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Götz und Björn träumen von Deutschland. Nicht dieses, freilich. Es geht um ein neues Deutschland – und sie wollen mit uns dort hin. Es muss etwas mit Kultur und Identität zu tun haben, die beiden reden sehr viel davon. Und das wirkt: denn sowohl ihre Freunde als auch ihre Gegner sind völlig gebannt und haben Angst. Angst vor allem Fremden, Angst vor dem Wahlergebnis. Meine Angst jedoch ist die Erfüllung des Traums der Neuen Rechten – und er heißt Almantopia. Ich male die Konturen, die ich sehe, konsequent zu einer anschaulichen Zukunft aus und spiele sie zurück in die Debatte. Der aufmerksamen Leserschaft wird nicht entgehen, dass die Ausführungen eine künstlerische Auseinandersetzung darstellen und selbstredend nicht der Meinung des Autors entsprechen. Das Zitieren einzelner Passagen stellt deshalb eine missbräuchliche Behandlung des Gesamttextes dar. Ebenso entspricht der Verzicht auf gendergerechte Sprache nicht dem eigenen, sondern dem Sprachgebrauch der fiktiven Figuren Götz und Björn. Insgeheim hoffe ich sehr, dass wir schon bald von schöneren Utopien träumen.
Ein Vor-Schein
Die Geschichte Almantopias
Almantopia war nicht immer der Ort, an dem Stärke und Identität Hand in Hand marschierten. Früher einmal behandelten die Bürger ihr kulturelles Erbe wie eine freiwillige Angelegenheit und debattierten über wahnwitzige Vorstellungen wie universelle Gemeinsamkeiten und den Wert des Menschen an sich. Die Menschen waren beinahe überall daheim, entfremdeten sich ohne eindeutige Zugehörigkeit zunehmend voneinander und von sich selbst, und diejenigen, die heroisch versuchten, den Rest ihrer Identität zu wahren, wurden von den vollständig Bezugslosen sogar belächelt. Von dem herrschenden politischen Liberalismus, seiner Vorstellung einer offenen Gesellschaft und ihrer Gedankenpolizei dazu gezwungen, jahrzehntelang die eigene Entfaltung zu unterdrücken, organisierten die restlichen Identitären sich jedoch zu einer Zeit zu neuer Stärke, als sich eine erneute Entfremdungswelle auf sie zubewegen sollte. In allen Regionen des Landes gingen die Mutigen auf die Straße: einfache, wütende Bürger, die die große Kulturbefreiung gegen den Liberalismus erstritten und die Rückkehr zum unschuldigen Idyll der kulturellen Einheit ermöglichten. Almantopia war geboren.
Die Alman‘sche Ordnung
In Almantopia können nur jene Personen einen politischen Führungsanspruch erheben, die sich als Befreiungsanführer würdig erwiesen haben und unter Beweis gestellt haben, dass sie die äußerst anspruchsvolle, intuitive Kompetenz für eine Politik für das Volk und nur für das Volk besitzen. Die Almantopier sind allesamt im vernünftigen Bewusstsein, für die Zukunftssicherung ihrer natürlichen Lebenswelten eigene Interessen als nachrangig gegenüber dem Gemeinwohl zu betrachten und sehen es demnach als selbstverständlich an, die individuelle Leistungsfähigkeit nicht zu hemmen. So wird besonderes Bemühen um die Produktivität und den eigenen Beitrag hoch anerkannt, hingegen Faulheit selbstredend als fahrlässiger Umgang mit dem Gemeinwohl getadelt. Die Identifikation entlang der Nation mit dem eigenen Beitrag zu verknüpfen, schafft es sogar, die Faulsten zu mobilisieren und selbst den Alten und Schwachen einen produktiven Lebensinhalt zu geben.
Weshalb die Almantopier so schlau sind
Die Almantopier eint das Bewusstsein ihrer natürlichen, ethnologischen Eigenarten und die gemeinsame Überzeugung, diese gegenüber Zerstreuung und Entfremdung verteidigen zu wollen. Traditionen werden gemeinsam reproduziert und Kindern bereits im Rahmen von unpolitischen, altersgerechten Workshops vererbt. Als Musterbeispiel gilt hier das Programm „Meine Heimat, mein Thüringen“. Die Nationalkultur wird anhand eines inhaltlich sorgfältig ausgewählten Kanons von Klassikern erlernt. Jeder Bürger hat nicht das Recht, sondern sogar die noble Pflicht, bis zur Identitätsreife alles Wichtige über seine Herkunft und Zugehörigkeit zu erlernen. Um ein höchstmögliches Niveau zu gewährleisten, wird nur wer sprachlich und sozial geeignet ist, in einer regulären Schulklasse oder einer Berufsschule beschult. Dank eines höchst ausdifferenzierten Schulsystems kann das Nachwuchsangebot auf dem Bildungsmarkt systematisch erhoben und entsprechend der Nachfrage in der Wirtschaft optimal auf die spätere Lebensrealität vorbereitet werden. So können Schüler und ihre Eltern frühzeitig eine stabile Lebensplanung vorzeichnen. Im Differenzierungsprozess werden zunächst die besten jungen Almantopier identifiziert, von den herausragenden Lehrern gefördert und mit bewährten Konzepten intensiver Wissensvermittlung in ihrer Leistungsfähigkeit gestärkt. Durch die Trennung von den schwächeren Schulkameraden können sie sich anspruchsvollerem Bildungswissen widmen und müssen sich nicht mit der Banalität gesamtgesellschaftlicher Diversität auseinandersetzen. Die durchschnittlichen Schüler erhalten effiziente Unterstützung bei der Wahl geeigneter Ausbildungswege. Um den schwachen Schülern im späteren Leben eine produktive Aufgabe zuteilen zu können, müssen grundsätzlich zunächst einmal Sekundärtugenden wie Gruppenfähigkeit, Pünktlichkeit, Sorgfaltsliebe, Ordnungssinn und anständiges Verhalten beigebracht werden. Für diese Aufgabe benötigen Lehrer weniger akademische Abschlüsse als ein zielführendes Instrumentarium, um unübersichtlichen Situationen ohne überbordenden bürokratischen Aufwand zügig Herr werden zu können. Die natürliche, ordnende Autorität der Lehrer ist – und das gilt für alle Leistungsklassen – der Schlüssel zu erfolgreicher Bildungsarbeit. Lehrer im Ruhestand übernehmen die Rolle von Mentoren für junge Kollegen, damit diese möglichst schnell ihrer Rolle gerecht werden können und bei der Kulturlehre über die Generationen hinweg möglichst wenig Verlust eintritt. So kann zudem gewährleistet werden, dass weder pseudowissenschaftliche Lerninhalte noch Frühsexualisierung die Kinder vom richtigen Weg abbringt. Sexualität gehört für die Almantopier ins Ehebett. Diese Handhabung hat sich historisch absolut bewährt und das natürliche Verhältnis von Frauen zu ihrer Reproduktionsfunktion geschützt. Bezüglich der Gretchenfrage sind die Almantopier sehr tolerant. Wie bei allen anderen privaten Angelegenheiten spielt auch bei der Religionsausübung lediglich die Konformität mit dem Empfinden des Nationalvolkes die entscheidende Rolle.
„Ob allerdings der Ruf nach Vollendung – man kann ihn das gottlose Gebet der Poesie nennen – auch nur einigermaßen praktisch wird und nicht bloß im ästhetischen Vor-Schein bleibt, darüber wird nicht in der Poesie entschieden, sondern in der Gesellschaft.“ (Bloch, Ernst (1959): Das Prinzip Hoffnung. In fünf Teilen. 10. Aufl. 3 Bände. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S.249)
Anmerkung: Dies ist eine wahre Prognose. Die in diesem Vor-Schein dargestellten Verhältnisse beruhen auf einem Wahlprogramm, das im Jahr 2019 in Thüringen zirkulierte. Auf Wunsch der Autoren bleibt die dazugehörige Partei unerwähnt. Aus Respekt vor den Opfern wachsender Wahlerfolge wurde der Rest der Geschichte genau so erzählt, wie sie sich zutragen kann. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht beabsichtigt …
Zur Autorin: Annabella Tschauner ist Autorin und entreißt mit Vorliebe Rechten ihre harmlos aussehende Maske, um die darunterliegenden autoritären und menschenverachtenden Züge freizulegen.
Über diesen Bildungsblog
Friedrichs Bildungsblog ist der bildungspolitische Blog der Friedrich-Ebert-Stiftung. Friedrich Ebert ist nicht nur Namensgeber der Stiftung.
Sein Lebensweg vom Sattler und Sohn eines Schneiders zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Deutschlands steht für Aufstieg durch Bildung.
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Katja Irle, Redaktionelle Betreuung des Blogs, Bildungs- und Wissenschaftsjournalistin
Lena Bülow, Team Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung
Florian Dähne, Leiter Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung
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