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Globale Lieferketten, Wertschöpfung und multilaterale Foren: Afrikas Integration ist in weite Ferne gerückt. Es gibt Lösungen.
Bild: Blumen aus Kenia von FES / Elisabeth Bollrich
Bild: Blumenfarm in Kenia von FES/Elisabeth Bollrich
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie beschleunigen die derzeitige Krise des Multilateralismus. Zudem zeichnet sich deutlich eine Phase der De-Globalisierung ab, die wirtschaftspolitische Strategien und Entwicklungsperspektiven verschiebt. Laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) könnte durch die Pandemie die Hälfte der Menschen im arbeitsfähigen Alter ihren Zugang zu Arbeit und Einkommen verlieren. Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) erwartet, dass sich die Nachfrage nach Exportgütern, die geplante stärkere Integration des afrikanischen Kontinents in globale Lieferketten und die dafür notwendigen Investitionen in wirtschaftliche Diversifizierung in den Ländern Afrikas langfristig drastisch verringern werden.
Angetrieben von Konflikten zwischen den USA und China verändert sich die internationale Kooperation-Multilaterale Absprachen sind gefährdet; die Abhängigkeit von Wertschöpfung entlang komplexer globaler Lieferketten wird durch zunehmenden Protektionismus herausgefordert. Hierdurch rückt die Erreichung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) vor allem in Afrika in weite Ferne.
Vor diesem Hintergrund bedarf es einer globalen strategischen und zugleich normativen Antwort – einem Post-Corona-Sozialvertrag. Wirtschaftspolitisch beinhaltet dieser die Ergründung neuer Entwicklungspfade auf dem afrikanischen Kontinent, die den Aufbau von regionalen Wertschöpfungsketten mit einer sozial-ökologischen Transformation verbinden. Es gibt jedoch derzeit kaum globale Unterstützung für einen alternativen Entwicklungspfad, der weniger von jenen internationalen Lieferketten bzw. internationaler Nachfrage abhängt, die anderswo für einen sozioökonomischen Aufstieg sorgten. Der Aufbau eines solchen neuen und nachhaltigeren Entwicklungspfads bedarf globaler Absprachen und zusätzlicher Ressourcen. Langfristig wird es in der Post-Corona-Zeit also darum gehen, denjenigen – vor allem afrikanischen – Staaten Zugang zu einer Entwicklungsperspektive zu sichern, die von der Lieferkettenglobalisierung bisher nicht profitieren konnten.
Eine sozialpolitisch eingebettete strukturell wirtschaftliche Transformation auf dem afrikanischen Kontinent kann aber nur funktionieren, wenn sie auf verbesserter regionaler Wertschöpfung basiert. Hierfür wäre ein Zusammenspiel aus einem Aufbau regionaler industrieller Produktion mit einem zunehmenden Anteil von Dienstleistungen notwendig, weil Digitalisierung und Automatisierung zu einer abnehmenden Rolle von verarbeitender Arbeitskraft führen. Ein reshoring von Lieferketten von Asien nach Afrika in Folge der Corona-Pandemie würde dabei höchstens kurzfristig positive Effekte auf dem Weg zu einer solchen Transformation erzielen.
Neben solch einer wirtschaftspolitischen Antwort bedarf es einer normativ-politischen Antwort, die nicht weniger als die Verteidigung und gleichzeitige Neuaushandlung verstärkter, nachhaltiger und fairer internationaler Kooperation auf Basis eines solidarischen globalen Post-Corona-Sozialvertrags umfasst. Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen bietet hierfür eine hinreichende Grundlage, da sie von einer paternalistischen Armutsbekämpfung abgerückt ist und entwicklungspolitische Herausforderungen konsequent im globalen Zusammenhang erfasst.
Ein Ansatzpunkt für die Operationalisierung eines Post-Corona-Sozialvertrags wären die derzeit laufenden regionalen Aushandlungsprozesse zwischen der Afrikanischen und der Europäischen Union. Eine neu definierte Partnerschaft zwischen Europa und Afrika, die angesichts der COVID-19-Pandemie sowohl kurzfristig humanitär als auch langfristig strukturell gemeinsame Perspektiven schafft, kann ein Initialmoment für die Stärkung eines solidarischen Multilateralismus sein. Hierfür müssten konkrete Mechanismen zum Vertrauensaufbau entwickelt werden, die nicht auf Ebene der Exekutive hängen bleiben. Zivilgesellschaftliche und gewerkschaftliche Akteure in der EU und in Afrika fordern häufig Ähnliches, finden aber nur selten eine institutionelle und kontinentübergreifende Resonanz. Reine wirtschafts- und sicherheitspolitische Interessenpolitik, die exklusiv unter den Regierungen der beiden Kontinente abgestimmt wird, reicht schon lange nicht mehr aus, um eine Kooperation zu legitimieren. Dafür braucht es auch entsprechende Beteiligungsformate.
Die europäisch-afrikanische Zusammenarbeit auf ein neues Fundament zu stellen, ist daher ein langer, aber lohnenswerter Weg. Dabei geht es letztlich nicht nur um Partnerschaft – der Begriff hat sich abgenutzt –, sondern auch um gerechte Beteiligung an Entscheidungen, die für einen revitalisierten Multilateralismus und eine sozial-ökologische Transformation in der Post-Corona-Welt wichtig sind.
Maihack, Henrik; Öhm, Manfred
Henrik Maihack und Manfred Öhm. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Referat Afrika, Juli 2020. - 12 Seiten = 190 KB, PDF-File. - (Analyse). - (Globale und regionale Ordnung)Electronic ed.: Berlin : FES, 2020ISBN 978-3-96250-614-8
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Henrik Maihack and Manfred Öhm. - Berlin : Friedrich-Ebert-Stiftung, Africa Department, August 2020. - 8 Seiten = 135 KB, PDF-File. - (Analysis). - (Global and regional order)Einheitssacht.: Zeit für einen Post-Corona-Sozialvertrag! . - Electronic ed.: Berlin : FES, 2020ISBN 978-3-96250-626-1
Zum Download (PDF) (135 KB, PDF-File)
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