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Seit 2017 ist die rohstoffreiche Nordprovinz Mosambiks Schauplatz von gewaltsamen Konflikten. Marginalisierte Gruppen und Frauen geraten besonders zwischen die Fronten von jihadistischen Aufständischen und international unterstützten Regierungstruppen. Ein Fachgespräch in Kooperation mit dem Koordinierungskreis Mosambik diskutierte, was hinter der Gewalt steckt und welche Ansatzpunkte es für nachhaltigen Frieden in Mosambik gibt.
„Es handelt sich um einen sehr komplexen Konflikt mit vielen Ursachen, die mit der tiefen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung von Bevölkerungsgruppen zusammenhängen“, betonte João Feijó. Der Soziologe vom Observatorium des ländlichen Raums in Maputo hat seit Konfliktausbruch umfassende Forschungen zu den sozio-ökonomischen, politischen und sozialen Bruchlinien der Gewalt in der Nordprovinz durchgeführt. Cabo Delgado sei von der Hauptstadt Maputo weit entfernt und erhalte wenig Investitionen in soziale Infrastruktur und öffentliche Politiken. Gleichzeitig boome das Geschäft mit den Ressourcen. Ein reger Handel mit Edelsteinen und -metallen und die Ausbeutung von natürlichen Ressourcen dominieren die lokale Wirtschaft. Seit der Entdeckung der Gasvorkommen, versuche der Staat – der vorher in der Region nie sonderlich präsent war – nun den Ressourcenabbau stärker zu reglementieren und Gewinne abzuschöpfen. Gegen informelle lokale Schürfer würde teils äußert brutal vorgegangen, was bei der Bevölkerung, die in der strukturschwachen Region mit dem täglichen Auskommen zu kämpfen habe, Unverständnis und Wut hervorrufe. Egna Sidumo vom staatlichen Forschungsinstitut für strategische und internationale Studien ergänzte: „Der zunächst von der Regierung verfolgte Ansatz der Terrorbekämpfung, im Sinne des militärischen Vorgehens gegen Aufständische, griff zu kurz.“ Die Sicherheitsexpertin beobachtet, dass sich der offizielle Diskurs erst mit der Zeit wandelt, vom Kampf gegen ausländische Terroristen in Richtung umfassendere Konfliktlösung, die lokale Entwicklungs- und Resilienzförderung als Instrumente sicherheitspolitischer Strategien miteinbezieht.
Der Analyseplattform „Cabo ligado“ zufolge, ist der Konflikt im Norden bereits für mehr als 3.700 Todesopfer und ca. 700.000 Geflüchtete und Binnenvertriebene verantwortlich. Berichte über Entführungen, Hinrichtungen und sexualisierte Gewalt sind oft schwer zu ertragen. Egna Sidumo beschäftigt sich in ihrer Arbeit viel mit den Auswirkungen des Konflikts auf die lokale Bevölkerung und vor allem auf Frauen und Kinder. Wie sie von Gewalt betroffen sind und geschützt werden können, aber auch wie sie Teil des Konfliktsystems werden. „Wir müssen die Radikalisierungskreisläufe besser verstehen“, meint die Expertin. Viele Frauen hätten sich – aus persönlicher Frustration, aus Überzeugung oder unter Zwang – diesen Gruppen angeschlossen, Informationen weitergegeben und wurden Teil des Gewaltkreislaufs. Wenn wir die Beweggründe und strukturellen Antriebe der lokalen Bevölkerung nicht verstehen, gehen Sicherheitsstrategien am Problem vorbei. Sidumo ist überzeugt, dass es breiter angelegte und inklusive Dialoge in den Konfliktregionen braucht, um wirkungsvolle Interventionen für Frieden und verbesserte Lebensperspektiven der lokalen Bevölkerung zu entwickeln.
Auch João Feijó bekräftigte, es brauche weitreichende Reformen: Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Dezentralisierung, um die politische und wirtschaftliche Machtkonzentration im Süden des Landes aufzubrechen. Reduzierung von Parteieinfluss auf staatliche Strukturen. Die Generalstaatsanwaltschaft sollte mit mehr Befugnissen und Kapazitäten ausgestattet werden, um ihre Legitimität als unparteiliches Kontrollorgan zu stärken. Die Wirtschaftsstruktur sollte diversifiziert werden, um nicht alternativlos auf Rohstoffabbau und volatile Weltmarkpreise angewiesen zu sein. Es sei dringend notwendig, Verbindungen zwischen dem offiziellem Wirtschaftskreislauf und den Aktivitäten zu schaffen, von denen der Großteil der Bevölkerung lebt und überlebt, nämlich Landwirtschaft, Fischerei und informeller Sektor. Unterstützt durch andere öffentliche Politiken, wie Steuer- und Geldpolitik sowie Sozialpolitiken, könnte dies den Menschen in der strukturschwachen Region ermöglichen, aus der Armuts- und Gewaltspirale auszubrechen.
Obwohl viele Ursachen der Gewalt in strukturellen Entwicklungsdefiziten und sozialer und politischer Ausgrenzung auszumachen seien, unterstrichen beide Analyst_innen, dass der Einfluss internationaler Interessen und Akteure nicht unterschätzt werden sollte. Weltweit bestehe eine große Nachfrage nach Rohstoffen aus Mosambik. Das erzeuge Druck auf Land- und Verteilungsfragen, integriere nicht die nationalen Märkte, die heute für eine Beteiligung in internationalen Wertschöpfungsketten schlicht nicht konkurrenzfähig sind, und fördere letztendlich auch nicht die Entwicklung eines verantwortlichen Nationalstaates. Im Gegenteil begünstige sie eine „Rentenmentalität“ der politischen Elite, die Interessen von Investoren über die des souveränen Volkes stelle und Entscheidungen treffe, die die strukturellen Ursachen von Armut und Ungleichheit zementieren. Gewaltsamer Extremismus, wie in Cabo Delgado, sollte deshalb als internationale Herausforderung verstanden werden, in der auch europäische Akteure ihrer struktur- und ordnungspolitischen Verantwortung nachkommen müssen.
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