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Friedrichs Bildungsblog

Fan von Dir, Fan von Mir, Fan von Chancengleichheit

Mittlerweile hat das Thema Sport und Gleichberechtigung Einzug in die Schule erhalten. In der Förderung von Mädchen im Sport spielen sowohl sport- als auch bildungspolitische Aspekte zusammen.

Bild: von Anna Winkler

Sportpolitisch geht es um die Sicherung und Erhöhung des Sportengagements von Mädchen, bildungsbezogen sollten Mädchen anhand angemessener Sportpraxis für ein Engagement im Sport begeistert werden.

Vom 24. bis 26. Oktober 2019 stand das zweite Leadership-Netzwerktreffen für Frauen im Fußball an, organisiert vom Deutschen Fußball Bund (DFB). Vorausgegangen ist das 2017 beendete Leadership-Programm, an dem 24 ausgewählte Frauen aus den 21 Landesverbänden teilnahmen. Haben Sie schon einmal von einem Leadership-Netzwerktreffen für Männer im Fußball gehört? Nein? Wir auch nicht. Das hat auch einen guten Grund: Sport und vor allem Fußball sind nach wie vor Männerdomänen, so dass es den Zusatz „für Männer“ nicht Bedarf. Doch es gibt gute Gründe, warum solche Angebote speziell für Frauen durchaus Sinn machen.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Dass der Frauen- und Männeranteil sich nicht die Waage hält ist kein rein auf den Sport bezogenes Problem. Trotzdem ist es im Sport in vielerlei Hinsicht auffällig – auf diversen Ebenen. Wer einen Blick auf die Trainerbänke der Top-Mannschaftssportligen wirft, wird dort wenige bis keine Frauen finden, selbst in den Frauenligen. Im Männerfußball hat es sogar bis zur Saison 2018/19 gedauert, dass mit Imke Wübbenhorst und Inka Grings zum ersten Mal Frauen Männermannschaften auf einem höheren Niveau trainiert haben – in der vierten bzw. fünft-höchsten Liga wohlgemerkt.

Auch bei den Olympischen Spielen finden wir solche Ungleichheiten. Auf den ersten Blick sind die Spiele der Inbegriff für Gleichberechtigung. Es treten Männer und Frauen aus der ganzen Welt an. Doch es dauerte bis 2016, bis der Anteil von Frauen mit 45 % fast ausgeglichen war. Ebenfalls bemerkenswert: 2012 war das erste Jahr, in dem es Frauen erlaubt war, an jeder Sportart, die im Olympischen Programm steht, auch teilzunehmen.

An den Olympischen Spielen zeigt sich zudem noch ein ganz anderes Problem: Die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) schreibt in ihrer Olympic Charter, dass es ihnen wichtig ist, Frauen zu stärken und zu unterstützen. Sowohl im Sport als auch strukturell, um mehr Gleichheit zwischen Männern und Frauen herzustellen. Dieses Ziel haben sie auch noch einmal in ihrem Reformprogramm, der „Agenda 2020“ betont. Die Wahrheit ist jedoch eine andere. Momentan sind nur 36 von 105 IOC Mitgliedern weiblich. Ein hohes Amt haben die Wenigsten von ihnen inne und wenn, dann eher in Ressorts mit wenig Geld und Macht, die zudem eher weiblich konnotiert sind, wie Bildung und Jugend.

Doch nicht nur im Profisport ist Benachteiligung von Frauen ein Thema. Von Aussagen wie „Ach, jetzt ist auch ein Mann in der Runde, dann kann ich ja jetzt meine Sportfrage stellen“ bis hin zu der Frage „Hast du ein Problem mit frauenfeindlichen Sprüchen auf der Arbeit?“ bei einem Vorstellungsgespräch bei einem Profi-Fußballteam, haben wir selbst auch schon fast alles erlebt.

Von den jeweiligen Stärken profitieren

Wie alleine an diesen Beispielen zu erkennen ist: Auf dem Weg zur Gleichberechtigung gibt es noch viel zu tun. Doch es gibt Hoffnung. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, dass viele Organisationen erkannt haben, dass für mehr Gleichberechtigung zu sorgen überhaupt ein Thema ist. Viele Sportverbände haben mittlerweile eigene Ressorts dafür aufgebaut, auch wenn das Beispiel des IOC zeigt, dass dies alleine nicht reicht. Was vielen nicht so bewusst ist: Frauen, die eine Führungsposition anstreben, brauchen eine bestimmte Ausbildung. Gerade die Aufgabe, Führungsstärke und Authentizität miteinander im Einklang zu bringen, ist keine einfache. Viele Eigenschaften, die mit Führungsstärke in Verbindung gebracht werden, gelten als eher männlich. Wenn eine Frau sich also sehr feminin gibt, wird sie gerne als Barbie oder schwach angesehen oder aber schlicht auf ihr äußerliches reduziert. Gibt sie sich aber betont männlich, gilt sie als hart, unnahbar, wütend, oder unauthentisch. Nur als führungsstark gilt sie nicht. Auf diese Herausforderung müssen Frauen vorbereitet werden, ohne dabei ihrer eigenen Stärken beraubt zu werden, denn viele Studien zeigen, dass Unternehmen gerade durch eine Diversität verschiedener Herangehensweisen profitieren, da sie dadurch z.B. flexibler bei Problemlösungen werden. Heißt im Klartext: Ein Unternehmen ist dann am stärksten, wenn sowohl Frauen als auch Männer in Führungspositionen sitzen.

Das Potenzial des Empowerments in der Bildungsarbeit

In der Förderung von Mädchen im Sport spielen sowohl sport- als auch bildungspolitische Aspekte zusammen: Sportpolitisch geht es um die Sicherung und Erhöhung des Sportengagements von Mädchen, bildungsbezogen sollten Mädchen anhand angemessener Sportpraxis für ein Engagement im Sport begeistert werden.

Mittlerweile hat das Thema Sport und Gleichberechtigung Einzug in die Schule erhalten. Daher sollte es auch im Sportunterricht heutzutage darum gehen, Geschlechterstereotype aufzubrechen. Eine Möglichkeit wäre es, Unterrichtsgegenstände zu finden, die noch nicht mit traditionellen Geschlechterstereotypen behaftet sind. Trendsportarten wie Parcours, Headis (Tischtennis mit größerem Ball und mit dem Kopf) oder Slacklining bieten sich hier an. Zudem müsse das Thema stärker in der Ausbildung der Lehrkräfte berücksichtigt werden: Sobald Lehrkräfte eine gewisse Sensibilität bezüglich Geschlechterstereotypen haben, wäre immerhin schon mal ein erster Schritt gemacht.

Ein weiteres bildungspolitisches Tool neben dem regulären Schulunterricht sind zudem Arbeitsgemeinschaften (AG). Die Schiedsrichter AG in Rathenow ist hierbei ein Leuchtturmprojekt: Engagierte Schüler_innen werden in der AG als Schiedsrichter_innen ausgebildet und lernen dabei neben praktischem Wissen auch einen toleranten Umgang auf dem Spielfeld. Zudem wird das Engagement junger Schiedsrichterinnen gestärkt und Geschlechterrollen aufgebrochen.

Auch der DFB hat mit dem Junior-Coach ein Programm etabliert, welches fußballbegeisterte Jungen und Mädchen ausbildet, sodass sie eigenständig Fußball-Arbeitsgemeinschaften an ihrer eigenen oder einer kooperierenden Schule leiten und das Training von Nachwuchsmannschaften in Vereinen koordinieren. Die Ausbildungsschule unterstützt die Schüler_innen dabei, Werte wie Respekt, Toleranz, Disziplin, Fairness und Pflichtbewusstsein zu verinnerlichen und auszubauen sowie ein gezieltes und qualitativ hochwertiges Fußballangebot im außerunterrichtlichen Schulsport in der Schule zu implementieren.

Von Frauen für Frauen

Mit dem oben genannten Leadership-Programm für Frauen hat der DFB einen weiteren Schritt in die richtige Richtung gemacht, denn er hat erkannt, dass man engagierten Frauen im Sport die Hand reichen muss, statt sie alleine gegen alle Widerstände kämpfen zu lassen. Doch nicht nur die Frauen, sondern auch der DFB selbst profitiert. Bereits kurz nach dem Programm wurden fünf Teilnehmerinnen in DFB-Gremien und -Kommissionen berufen und weitere Teilnehmerinnen übernahmen auf Landesverbandsebene verantwortungsvolle Positionen in Verbandsgremien. Mittlerweile haben fast alle Landesverbände mit einem eigenen Leadership-Programm nachgezogen. Und auch auf Schulebene tut sich derzeit viel, um Geschlechter-Klischees zu unterbinden und Mädchen im Sport zu empowern.

Nicht zu unterschätzen ist auch der Netzwerk-Faktor, daher ist eine Follow-Up Veranstaltung wie das Netzwerktreffen des DFB eine wichtige Veranstaltung. Oft ist es hilfreich, sich gegenseitig auszutauschen: Welche positiven Erfahrungen haben andere gemacht? Welche negativen? Was sind Best-Practice Strategien? Einen ähnlichen Netzwerk-Ansatz verfolgt auch die LadiesCom, die vom Landessportbund NRW initiiert wird. Diese Veranstaltung zielt auf Frauen ab, die im Sportehrenamt tätig sind und gibt ihnen die Gelegenheit, sich zu vernetzen, fortzubilden und untereinander auszutauschen. Um das zu ermöglichen, bietet die LadiesCom Workshops, Diskussionen sowie Impulsvorträge an.

Auch uns, Lisa Kalina und Lisa Steffny, ist der Netzwerkgedanke sehr wichtig, und genau deswegen haben wir unseren Blog „Fan von DIR“ ins Leben gerufen. Wir wollten uns nicht länger bloß darüber beschweren, was besser laufen muss, sondern wollten und wollen noch immer aktiv einen Beitrag für mehr Chancengleichheit leisten. Unser Blog hat es daher zur Aufgabe, Frauen im Sport ihre Geschichte erzählen zu lassen und zu zeigen, dass niemand sich allzu schnell von Rückschlägen aus der Bahn werfen lassen sollte. Doch unsere Erfahrung zeigt auch, dass es hier noch viel Potenzial nach oben gibt. Zwar gibt es einige Blogs, Zeitungen, Organisationen, Ressorts, etc., die Frauen empowern wollen, doch der Austausch untereinander ist zu gering. Es müsste viel mehr miteinander gearbeitet werden, anstatt dass jede nur ihr eigenes Süppchen kocht.

Nicht nur Frauensache

Obwohl Angebote speziell für Frauen wichtig sind, vor allem auf den Weg in Richtung Führungspositionen, sollten sie nur als Ergänzung und nicht ausschließlich angeboten werden. Gerade in der Lernphase ist der Austausch zwischen beiden Geschlechtern wichtig, denn nur so können verschiedene Blickwinkel kennengelernt und weiterentwickelt werden. Daher sollten nach wie vor allgemeine Angebote wie Trainerscheine etc. für beide Geschlechter offengehalten werden, denn es ist die eine Sache in der Theorie zu lernen, dass man als Frau alles schaffen kann und eine ganz andere, sich tatsächlich als Frau zu behaupten. Außerdem ist nicht jede Frau gleich, denn manche wünschen sich mehr Anleitung als andere. Daher wäre es falsch, jeder Frau vorzuschreiben, dass sie ausschließlich Veranstaltungen speziell für Frauen besuchen sollte, da manche sich bewusst gegen solche Angebote entscheiden – und das ist ihr gutes Recht. Somit müssen Bildungsanbieter sowie Bildungsträger die Balance finden, Hilfestellung durch Angebote zu geben, ohne dabei die Frauen zu sehr abzuschotten und damit wieder einen Schritt zurück zu machen.

Generell gilt: Gleichberechtigung ist nichts, was von heute auf morgen funktionieren kann. Dafür waren viele Bereiche zu lange in männlicher Hand. Gleichberechtigung heißt auch nicht, dass Frauen einfach die Macht an sich reißen und Männer verdrängen sollen, aber genauso wenig, dass Männer kampflos ihre Position räumen sollen und willkürlich Frauen ihren Platz einnehmen. Für uns ist Gleichberechtigung etwas anderes. Auf der einen Seite müssen Männer lernen, dass Frauen keine „Eindringlinge“ sind und auch mehr, als nur schön anzusehen, sondern viele fachlich gut ausgebildet sind und somit eine echte Bereicherung sein können. Auf der anderen Seite dürfen Frauen sich auch nicht auf ihrer Opferrolle ausruhen oder allzu schnell entmutigen lassen, denn es braucht mutige Vorreiterinnen. Daher sollte sich jede selbst hinterfragen: Was will ich? Was kann ich? Und dann den Mut haben, ihren Weg zu gehen und notfalls bereit sein, dafür zu kämpfen. 

Jedoch darf man unserer Meinung nach nicht den Fehler machen, Gleichberechtigung so auszulegen, dass Männer und Frauen tatsächlich gleich sind, denn das sind sie nicht. Beide haben andere Stärken und andere Schwächen. Entsprechend brauchen beide andere Bildungsangebote, denn statt sich auf die jeweiligen Schwächen einzuschießen, sollten die Stärken weiter gefördert werden, um somit das Beste aus beiden herauszuholen. Doch damit das gelingt, braucht es offene Männer, mutige Frauen und progressive Institutionen und Bildungsprogramme. 

 

Lisa Steffny studiert im Master „International Sport Development and Politics“ an der Deutschen Sporthochschule in Köln und ist sowohl als Spielerin als auch als Trainerin im Fußball aktiv.

Lisa Kalina studiert ebenfalls „International Sport Development and Politics“ an der DSHS und ist Handballerin.

Gemeinsam haben sie im April 2019 den Sportblog „Fan von DIR“ gegründet (www.fanvondir.de; @fanvondirblog) gegründet.



Über diesen Bildungsblog

Friedrichs Bildungsblog ist der bildungspolitische Blog der Friedrich-Ebert-Stiftung. Friedrich Ebert ist nicht nur Namensgeber der Stiftung.

Sein Lebensweg vom Sattler und Sohn eines Schneiders zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Deutschlands steht für Aufstieg durch Bildung.

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Katja Irle, Redaktionelle Betreuung des Blogs, Bildungs- und Wissenschaftsjournalistin 

Lena Bülow, Team Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung

Florian Dähne, Leiter Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung

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