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Am Welttag der sozialen Gerechtigkeit sprachen wir mit Dominique John über die Wirkung des Arbeitsschutzkontrollgesetz der Bundesregierung.
Bild: Dominique John von Faire Mobilität
Bild: von picture alliance / blickwinkel/J. S. Peifer | J. S. Peifer
Um die ausbeuterischen Verhältnisse in der Fleischindustrie zu beheben, hatte die Bundesregierung das Arbeitsschutzkontrollgesetz auf den Weg gebracht. Das Gesetz ist am 1. Januar in Kraft getreten. Von den schlechten Lebensbedingungen waren vor allem osteuropäische Arbeitsmigrant_innen betroffen. Die Gewerkschaft EFFAT schätzt, dass in Deutschland bisher rund 80 Prozent der Fleischproduktion von mobilen Arbeitnehmer_innen übernommen wurden. Sie wurden über Subunternehmen mit sogenannten Werkverträgen in den Schlachthöfen eingesetzt. Das soll nun ein Ende haben. Über das Gesetz sprachen wir mit Dominique John, Leiter des gewerkschaftsnahen Beratungsnetzwerkes „Faire Mobilität“, dass migrantische bzw. mobile Arbeitnehmer_innen bundesweit an 11 Standorten berät und unterstützt.
FES: Am 20. Februar Welttag der sozialen Gerechtigkeit, mit dem auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam gemacht werden soll. Sie beraten Menschen, die aus ganz Europa nach Deutschland gekommen sind, um hier zu arbeiten. Welchen Ungerechtigkeiten begegnen mobile Arbeitnehmer_innen hierzulande?
Dominique John: Beschäftigte, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, haben in aller Regel nicht genügend Marktmacht. Weder sind sie Mitglied einer Gewerkschaft, noch haben sie genügend Informationen über ihre Rechte auf dem hiesigen Arbeitsmarkt. Zudem wissen sie nicht, wo sie sich Unterstützung holen können. Dies führt häufig zu schlechten bis ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, einer Entlohnung unterhalb jeglicher Standards und insgesamt einer Schlechterbehandlung auf dem Arbeitsmarkt. Konkret kann dies bedeuten: Entlohnung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohnes, Entlassung bei Krankheit, kein Arbeitsschutz oder auch Arbeit ohne Sozialversicherung, wie man beispielsweise jetzt an der aktuellen Diskussion um die Erntehelfer*innen sehen kann. Da drängen die Lobbyisten der Agrarindustrie zurzeit auf eine Verlängerung der versicherungsfreien Zeit auf fünf Monate.
Das Arbeitsschutzkontrollgesetz ist seit einem Monat in Kraft. Bei welchen Punkten erhoffen sie sich die größte Wirkung?
Wir hoffen, dass die Unternehmen in der Fleischindustrie, durch das Verbot der Untervergabe von Aufträgen an Subunternehmer, endlich Verantwortung für die Beschäftigen in der Produktion übernehmen und dies aus der Abwärtsspirale einer Konkurrenz um die schlechtesten Arbeitsbedingungen herausführt. Bisher war es so, dass beispielsweise Tönnies sich nicht um die Arbeitsbedingungen bei den Subunternehmern kümmern musste. Jetzt muss Tönnies die Beschäftigten bei sich selbst anstellen und für diese die Verantwortung übernehmen. Das – so hoffen wir – wird die größte positive Wirkung erzeugen.
Wo sollte aus gewerkschaftlicher Sicht noch nachgebessert werden?
Wir müssen beobachten, welche Rolle ehemalige Subunternehmen zukünftig einnehmen. Einige scheinen ihr Geschäftsmodell jetzt anzupassen, sie bieten Leiharbeit an und daneben werben sie Arbeitskräfte für die Fleischindustrie und andere Branchen an und kassieren dabei weiterhin ab. Insgesamt braucht es jetzt in der Fleischbranche Tarifverträge, die Unternehmen müssen sich mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten an einen Tisch setzten und vernünftige Arbeitsbedingungen aushandeln. Nach wie vor sind die Wohnbedingungen der Beschäftigten ein großes Thema. Hier braucht es bessere Regeln und Standards, die auch eingehalten werden müssen.
Die Fleischindustrie ist nicht der einzige Bereich, in dem ausbeuterische Arbeitsverhältnisse an der Tagesordnung sind. Wird dies die Lage der mobilen Arbeitnehmer_innen auch in anderen Branchen verbessern oder besteht hier weiterer Handlungsbedarf?
In der Fleischbranche haben wir eine besonders zugespitzte Situation. Die Zustände sind allerdings durchaus mit anderen Branchen zu vergleichen: Das Baugewerbe, Transport und Logistik, bestimmte Bereiche in der Pflege oder – wie schon angesprochen – in der saisonalen Landwirtschaft. Überall dort, wo wir es mit personalintensiven Bereichen zu tun haben, haben sich am unteren Rand verschiedene Formen von ausbeuterischen Beschäftigungsmodellen entwickelt. Das Gute ist: Seit Corona gibt es dafür eine größere Aufmerksamkeit. Aber dabei darf es nicht bleiben, es muss sich auch etwas ändern.
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Bildung: Florian Dähne030 - 269 35 7056Florian.Daehne(at)fes.de
Arbeit: Susan Javad030 26935-8313Susan.Javad(at)fes.de
Digitalisierung: Stefanie Moser030 26935-8308Stefanie.Moser(at)fes.de