Friedrichs Bildungsblog

SPEZIAL GANZTAG: Mehr Mitwirkung und Beteiligung für Schüler_innen im Ganztag?

Die Ganztagsschule ist ein Ort, an dem Schüler_innen ohne Druck und mit einer engmaschigen Begleitung lernen können. Klassischer Unterricht wechselt sich ab mit außerschulischen Angeboten, Kreativangebote und Sportangebote sind frei verfügbar. Durch die längere gemeinsame Zeit wird der Unterricht abwechslungsreicher und es entsteht Zeit für neue Lernerfahrungen. Soweit der Wunsch.

Bild: Jette Nietzard von privat

Durch dieses Mehr an gemeinsamer Zeit könnten Schüler_innen mehr in Prozesse an der Schule eingebunden werden und ihren Lern- und Lebensort selbst gestalten. Es könnte eine stärkere Verankerung der Schüler_innenvertretung geben, einen lebendigeren Austausch mit der ganzen Schule oder Zeit für den Klassenrat. Zeit für Diskussion und Demokratie. Räume für das Entwickeln und Ausprobieren neuer Ideen können entstehen.

Doch zu oft kommen Schulen über das „Könnten“ nicht hinaus. Auch die Ganztagsschule ist keine Garantie für implementierte Beteiligung und gelebte Mitbestimmung. Vieles steht und fällt mit der Anzahl der Pädagog_innen und deren Haltung, dem Engagement der Schulgemeinschaft und natürlich auch den räumlichen und finanziellen Ressourcen. Hier braucht es eine gesicherte Finanzierung über das absolut Nötigste hinaus. Schließlich geht es um die Bildung der zukünftigen Generationen und diese sollte dem Staat viel wert sein.

Wir vom SV-Bildungswerk erhoffen uns von Ganztagsschulen ein längeres gemeinsames Lernen in heterogenen Lerngruppen, welches die Schüler_innen am Ende dazu befähigt, ihr Leben bestmöglich bestreiten zu können. Kinder und Jugendliche sollten ihre eigenen Erfahrungen machen, etwa durch freiere Lernkonzepte, die Ganztagsschulen oft ermöglichen. Wir sehen es als sehr positiv an, dass beispielsweise durch AGs die individuellen Interessen der Schüler_innen besser berücksichtigt werden können.

Das kann aber nicht alles sein. Wir finden, dass Schüler_innen ihren Bildungsweg stärker mitbestimmen sollten. Die Förderung von Chancengerechtigkeit ist einer der wesentlichen Ansprüche, die wir an die Ganztagsschule stellen. In Deutschland entscheidet die soziale Herkunft über unseren Bildungserfolg. Die Ganztagsschule ist ein wichtiger Ort, an dem dieser Segregation entgegengewirkt werden kann, indem kostenlose AGs, Hausaufgabenhilfe und eine individuelle Lernbegleitung jedem Kind, unabhängig vom Kapital des Elternhauses, zur Verfügung stehen.

Wir brauchen eine stärker implementierte Mitbestimmung von Schüler_innen. Sie müssen Selbstwirksamkeit erfahren und merken, dass die Entscheidungen, die sie treffen, auch umgesetzt werden. Fridays for Future zeigt, wie junge Menschen sich in die Politik einbringen und auch außerhalb der Schule aktiv werden. Schulen müssten diesen Prozess begleiten, mit den Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommen und politische Meinungsbildung vorantreiben. Das oberste Ziel unserer Schulbildung ist doch, dass am Ende demokratische und mündige Menschen die Schulen verlassen.

Jette Nietzard, Bildungswerk für Schülervertretung und Schülerbeteiligung e.V. (SV-Bildungswerk)



Über diesen Bildungsblog

Friedrichs Bildungsblog ist der bildungspolitische Blog der Friedrich-Ebert-Stiftung. Friedrich Ebert ist nicht nur Namensgeber der Stiftung.

Sein Lebensweg vom Sattler und Sohn eines Schneiders zum ersten demokratisch gewählten Präsidenten Deutschlands steht für Aufstieg durch Bildung.

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Katja Irle, Redaktionelle Betreuung des Blogs, Bildungs- und Wissenschaftsjournalistin 

Lena Bülow, Team Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung

Florian Dähne, Leiter Bildungs- und Hochschulpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung

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