Die Veröffentlichung des Papiers fiel zeitlich mit der Großen Rezession und dem damit einhergehenden Rückgang ausländischer Direktinvestitionen aus den Vereinigten Staaten und Europa in die LATAM-Region (Süd- und Zentralamerika) zusammen. Die damals an der Macht beteiligten linksgerichteten Politiker_innen begrüßten Pekings Vorgehen – diechinesischen Importe von Mineralien und landwirtschaftlichen Rohstoffen führten die Region aus der Wirtschaftskrise der späten 1980er Jahre heraus.
In den letzten zehn Jahren beliefen sich die chinesischen Auslandsdirektinvestitionen auf durchschnittlich 11 Milliarden US-Dollar pro Jahr und flossen hauptsächlich in Infrastrukturprojekte wie Straßen, Häfen, Eisenbahnen, Solarparks und Staudämme. Darüber hinaus hat Peking ausländische Direktinvestitionen auch dafür genutzt, sich eine dominierende Stellung in Lateinamerikas Technologiesektor zu verschaffen. Der chinesische Telekommunikationsgigant Huawei beispielsweise – der in den USA als nationales Sicherheitsrisiko auf der schwarzen Liste steht – hat in der Region ein exponentielles Wachstum erlebt; inzwischen ist Huawei dabei, sich beim Aufbau der 5G-Infrastruktur südlich der Vereinigten Staaten eine Monopolstellung zu erarbeiten. Zudem ist die VR China dank der starken Position von Huawei und anderen chinesischen Technologieunternehmen wie ZTE und Xiaomi in der Lage, ihr genehme Standards festzulegen und die Marktentwicklung in Lateinamerika auf Jahrzehnte hinaus zu steuern.
Seit China 2017 das Projekt „Neue Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative, kurz BRI) auf Lateinamerika ausgeweitet hat [2], haben sich neunzehn Staaten in der Region [3] dem „transkontinentalen langfristigen Politik- und Investitionsprogramm angeschlossen, mit dem die Infrastruktur ausgebaut und die Wirtschaftsintegration der Länder entlang der historischen Seidenstraße beschleunigt werden soll.“ [4] 2017 betonte der chinesische Außenminister Wang Yi in einer Rede in Panama City, dass „Lateinamerika die natürliche Verlängerung der maritimen Seidenstraße des 21. Jahrhunderts ist, und die Belt and Road Initiative eine neue Chance für die heutige chinesisch-lateinamerikanische Zusammenarbeit bietet.“ Daneben gibt es noch ein weiteres Indiz dafür, dass China die Region extensiv und ambitioniert für sich erschließt: 2018 wurde in Argentinien eine geheime, von der Volksbefreiungsarmee betriebene Raumstation errichtet, was in den Vereinigten Staaten Besorgnis über Pekings nachrichtendienstliche Möglichkeiten in der westlichen Hemisphäre ausgelöst hat.
Um die Wirtschaftskrise zu überstehen, verlässt Lateinamerika sich in der Corona-Pandemie einmal mehr auf Chinas schier unerschöpflichen Bedarf an Rindfleisch, Öl, Kupfer, Sojabohnen und Eisen aus der Region. Indem die VR China dringend benötigte Güter wie Beatmungsgeräte, Testkits, Persönliche Schutzausrüstung (PSA) und Impfstoffe bereitstellte, hat Covid-19 ihr neue diplomatische Möglichkeiten beschert, ihren Einfluss in der Region zu stärken und die Vereinigten Staaten in der westlichen Hemisphäre zu schwächen.
Während der neue Kalte Krieg also immer mehr an Kontur gewinnt, ist Lateinamerika ins Zentrum von Chinas Geostrategie gerückt, die darauf abzielt, ein Gegengewicht gegen die amerikanische Marinepräsenz im Südchinesischen Meer und den Militärhilfepakt mit Taiwan zu schaffen. Dass Peking in den vergangenen Jahren von Panama (2017), der Dominikanischen Republik (2018) und El Salvador (2018) als legitime Regierung des „einen Chinas“ anerkannt wurde, ist ein weiterer Hinweis auf das wachsende politische Gewicht der VR China in der Region – ganz zu schweigen davon, dass dies den Anspruch Festlandchinas auf Taiwan in den supranationalen Regierungsinstitutionen stärkt.
Seit Präsident James Monroe 1823 einen neuen Kurs für die US-Außenpolitik in der westlichen Hemisphäre – die sogenannte Monroe-Doktrin – verkündete, verteidigen die Vereinigten Staaten ihre Einflusssphäre in Lateinamerika mit besonderer Beharrlichkeit. Im 20. Jahrhundert war Lateinamerika während der 50 Jahre des Kalten Krieges immer eine wichtige ideologische Kampfzone, in der die USA mit der Sowjetunion wegen der vom Marxismus angezogenen Länder der Region im Clinch lagen.
Die vergangenen vier Jahre standen dagegen im Zeichen gezielter Nichtbeachtung. Donald Trump hat Lateinamerika nur einmal besucht, und zwar anlässlich des G-20-Gipfels in Buenos Aires 2018. Ansonsten hat seine Regierung die für die Region bestimmten Auslandshilfen gekürzt und dem nördlichen Dreieck – den Staaten Guatemala, Honduras und El Salvador – Gelder vorenthalten, um sie zu zwingen, die Migration in die Vereinigten Staaten einzudämmen. Mark Green, Chef der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID) unter Trump, gibt zu: „Die Regierung glaubte einfach nicht an [ausländische] Hilfe.“ [5]
Trump zettelte zwar einen regelrechten Handelskrieg mit China an, aber auf den wachsenden Einfluss der VR China in Lateinamerika reagierte er sehr zurückhaltend. Eine Ausnahme bildete die Initiative América Crece (Wachstum in Nord-, Mittel- und Südamerika), die 2018 gestartet wurde und als Konkurrenzinitiative zur BRI gedacht war. Diese noch immer bestehende Initiative soll die De-Globalisierung und die Rückverlagerung von Unternehmen (Reshoring) befördern, indem sie Investitionen der US-Privatwirtschaft in Infrastrukturprojekte in Lateinamerika ankurbelt. Obwohl Trumps Außenministerium davon ausging, dass „die Region jährlich 100 bis 150 Milliarden Dollar an zusätzlichen Infrastrukturinvestitionen benötigt“, ist über Projekte, die im Rahmen des Programms finanziert wurden, öffentlich kaum etwas bekannt. Vor allem im Vergleich zur Belt and Road Initiative hat América Crece kaum konkrete Auswirkungen in der Region.
Vor dem Hintergrund, dass Präsident Biden mit einer ganzen Reihe gewaltiger innen- und außenpolitischer Herausforderungen zu kämpfen hat, sind auch die Erwartungen an die Regierung, die Beziehungen zu Lateinamerika konstruktiver zu gestalten, außergewöhnlich hoch. Zum Glück ist Biden dank seiner fundierten, in langjähriger Erfahrung gewachsenen Kenntnis der Region genau der richtige Mann für diese Aufgabe. Während der beiden Amtszeiten der Obama-Biden-Regierung reiste der ehemalige Vizepräsident insgesamt sechzehn Mal nach Lateinamerika und war damit Barack Obamas wichtigster Unterhändler in der Region. Er war auch der Ansprechpartner des 44. Präsidenten für unterschiedlichste Lateinamerika-Themen, angefangen von der wirtschaftlichen Entwicklung und Korruption in Zentralamerika bis zum Drogenhandel in Kolumbien.
Joe Biden hat zugesichert, Lateinamerika stärker in den Fokus zu rücken – eine begrüßenswerte Abkehr von der gezielten Nichtbeachtung der vergangenen vier Jahre. Abgesehen von der stärkeren Beachtung, ist jedoch auch ein Kurswechsel der USA gegenüber der Region zu erwarten. Wie der ehemalige Vizepräsident in seinem 2017 erschienenen autobiografischen Buch „Versprich es mir“ (Promise me, Dad) beschreibt, empfand er die Vereinigten Staaten lange als „Tyrann des Kontinents, der kleineren Ländern“ in der westlichen Hemisphäre „seine Politik aufzwang“. [6] Stattdessen, so fährt er fort, müsse Amerika ein „verlässliche[r] Partner bei der Entwicklung [dieser] Länder“ sein.
Dementsprechend kündigt Biden als Präsident einen neuen Modus Operandi für die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Lateinamerika an, der auf „gegenseitigem Respekt und einem gemeinsamen Verantwortungsbewusstsein“ aufbauen soll.
Durch Joe Bidens Präsidentschaft rückt der Kampf um Einfluss in Lateinamerika wieder mehr in den Blickpunkt des Interesses, aber seine Regierung muss einen heiklen Balanceakt vollziehen, um Chinas „Neuer Monroe-Doktrin“ entgegenzuwirken. Viele Länder der Region würden sich vermutlich auf die Seite Chinas schlagen, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stünden. Daher muss Präsident Biden sich hüten, die VR China weiterhin als „feindliches Land mit schlechtem Einfluss“ zu dämonisieren, wie dies unter der Trump-Administration geschah. Stattdessen müssen die Vereinigten Staaten sich darauf konzentrieren, dem asiatischen Riesen beim Handel, bei den ausländischen Direktinvestitionen und vor allem bei den Auslandshilfen wirksam Konkurrenz zu machen.
In ihrem Haushaltsplan für 2021 hatte die Trump-Administration 1,4 Milliarden US-Dollar Auslandshilfen für Lateinamerika und die Karibik gefordert – 18 Prozent weniger als im Haushaltsjahr 2020. Im Mai 2020 erklärte Anthony Blinken, damals außenpolitischer Berater des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Biden, dieser werde im Falle seiner Wahl „die Auslandshilfe wieder in den Mittelpunkt der US-Außenpolitik stellen – und dabei wird es in erster Linie umDiplomatie, Demokratie und Entwicklung gehen“. Bislang lässt die neue Regierung mit ihren Maßnahmen dem Versprechen des jetzigen Außenministers Taten folgen: Bidens kürzlich veröffentlichter Haushaltsentwurf [7] sieht 63,5 Milliarden Dollar für diplomatische Arbeit und für Auslandshilfen vor – das sind 6,8 Milliarden US-Dollar oder 12 Prozentmehr als in Trumps letztem Haushaltsentwurf. Begründet werden die Mehrausgaben unter anderem mit der Zusage, die kooperative Führungsrolle der USA in Zentralamerika neu zu beleben, Amerikas Ansehen in der Welt und sein Einsatz für die Einhaltung der Menschenrechte wiederherzustellen, die moralische Führungsrolle der USA in der Flüchtlingspolitik, in humanitären Fragen, bei der Verteidigung von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit wieder Geltung zu verschaffen und beim Klimawandel mit gutem Beispiel voranzugehen.
Der Haushaltsentwurf der Regierung bezog sich konkret nur auf Zentralamerika, welches das Herzstück der von Biden geplanten Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration bildet, aber dass Biden Auslandshilfen für Kolumbien beantragt, zeigt deutlich die Abkehr von Trumps am Kalten Krieg orientiertem Vorgehen gegenüber Lateinamerika. Die Biden-Administration will 2022 insgesamt 453,8 Millionen US-Dollar in Kolumbien investieren – eine Steigerung von 10 Prozent gegenüber Trumps Haushaltsentwurf für 2021. Priorität sollen dabei Wirtschafts- und Sozialprogramme und die Umsetzung der Friedensabkommen von 2016 haben – die Mittel hierfür sind fast doppelt so hoch wie in Trumps Entwurf für 2021 –, während der Anti-Drogenkrieg und die Finanzierung des Militärs deutlich in den Hintergrund treten (hierfür werden beinahe nur halb so viele Mittel veranschlagt wie in Trumps Haushaltsentwurf für 2021).
Laut dem berühmten Ausspruch von Ronald Reagan muss sich ein Präsident „mit den besten Leuten umgeben, die er finden kann, Befugnisse delegieren und sich nicht einmischen, solange die Politik, die er beschlossen hat, umgesetzt wird.“ [8] Obwohl Donald Trump alles andere als ein Republikaner vom Schlage Reagans ist, scheint er den Rat des 40. Präsidenten beherzigt zu haben. Seine Politik der gezielten Nichtbeachtung Lateinamerikas spiegelte sich in seiner Wahl der hierfür zuständigen Kabinettsmitglieder wider. Sein Kabinett war nicht nur das erste seit Ronald Reagans Zeit, in dem – zumindest anfangs – kein Latino saß; auch seine Chefberater_innen hatten wenig Erfahrung mit der Region. [9] Eine bemerkenswerte Ausnahme bildete John Kelly, der von 2012 bis 2016 als Kommandeur des United States Southern Command diente. Kelly sah Lateinamerika allerdings vor allem als Bedrohung für die nationale Sicherheit, weil dort „Gesellschaften kurz vor dem Zusammenbruch stehen – mit allen damit einhergehenden Drogen- und [irregulären Migrations]strömen.“ Als Minister für Heimatschutz war Kelly dafür zuständig, die von Trump im Wahlkampf versprochene Mauer entlang der Südgrenze der USA zu errichten und auch die drastische Anti-Einwanderungspolitik der Regierung umzusetzen. Zwar wurde Trumps Kabinett später durch den Arbeitsminister Alexander Acosta (Kubano-Amerikaner) und die mexikanische AmerikanerinJovita Carranza, Regierungsbeamtin der Small Business Administration ergänzt, doch der Kurs der Regierung gegenüber der Region blieb unverändert.
Im Gegensatz dazu sind in Bidens Kabinett vier Latinos vertreten: Heimatschutzminister Alejandro Mayorkas (kubanischer Amerikaner), Bildungsminister Miguel Cardona (puerto-ricanischer Amerikaner), Gesundheits- und Sozialminister Xavier Becerra (mexikanischer Amerikaner) und die Leiterin der Small Business Administration Isabel Guzman (mexikanische Amerikanerin). Bezeichnenderweise ist Bidens Sonderberater und leitender Direktor des Nationalen Sicherheitsrats für die westliche Hemisphäre, Juan Sebastian Gonzalez, Kolumbianer – er stammt aus Cartagena.
Dass zu Bidens innen- und außenpolitischen Berater_innen mehrere Latinos zählen, stellt aus zwei Gründen eine begrüßenswerte Abkehr von den Trump-Jahren dar: Erstens ist die lateinamerikanische Bevölkerung in den Vereinigten Staaten überproportional stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control) ist die Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus zu infizieren, bei Latinos doppelt so hoch wie bei Weißen; die Wahrscheinlichkeit einer Krankenhauseinweisung ist dreimal und das Risiko, an Covid-19 zu sterben, 2,3-mal so hoch. Daher muss die Regierung vor allem die Not der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen lindern, wenn die Nation sich daranmacht, Bidens Vision des„Building Back Better“ umzusetzen und dafür zu sorgen, dass die Welt nach der Pandemie besser ist als zuvor.
Zweitens hat die Biden-Regierung, wie Juan Sebastian Gonzalez im Americas Quarterly im Juli 2020 schrieb, sich vorgenommen, die ganze Hemisphäre zum Besseren zu verändern. Dabei setzt sie auf „gemeinsamen Wohlstand, eine neue Partnerschaftim Kampf gegen den Klimawandel, die entschlossene Gewährleistung der Sicherheit unserer Bürger und auf die Erkenntnis, dass es dringend geboten ist, die Hemisphäre gemeinsam sicherer, bürgerlicher und demokratischer zu machen.“ Bidens für Zentralamerika vorgesehener 4-Milliarden-Dollar-Investitionsplan ist ein Schritt in die richtige Richtung. Auch dass seine Administration sich um gute Regierungsführung und die Umsetzung des Friedensabkommens in Kolumbien bemüht, ist begrüßenswert. Wie ich bereits in einem früheren Beitrag geschrieben habe, hat die Regierung Biden zudem knapp 50 Millionen Impfstoffdosen von Pfizer, Moderna, J&J und AztraZeneca nach Lateinamerika und in die Karibik geliefert – ein beachtlicher Kraftakt, der den Bedarf der Region nach Schutzmaßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie decken half.
Eine vielversprechende Initiative für Lateinamerika kommt zudem vom Kongress: Die Senatoren Marco Rubio (R-FL) und Bob Mendez (D-NJ) haben gemeinsam einen bahnbrechenden Gesetzentwurf eingebracht, der vorsieht, dass über einen Zeitraum von zehn Jahren 35 Prozent des Budgets der US International Development Finance Corporation (DFC) für Lateinamerika und den Karibikraum bereitgestellt werden. Der Gesetzentwurf „zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit, Transparenz und Sicherheit in der Region“ soll die diplomatischen und wirtschaftlichen Bemühungen der USA in der Region stärken und „sicherstellen, dass Chinas starke Präsenz (...) nicht die demokratischen Werte und die allgemeinen Menschenrechte untergräbt.“[10] Zu den Eckpunkten des Entwurfs gehören (1) die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Instrumente der USA zur Unterstützung der Region, (2) die Bekämpfung unlauterer Wirtschaftspraktiken, (3) der Schutz der digitalen Infrastruktur Lateinamerikas und (4) die Stärkung der Zivilgesellschaft. Der Gesetzentwurf kam in der 116. Legislaturperiode, die am 2. Januar 2021 endete, nicht zur Abstimmung, aber der parteiübergreifende Ansatz ist ein positives Zeichen und lässt hoffen, dass die US-Parlamentarier zu Investitionen bereit sind, um die amerikanische Führungsrolle in der Hemisphäre zurückzuerlangen.
Dieser Beitrag erschien am 16.12.2021 in englischer Sprache auf dc.fes.de.
Aus dem Englischen von Christine Hardung
[1] China ist seit 2015 der wichtigste Handelspartner Südamerikas.
[2] Panama erklärte im November 2017 als erstes lateinamerikanisches Land seine Unterstützung für die BRI.
[3] Das ist mehr als die Hälfte der 33 Länder Lateinamerikas und des Karibikraums.
[4] Die „Belt and Road Initiative“ (beltroad-initiative.com) zielt darauf ab „die Vernetzung der Kontinente Asien, Europa, Afrika [und Lateinamerika] und der umliegenden Meere zu fördern, Partnerschaften zwischen den Ländern entlang der Land- und Seehandelswege (Belt and Road) zu bilden und zu stärken, vieldimensionale, mehrstufige und zusammengesetzte Konnektivitätsnetze aufzubauen und in den beteiligten Ländern eine diversifizierte, unabhängige, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen.“
[5] „Wir haben oft erlebt, dass die treibende Kraft gerade diejenigen waren, die nicht an Auslandshilfen glauben.“ Siehe Disrupt and compete: How Trump changed US foreign aid | Devex
[6] „Mit Blick auf Lateinamerika war ich demgegenüber zu der Überzeugung gelangt, dass wir mit etwas Glück, wenn wir es klug anstellten und mutig vorgingen, gute Chancen hätten, unsere Beziehungen in äußerst vielversprechende neue Bahnen zu lenken. Dann könnten wir mit dem in weiten Teilen der Region vorherrschenden Glauben aufräumen, die Vereinigten Staaten wären der Tyrann des Kontinents, der kleineren Ländern seine Politik aufzwang, und die Einwohner davon überzeugen, in uns einen möglichen verlässlichen Partner bei der Entwicklung ihrer Länder zu sehen.“ Joe Biden (2020), Versprich es mir. Über Hoffnung am Rande des Abgrunds (eBook), München, C.H.Beck, S. 295f.
[7] Der Haushalt 2022 muss noch von beiden Häusern des Kongresses verabschiedet werden. Derzeit wird die US-Regierung durch einen Fortsetzungsbeschluss bis zum 18. Februar 2022 finanziert.
[8] Fight House: Rivalries in the White House from Truman to Trump, S. 154.
[9] Rex Tillerson verbindet als ehemaligen CEO von ExxonMobil eine lange Geschichte mit Venezuela, und John Kelly war Kommandeur des U.S. Southern Command.
[10] Menendez, Rubio Lead Introduction of Groundbreaking Legislation to Strengthen U.S. Competitiveness and Address China’s Engagement in the Americas | United States Senate Committee on Foreign Relations
Dr. Dorian Kantor ist Politikwissenschaftler, Autor und Professor für Internationale Beziehungen an der Pontificia Universidad Javeriana. Als FES DC Media Fellow 2021 schreibt er über die Außen- und Sicherheitspolitik der USA.
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