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Afrika ist von der Klimakrise mit am härtesten betroffen und fordert mehr Klimagerechtigkeit und politische Verantwortung des Nordens. Wie blicken afrikanische Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft auf die anstehende COP27 in Ägypten?
Die Dichte hochkarätiger Events, Konsultationen und Konferenzen zu Klimagerechtigkeit nimmt seit Mitte des Jahres stetig zu: Im Juni die UN-Halbzeitkonferenz SB56 in Bonn, im Juli der Petersberger Klimadialog in Berlin, Ende August die Africa Climate Week in Gabun sowie eine in den letzten Wochen schier unüberblickbare Zahl an Workshops auf allen Kontinenten. Es gibt keinen Zweifel: Politische Akteure, Klimaaktivist_innen, Gewerkschafter_innen und Journalist_innen bereiten sich engagiert auf die 27. Verhandlungsrunde der Conference of Parties (COP) vor, die vom 6. bis 18. November in ägyptischen Sharm-El-Sheikh stattfinden wird. Gegenstand der Diskussion ist nichts Geringeres als die Zukunft der globalen Klimapolitik.
Denn das übergreifende Ziel der internationalen Gemeinschaft, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, rückt angesichts der anhaltenden Emissionen in Europa, Indien, China und den USA in besorgniserregende Ferne. Die durch den Ukraine-Krieg bedingte Energiekrise verlangt darüber hinaus auch sehr konkreten Handlungsbedarf durch politische Akteure in und für Europa. So drohen kurzsichtige energiepolitische Maßnahmen den Umbau der Wirtschaft und den Ausbau erneuerbarer Energien zu konterkarieren. Auch afrikanische Regierungen scheinen sich vermehrt vom 1,5-Grad-Ziel abzuwenden, rechnen sie angesichts der gestiegenen Nachfrage nach fossilen Energieträgern wiederum mit zusätzlichen Einnahmequellen und möglichen Entwicklungschancen. Verblasst in diesem Kontext das Engagement der Politik zur Lösung der globalen Klimakrise, der zentralen gesellschaftspolitischen Herausforderung des 21. Jahrhunderts?
Für Afrika geht es dabei um viel, wenn nicht um alles. Die 49 Länder Subsahara-Afrikas eint ein Ziel: Überleben. Die Folgen der globalen Klimakrise wirken sich auf dem Kontinent bereits heute mit Dürren, Überschwemmungen und Zerstörung der Landwirtschaft desaströs aus – und treffen Afrika am härtesten. Die Landwirtschaft als zentrales Tätigkeitsfeld afrikanischer Volkswirtschaften wird sich dadurch absehbar verkleinern, was Millionen von Menschen auf formelle und informelle Arbeitsmärkte in Städten drängt. Eine ganze Reihe afrikanischer Staaten wird sehr viel stärker auf Lebensmittelimporte angewiesen sein. So erhöhen sich Abhängigkeiten, interne Verteilungskrisen und steigender Migrationsdruck sind vorprogrammiert.
Wenn Gesellschaften in dieser Weise ihre Lebensgrundlagen verlieren bzw. zu verlieren drohen, stellen sich Fragen des Verursacherprinzips sowie der politischen Verantwortung, denen Industriestaaten bislang allerdings erfolgreich ausweichen. Deren Versprechen, jährlich 100 Milliarden Euro zu mobilisieren, um die Länder des Globalen Südens bei der Anpassung an die Folgen der Klimakrise zu unterstützen, gewinnen nur langsam an Substanz. Aber nicht nur bezüglich finanzieller Fragen verlief die COP26 für Afrika enttäuschend. Auf Initiative einiger Industriestaaten wurde in letzter Sekunde die „Glasgow Facility on Loss and Damage" zu einem einfachen „Glasgow Dialogue on Loss and Damage“ heruntergestuft. Echter politischer Wille sieht anders aus.
Der Druck steigt jedoch, die katastrophalen Folgen der Klimakrise schnell und spürbar einzudämmen. Die 30.000 Teilnehmer_innen, die im November zur COP27 in Ägypten erwartet werden, haben also einiges vor sich. Insbesondere Sameh Shoukry, designierter Präsident der COP27, der die Verhandlungen bereits als „Afrikanische COP“ ankündigte, wird seine gesamte diplomatische Erfahrung einbringen müssen, um die weiterhin divergierenden Interessen in ein für alle Seiten vertretbares Paket zu schnüren.
Trotz widriger Ausgangssituation blickt Afrika zweifelnd, aber optimistisch nach Sharm El Sheikh. Dies ist das Ergebnis der #AfriCOP der Friedrich-Ebert-Stiftung, einem Anfang September organisierten Gesprächsforum. Unter dem Titel „Waiting for Miracles?“ brachte es afrikanische Akteure aus Politik, Klimaexpert_innen und Klimaaktivist_innen aus neun Ländern des Kontinents zusammen, um ihre Erwartungen, Hoffnungen und Empfehlungen für mehr Klimagerechtigkeit zu diskutieren. Im Vordergrund stand die Entwicklung konkreter Vorschläge und einer klaren strategischen Ausrichtung zur besseren Berücksichtigung afrikanischer Interessen in der internationalen Klimapolitik. Zentrale Diskussionspunkte waren hierbei die Einhaltung finanzieller Zusagen des Globalen Nordens sowie mehr Unterstützung beim Zugang zu existierenden internationalen Klimafonds. Bei den Diskutant_innen überwog insgesamt der Optimismus hinsichtlich der für die COP27 prognostizierten Ergebnisse – wohlwissend, dass in der Klimapolitik andere Staaten politisch an längeren Hebeln sitzen. Ein inhaltlich spannender Austausch afrikanischer Stimmen, die sich sehr viel stärker als früher zusammenschließen, um den Herausforderungen der Klimakrise gemeinsam zu begegnen. Das Video der Veranstaltung „Waiting for Miracles?“ können Sie hier abrufen.
30 Tage verbleiben nun noch bis zum Beginn der COP27 in Ägypten. Werden die Regierungen einen Konsens für mehr Klimagerechtigkeit finden? Der Gesprächsbedarf ist auf allen Seiten weiterhin hoch. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wird in den kommenden Wochen einzelne COP-Teilnehmende aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern in einer audio-visuellen Gesprächsreihe in den Fokus rücken, um so ihre Perspektiven, konkreten Konferenzvorbereitungen, Hoffnungen und Strategien für mehr Klimagerechtigkeit einzufangen. Auch vom Konferenzort, Sharm El Sheikh, werden wir berichten. Sie werden also von uns hören – wir freuen uns über Ihr Interesse!
Constantin Grund leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Madagaskar und koordiniert klimapolitische Aktivitäten in Subsahara-Afrika.
Website: https://fes.mg/info(at)fes.mg
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Wie Gespräche auf der COP27 Betroffenen der Klimakrise helfen können. Von Flavia Lopes und Nushaiba Iqbal.
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