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Mein Name ist Lucia Wagner und ich habe im März 2021 mein Abitur gemacht, also im 21. Jahrhundert. Hätte man mich vor einem halben Jahr gefragt, was Schule im 21. Jahrhundert vermitteln muss, hätte ich Ihnen eine kilometerlange Liste aufgezählt an Dingen, die ich nicht weiß und gerne noch beigebracht bekäme, bevor ich die Schule verlasse.
Bild: Lucia Wagner von Privat
Von Lucia Wagner
Mein Name ist Lucia Wagner und ich habe im März 2021 mein Abitur gemacht, also im 21. Jahrhundert. Hätte man mich vor einem halben Jahr gefragt, was Schule im 21. Jahrhundert vermitteln muss, hätte ich Ihnen eine kilometerlange Liste aufgezählt an Dingen, die ich nicht weiß und gerne noch beigebracht bekäme, bevor ich die Schule verlasse. So richtig aufs Leben vorbereitet hat sich glaube ich die ganze Oberstufe lang niemand gefühlt. Es gab kaum Praxisbezug und nicht einmal von so alltäglichen Dingen wie Steuererklärung, Kindergeld, Mietvertrag hatten wir eine Ahnung. Zukunftsperspektiven und Planungssicherheit gibt es in der Pandemie sowieso nicht. Und jetzt sitze ich hier, einige Wochen nach meinem Abitur und fühle mich doch nicht so unsicher und unvorbereitet. Klar, ich habe immer noch keine Ahnung, wie man eine Steuererklärung macht und wann das Kindergeld ausläuft, aber rückblickend hat die Schule schon einen guten Job gemacht, glaube ich. Ich weiß bei Weitem nicht, wie alles funktioniert, aber ich weiß, wo ich mich dazu informieren kann, wenn es relevant wird und ich kann mein Leben selbstbestimmt in die Hand nehmen. Und das ist der springende Punkt, denke ich. Darauf kommt es an – und wird es auch in Zukunft ankommen.
Es gibt viele Kompetenzen, die jetzt schon in der Schule gelehrt werden, aber ich denke, dass allgemeine Kompetenzen wie Kritisches Denken, Fake News erkennen, Quellen aus- und bewerten, logisches Schlussfolgern, sicheres Deutsch in Schrift und Sprache sowie ein grundlegender Knigge auch in Zukunft wichtig, wenn nicht sogar wichtiger sein werden.
Mein Input bezieht sich mehr auf inhaltliche als auf strukturelle Dinge im Schulsystem – auch wenn es in Bezug darauf sicher auch großen Überarbeitungsbedarf gibt.
praktisch
Ich weiß, dass das für viele nicht das ist, was unter den Bildungsbegriff fällt, ich denke aber trotzdem, dass Schule einen aufs Leben vorbereiten sollte und dazu gehören eben auch die bereits genannten Dinge wie Steuern, Mietvertrag, Kindergeld etc. Alles Dinge, die keine fachliche Verankerung brauchen und sicher einfach im Rahmen von ein oder zwei Projekttagen kurz abgearbeitet werden könnten, aber so vielen jungen Menschen Sicherheit geben würden.
global/digital/fortschrittlich
Ich gehe davon aus, dass im Zuge der fortschreitenden Globalisierung Englisch und vielleicht auch andere Sprachen wie z.B. Chinesisch eine große Rolle spielen werden. Neben dem einfachen Spracherwerb, halte ich es daher auch für wichtig, kulturellen Austausch z.B. in Form von Schulaustauschen zukünftig stärker zu fördern.
Schule muss weg von ihrem eurozentrischen Denken und Lehren. Lehrpläne vor allem in Geschichte und Sozialkunde werden über Europa hinausschauen müssen und u.a. auch wirtschaftliche und globale Zusammenhänge in den Blick nehmen müssen.
Im Zeitalter der Digitalisierung werden natürlich auch Computer- und Technikskills wichtiger werden und daher verstärkt in der Schule verankert werden müssen. Hinzu kommen Businesssoftskills, wie Netzwerken, Leadership u.ä.
Eine weitere Idee, vielleicht auch nur ein Hirngespinst, aber wenn ich an die Zukunft denke, dann geht es um Raketen, Weltraumkolonialisierung u.v.m. und da stellt sich mir die Frage, ob nicht vielleicht auch Astronomie eine größere Rolle in der Schule spielen sollte.
Fortschrittlich heißt aber auch modern und aufgeklärt. Wenn wir in Zukunft eine offene, bunte Gesellschaft haben wollen, müssen wir das den Kindern schon früh beibringen. Hierunter würden zum Beispiel eine Überarbeitung der Sexualkundelehrpläne und die Thematisierung von mental health fallen.
Bei allem Fortschritt ist es aber genauso wichtig, Grundlegendes nicht aus den Augen zu verlieren. Hier denke ich an Demokratiebewusstsein, das u.a. durch praktische Mitbestimmung in der Schule (z.B. Stärkung der SV-Arbeit) gefördert werden könnte und politischem Extremismus entgegenwirken soll. Es wird wichtig, richtige Debatten führen zu können, statt verhärtete Fronten aufeinander zu hetzen.
Und ein Thema, das aktuell schon viel zu kurz kommt, aber in Zukunft noch gehörig an Bedeutung gewinnen wird, ist der Klimaschutz. Schule muss den Klimawandel wesentlich stärker thematisieren, Bewusstsein für die Gefahren auf allen Ebenen schaffen, konkrete Handlungsmöglichkeiten besprechen und womöglich bereits selbst ansetzen.
kreativ/individuell
Wenn alles automatisiert ist, bleibt das, was uns von Maschinen unterscheidet, unter anderem unsere Kreativität. Diese muss Schule stärken, statt sie kleinhalten zu wollen. Denken outside the box, Gründergeist, Individualität und persönliche Stärken fördern. Schule soll Schülerinnen und Schülern helfen, ihre Persönlichkeit auszubilden, sie zu sozialen, verantwortungsvollen Menschen erziehen.
Lucia Wagner hat im März 2021 Abitur gemacht. Während ihrer Schulzeit hat sie sich auf lokaler, landes- und bundesweiter Ebene in der Schüler:innenvertretung engagiert. Aktuell jobbt sie im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium und beginnt zum Wintersemester ihr Psychologiestudium.
Über diesen Bildungsblog
Friedrichs Bildungsblog ist der bildungspolitische Blog der Friedrich-Ebert-Stiftung. Friedrich Ebert ist nicht nur Namensgeber der Stiftung.
Sein Lebensweg vom Sattler und Sohn eines Schneiders zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Deutschlands steht für Aufstieg durch Bildung.
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Katja Irle, Redaktionelle Betreuung des Blogs, Bildungs- und Wissenschaftsjournalistin
Lena Bülow, Team Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung
Florian Dähne, Leiter Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung
Wenden Sie sich bei Ideen und Vorschlägen für Blogbeiträge gerne an florian.daehne(at)fes.de
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