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Studie: Ohne sie geht nichts mehr

Aktualisierung der Bundesländer Fact-Sheets

Die 2021 veröffentliche FES-Studie „Ohne sie geht nichts mehr“ zeigte, dass Migrant_innen und Geflüchtete einen wesentlichen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland beitrugen.

Angesichts der weiter steigenden Zahl von Migrant_innen und Geflüchteten in Deutschland und des wachsenden Fachkräftebedarfs bleibt die Frage, welchen Beitrag sie zur Schließung der Fachkräftelücke leisten können, hochaktuell. Daher haben wir eine Aktualisierung der Bundesländer Fact-Sheets in Auftrag gegeben.

Die Autor_innen der Studie zeigen anhand der aktuellen Zahlen, dass sich die Fachkräftelücke in Fachkraftberufen im Jahresdurchschnitt 2022/2023 im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt um 12,4 Prozent vergrößert hat. Auch bleiben immer mehr Ausbildungsstellen unbesetzt.

Seit 2020 sind sowohl der Anteil der Migrant_innen an allen Beschäftigten von 10,5 auf 11,9 Prozent als auch der Anteil der Geflüchteten von 0,7 auf 1,0 Prozent gestiegen (IW-Berechnung auf Basis von Sonderauswertungen der BA, 2023). Die Auswertungen zeigen, dass Geflüchtete verhältnismäßig oft Ausbildungen in Engpassberufen annehmen, und dass Migrant_innen und Geflüchtete – insbesondere in den am Arbeitsmarkt besonders stark nachgefragten Berufen – einen wichtigen und überdurchschnittlichen Beitrag zur langfristigen Fachkräftesicherung leisten.

Die Aktualisierung der Bundesländer Fact-Sheets gibt neue Einblicke in die Beschäftigungslage von Migrant_innen und Geflüchteten und kann durch die detaillierten Aufschlüsselungen gezielte Erkenntnisse für Fachkräftestrategien und Arbeitsmarktpolitik ermöglichen – auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene. Die Auswertung liefert zudem einen Überblick über die Situation unbesetzter Ausbildungsplätze in Engpassberufen, die gezielt beworben und gefördert werden können.

Bundesländer Fact-Sheets 2024

Welchen Beitrag leisten Migrant_innen und Geflüchtete zur Sicherung der Arbeitskräftebedarfe in Fachkraftberufen in Deutschland?

Wie flächendeckend präsent Migrant_innen und zunehmend auch Geflüchtete auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind analysieren die Autor_innen der vorliegenden Studie. Auf Basis aktueller Zahlen der Bundesagentur für Arbeit  wird ersichtlich, dass – gerade mit Blick auf einzelne Berufe und Regionen – ein Funktionieren der Arbeitsmärkte ohne diese Fachkräfte nicht mehr möglich wäre.

Bei den Berufskraftfahrer_innen beispielsweise machen Migrant_innen im Jahr 2020 deutschlandweit einen Anteil von mehr als 23 Prozent aus. In der Gastronomie sogar 31 Prozent.. Noch deutlicher wird der Beitrag von Fachkräften mit Migrationsgeschichte regional betrachtet: So sind in Baden-Württemberg 34,7 Prozent der Berufskraftfahrer_innen Migrant_innen, in der Fleischverarbeitung in Niedersachsen sind es sogar 60 Prozent. Was passieren würde, wenn diese plötzlich fehlen, zeigte sich aktuell in Großbritannien.


Studienfokus: Fachkraft- und Engpassberufe

Die Studie konzentriert sich ausdrücklich auf Fachkraftberufe, Berufe also für deren Ausübung normalerweise eine abgeschlossene zwei- bis dreijährige Berufsausbildung benötigt wird. Auch nimmt sie die sogenannten Engpassberufe in den Fokus, bei denen rein rechnerisch nicht alle Stellen besetzt werden können. Deutlich wird, dass in fast allen Bundesländern die Quote der Ausbildungsanfänger_innen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bzw. mit Fluchthintergrund in den besonders nachgefragten Berufen höher ist als die der Deutschen. Damit dürften Migrant_innen und Geflüchtete in diesen Berufen zukünftig noch präsenter werden.

 

Studie und Bundesländer Fact-Sheets 2021

Studienziel: Erfolgreiche Arbeitsmarktintegration deutlich machen

Ziel der Studie ist es, den wichtigen Beitrag, den Migrant_ innen zum Funktionieren der deutschen Wirtschaft leisten, deutlich zu machen. Und diese Feststellung gilt zunehmend auch für geflüchtet Menschen: So stieg deren Präsenz in Fachkraftberufen in Rheinland-Pfalz beispielsweise zwischen 2013 und 2020 um das Fünffache und in Mecklenburg-Vorpommern im selben Zeitraum sogar um das Sechzehnfache. Die Tendenz ist also eindeutig positiv. Immer mehr Geflüchtete kommen erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt an – und das auch als Fachkräfte.


Blick in die Bundesländer

Die Fact-Sheets zu den einzelnen Bundesländern geben einen detaillierten Einblick in die jeweilige Situation vor Ort. Sie zeigen in welchen Fachkraftberufen Migrant_innen und Geflüchtete derzeit im jeweiligen Bundesland besonders häufig vertreten sind und welchen Anteil sie mit Blick auf Ausbildungen in Engpassberufen stellen.

 

Interview mit zwei Autorinnen

Im Video erläutern Sarah Pierenkemper und Dr. Anika Jansen die Methodik der Studie und ordnen die Befunde ein.

  • Worum geht es bei der Studie?
  • Was sind die Hauptergebnisse der Studie?
  • Warum ist das interessant?
  • Was ist die Hauptbotschaft der Studie?

Begriffserläuterung

Der Begriff Migrant_innen umfasst in dieser Studie Personen mit ausschließlich nicht-deutscher Staatsangehörigkeit. Personen, die zusätzlich zu einer ausländischen Staatsangehörigkeit auch eine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, werden in den Statistiken als Deutsche gezählt.

Der Begriff Geflüchtete beschreibt Personen mit Nationalitäten der Top-Acht-Asylherkunftsländer (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) und beschreibt eine Teilgruppe der Migrant_innen. Diese Nationalitäten wurden von der Bundesagentur für Arbeit festgelegt. Es handelt sich um die Nationalitäten, von denen zwischen 2012 und April 2015 die meisten Asylerstanträge stammten. Sie weisen eine hohe Übereinstimmung mit im Kontext von Fluchtmigration nach Deutschland gekommenen Personen auf.

In beiden Fällen erfolgt die Abgrenzung rein auf Basis der Nationalität einer Person, unabhängig davon, ob die Person tatsächlich eine Migrations- bzw. Fluchterfahrung hat. Die Angaben zu den Nationalitäten der Beschäftigten basieren auf Angaben der Arbeitgeber_innen.

Anteil Migrant_innen und Geflüchteter an allen Beschäftigten in Fachkraftberufen - Bundesländer (in Prozent)


Der Anteil Migrant_innen liegt mit 15,1 Prozent in Baden-Württemberg am höchsten, gefolgt von Hessen mit 14,6 Prozent. Auch in Bayern ist der Anteil beschäftigter Migrant_innen mit 13,5 Prozent sehr hoch. Der geringste Anteil beschäftigter Migrant_innen findet sich in Sachsen-Anhalt (3,5 Prozent). Insgesamt sind die Anteile in Ostdeutschland sehr gering. Ein ähnliches Bild ergibt sich für den Anteil der Geflüchteten unter den Beschäftigten. Dieser liegt logischerweise deutlich unter dem Anteil der Migrant_innen. Der höchste Wert wird mit 1,3 Prozent in Hamburg erreicht.

(Bild durch Anklicken vergrößern)

Top-10-Fachkraftberufe mit den meisten beschäftigten Migrant_innen inklusive Engpassrelation 2019 und 2020


Die Tabelle enthält sie die jeweilige Engpassrelation der Jahre 2020 und 2019, also das Verhältnis, wie viele passend qualifizierte Arbeitslose 100 offenen Stellen gegenüberstehen. Mit knapp 133.000 Beschäftigten hatten insgesamt 23,6 Prozent aller Berufskraftfahrer_innen (Güterverkehr/Lkw) eine ausländische Staatsangehörigkeit. 2019 war dieser Beruf noch ein Engpassberuf – deutschlandweit standen im Durchschnitt lediglich 56 arbeitslose Berufskraftfahrer_innen 100 offenen Stellen gegenüber. Diese Engpassrelation hat sich im Jahr 2020 fast verdoppelt, es gibt also mehr potenzielle Bewerbende pro offene Stelle. Dies liegt maßgeblich an der pandemiebedingten gesunkenen Anzahl der offenen Stellen.

 

Top-10-Fachkraftberufe mit den meisten beschäftigten Geflüchteten inklusive Engpassrelation 2019 und 2020


Mit gut 8.000 Beschäftigten sind die meisten Geflüchteten auf Fachkraftniveau in der Gastronomie beschäftigt, gefolgt von der Lagerwirtschaft mit gut 7.600 beschäftigten Fachkräften. Insgesamt macht der Anteil der Geflüchteten in diesen Fachkraftberufen 2,7 beziehungsweise 1,8 Prozent aller Beschäftigten aus. Zu den Berufen, in denen der Anteil Geflüchteter an allen Beschäftigten am größten ist, aber die absoluten Zahlen geringer, gehören beispielsweise die Fachkraftberufe der Systemgastronomie (8,7 Prozent). Im Vergleich zu 2019, fallen die Engpassrelationen für das Jahr 2020 geringer aus. Dies liegt maßgeblich an der pandemiebedingten gesunkenen Anzahl der offenen Stellen.

 

Top-10-Berufe bei neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (links) und Fachkräftelücke (rechts)


Die Abbildung zeigt die Ausbildungen, die von Migrant_innen zum Ausbildungsjahr 2019/2020 am häufigsten begonnen wurden sowie die Fachkräftelücke in diesen Berufen im Jahr 2019. Hierbei zeigt sich, dass die Ausbildung im Verkauf die beliebteste Ausbildung unter Migrant_innen im Ausbildungsjahr 2019/2020 war. Knapp 6.000 Migrant_innen haben eine Ausbildung im Verkauf begonnen. Hierzu gehören Einzelhandelskaufleute oder Verkäufer_innen. Mit 3.606 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen haben Migrant_innen am zweithäufigsten eine Ausbildung als Zahnmedizinische Fachangestellte beziehungsweise Zahnmedizinischer Fachangestellter begonnen. In diesem Beruf liegt die Fachkräftelücke bei über 5.000. Die Fachkräftelücke gibt in absoluten Zahlen an, wie viele passend qualifizierte Arbeitslose in einem Beruf rechnerisch fehlen, um alle offenen Stellen besetzen zu können. Generell lässt sich sagen, dass viele beliebte Ausbildungsberufe von Geflüchteten hohe Fachkräftebedarfe auf dem Arbeitsmarkt aufweisen.

 

Entwicklung des Anteils der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Engpassberufen an allen Ausbildungsanfänger_innen der jeweiligen Gruppe (in Prozent)

Die Abbildung stellt die Entwicklung des Anteils der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Engpassberufe bei Deutschen, Geflüchteten und Migrant_innen dar. Dabei zeigt sich, dass Geflüchtete und Migrant_innen häufiger eine Ausbildung in Engpassberufen, also in Berufen, die auf Fachkraftniveau besonders knapp auf dem Arbeitsmarkt sind, beginnen als deutsche Ausbildungsanfänger_innen. Im Jahr 2019 haben mehr als zwei von drei geflüchteten Ausbildungsanfänger_innen (68, 6 Prozent) eine Ausbildung in einem Engpassberuf begonnen. Bei den Migrant_innen waren es 62,4 Prozent und bei den deutschen Ausbildungsanfänger_innen 57,9 Prozent. Der allgemein gestiegene Anteil der Ausbildungsanfänger_innen in Engpassberufen lässt sich auch hier mit der von 2013 bis 2019 gestiegen Anzahl an Engpassberufen erklären.

(Bild durch Anklicken vergrößern)


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