Laut dem United Nations Department of Economic and Social Affairswerden bis zum Jahr 2050 zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben – obwohl Städte insgesamt nur 2% der Erdoberfläche ausmachen. Konkret bedeutet das, dass die Städte bis zum Jahr 2050 weltweit circa 2,5 Milliarden neue Stadtbewohner_innen aufnehmen müssen. Der allergrößte Teil dieses städtischen Wachstums – schätzungsweise 90% – wird dabei in Ländern des Globalen Südens stattfinden.
Einerseits haben die stark wachsenden Städte ein riesiges Potenzial für sozial-ökologische Transformation. Andererseits bringt diese Entwicklung – insbesondere aus klima- und umweltpolitischer Sicht – auch massive Probleme und Herausforderungen mit sich. Zu diesen Problemen zählt unter anderem der immer größer werdende CO2-Fußabdruck, den die Städte bereits produzieren: durch einen anhaltenden Bauboom und Infrastrukturprojekte oder steigenden Ressourcenverbrauch. Das bereits stattfindende Wachstum der Städte ist dabei vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern meist nicht nachhaltig und kreiert gefährliche Lock-In-Effekte für Klimaschutz und nachhaltige Entwicklung. Diese Lock-In-Effekte werden es in Zukunft immer schwieriger machen, die Zielvereinbarungen des Pariser Abkommens noch zu erreichen und die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu begrenzen oder die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erfolgreich umzusetzen.
Gleichzeitig fliehen die Menschen auf Grund der Auswirkungen der Klimakrise zunehmend in die Städte, da sie auf Grund von Dürren und anderen zunehmenden Extremwettereignissen oder Umweltprobleme ihre Lebensgrundlage im ländlichen Raum verlieren. In urbanen Räumen leben sie oft unter menschenunwürdigen Bedingungen, da die soziale Infrastruktur in Städten nicht in gleichem Maße wächst wie es für den Zuzug dorthin notwendig wäre. Und auch gegen den Klimawandel müssen Stadtbewohner_innen sich zunehmend wappnen, da die städtische Infrastruktur aktuell selbst in vielen Ländern des Globalen Nordens nicht geeignet ist, um auch mit dem globalen Temperaturanstieg dort noch ein gutes Leben zu ermöglichen.
Es lässt sich also mit Fug und Recht behaupten, dass unsere Zukunft in unseren Städten entschieden werden wird. Hierfür braucht es nachhaltige, sozial gerechte und globale Lösungsansätze, die ganzheitlich und transformativ angelegt sind. Denn ein „business as usual“ kann es angesichts der dort bereits deutlich spürbaren Auswirkungen der Klimakrise nicht mehr geben – weder für die Städte im Globalen Norden noch für jene im Globalen Süden.
Das Positionspapier von Clara Brandi beschreibt die Herausforderungen einer global gerechten Gestaltung der Urbanisierung und die existierenden Lösungsansätze– so zum Beispiel die New Urban Agenda auf globaler Ebene, oder den Pakt von Amsterdam auf EU-Ebene. Dabei kommt sie zu dem Schluss, dass es für die globale und gerechte Gestaltung der weltweiten Urbanisierung hin zu Nachhaltigkeit keine Politik der kleinen Schritte braucht, sondern einen großen Wurf – diesen vermisst sie jedoch bei den oben genannten Städteagenden. Sie fordert daher eine neue Städteagenda mit transformativem Charakter. Ihrer Meinung nach sollte Urbanisierung zu einem Schlüsselthema der internationalen Zusammenarbeit gemacht werden, um den notwendigen radikalen Wandel hin zu sozial-ökologischer Stadtentwicklung erfolgreich zu meistern. Ohne die entsprechende finanzielle, institutionelle, politische Unterstützung, Netzwerk- und Austauschmöglichkeiten sowie demokratische Governance-Strukturen in Städten wird dies nicht möglich sein.