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Rückblick auf die digitale Fachtagung vom 17. Mai 2021
Am 17. Mai 2021 organisierte die Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit der IQ Fachstelle Einwanderung/Minor eine digitale Fachkonferenz zum Thema der Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen.
Rund 290 Teilnehmende traten bei dieser Gelegenheit in den Austausch mit den am Programm mitwirkenden Personen. Da aus Zeitgründen nicht alle Fragen und Kommentare zum Thema, die aus dem Publikum formuliert wurden, in der Diskussion aufgegriffen werden konnten, stellen wir auf dieser Seite schriftliche Antworten auf bisher unbeantwortete (anonymisierte) Fragen zusammen.
Somit hoffen wir zu einem weiteren Austausch zwischen dem Fachpublikum und den sachkundigen Expert_innen zu dieser Thematik beizutragen.
Frage: Eine entscheidende Ursache für geringen Anteil von geflüchteten Frauen am Arbeitsmarkt ist nach meinen Erfahrungen als ehemalige Arbeitsvermittlerin im „Integration Point Bonn“ und jetzt als Migrationsberaterin für Erwachsene und Mitarbeiterin der Beratungsstelle Arbeit Bonn beim Caritasverband Bonn) bei Müttern die fehlende Kinderbetreuung. "Arbeitslose" Frauen (denn in diese Kategorie fallen sie) haben deutlich geringere Chancen auf Kitaplätze im Vergleich zu berufstätigen Eltern. Dadurch verlieren sie viel Zeit beim Erwerb von Deutschkenntnissen und bei der beruflichen Integration. Hier sehe ich dringenden Handlungsbedarf der Politik, Kommunen und Kitas.
Antwort der Bundesagentur für Arbeit:
Aus Ihrem Werdegang ist zu ersehen, dass Sie sicherlich die mit Ihrer Frage zusammenhängende Rechtslage kennen. Das Problem besteht in der Tat und ist regional unterschiedlich ausgeprägt. Wünschenswert wäre ein flächendeckendes und ausreichendes Kinderbetreuungsangebot. Die Agenturen für Arbeit (AA) und Jobcenter (JC) sind auf lokaler Ebene und die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit auf Bundesebene (BA) mit dem BMFSFJ in ständigem Austausch um die Bedarfe aufzuzeigen. Die Entscheidung Kinderbetreuungsplätze zu schaffen und deren Besetzung liegt nicht in der Zuständigkeit der BA.
Frage: Die Jobcenter interpretieren § 10 Abs. 1 Nr. 3 (SGBII) häufig so, dass sie für Mütter von Kindern unter drei Jahren keine Eingliederungsleistungen zu erbringen haben. Beispiel: Dem geflüchteten Ehemann wird die Zeugnisbewertung bei der ZAB vom Jobcenter finanziert; seiner Frau, die ebenfalls studiert hat, wird das nicht finanziert, solange das Kind unter drei ist. So leisten die Jobcenter einen Beitrag zur Schlechterstellung der Frauen.
Das Statement wird in den zuständigen Fachbereich in der BA-Zentrale weitergeleitet. Grundsätzlich können Einzelfälle ohne Kenntnis des gesamten Vorgangs nicht beantwortet werden. Eingliederungsleistungen sind i.d.R. Ermessensentscheidungen. Sollten Kundinnen und Kunden mit Entscheidungen zu gestellten Anträgen nicht einverstanden sein, steht Ihnen der Rechtsweg in Form eines Widerspruchs offen.
Frage: Wir stehen in der Begleitung von geflüchteten Frauen und Migrantinnen vor vielen strukturellen Herausforderungen: Beispiel: Die schulische Qualifikation von erwachsenen geflüchteten Frauen über den Hauptschulabschluss hinaus wird häufig vom Jobcenter nicht genehmigt, sprich Leistungen werden nicht weitergezahlt, somit verunmöglicht dies einen höheren Schulabschluss. Mangelndes Interesse und Unterstützung der Jobcenter für Qualifikation entsprechend der Potentiale der Migrantinnen führen zu Ausbildungsabbrüchen, Niedriglohnsektor und fehlenden Perspektiven der Frauen. Weitere strukturelle Probleme: Es gibt deutlich zu wenig Angebote für das Nachholen der Schulabschlüsse besonders im ländlichen Raum und viel zu wenig Teilzeitausbildungen (für Mütter teilweise wird dadurch die Ausbildung kaum organisierbar) Was tun Sie dagegen?
Das Statement wird in den zuständigen Fachbereich in der BA-Zentrale weitergeleitet.
Grundsätzlich gilt, dass die Jobcenter an die entsprechenden gesetzlichen Regelungen bei der Förderung aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gebunden sind. Die oft fehlende Angebots- und Trägerstruktur im ländlichen Raum ist für die Förderung der Kundinnen und Kunden für die Dienststellen vor Ort häufig ein Problem, da nur vorhandene und förderfähige Angebote genutzt werden können. Das Angebot von Teilzeitberufsausbildungen ist nicht alleine von Seiten der AA und JC beeinflussbar, sondern ist abhängig von interessierten Arbeitgeber*innen und der Flexibilität der Berufsschulen.
Frage: Netzwerkarbeit wird auch immer als zentraler Faktor für erfolgreiche Arbeitsmarktintegration benannt, aber es gibt hier selten institutionalisierte Formate. War die Netzwerkarbeit bei den sieben für Ihre Fallstudie befragten JCs institutionalisiert? Wie wurde sich vernetzt und mit welchen Akteur*innen?
Antwort der IQ Fachstelle Einwanderung/Minor:
Die im Rahmen der Fallstudie ausgewählten Jobcenter und Agenturen für Arbeit kooperieren mit diversen Netzwerkpartner*innen aus Verwaltung, Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft (u. a. Ausländerbehörden, Jugendämter, Kommunale Stellen im Bereich Integration und Migration, Bürgermeister*innen, Bildungs- und Sprachkursträger, Wohlfahrtsverbände, Migrant*innenselbstorganisationen, Familienzentren, Ehrenamtliche, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern und Wirtschaftsverbände). Die unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit und Kooperation, deren inhaltlich Gestaltung sowie die damit verbundenen Herausforderungen werden in Kapitel 4 der Fallstudie detailliert dargestellt. Bezüglich der Formate werden unterschiedliche Ansätze verfolgt. So haben einige der Einrichtungen die Zusammenarbeit mit einzelnen Akteur*innen auf eine schriftliche Basis gestellt, andere bevorzugen mündliche Absprachen, da ihnen diese mehr Flexibilität bieten. Neben Einzelfallbesprechungen geht es in der Zusammenarbeit mit Netzwerkpartner*innen auch um die Klärung grundsätzlicher strategischer Fragen, z. B. in Bezug auf die Entwicklung passgenauer Angebote und Maßnahmen.
Frage: Von welchen Erfahrungen berichteten die an der Studie teilgenommen JobCenter (JC), über das Thema erhöhter zeitlicher Rahmen für Beratung von geflüchteten Frauen? Meine persönliche Erfahrung aus der Arbeit eines Bildungsträgers: Es braucht mehr Zeit und Raum für Beratung. Aus Erfahrungsberichten von Frauen aus den JC hört man oftmals, dass in der Beratung in den JC nicht in die Tiefe gegangen wird, weil eben die Zeit fehlt. Hatten die von Ihnen befragten JC andere Rahmenbedingungen?
Dass die Beratung geflüchteter Frauen hinsichtlich beruflicher Möglichkeiten und Perspektiven aus diversen Gründen häufig zeitintensiv ist, die benötige Zeit jedoch nicht immer ausreichend gegeben ist, wurde seitens der befragten Einrichtungen bestätigt. Zum Teil gab es vor Ort Projekte zur beruflichen Orientierung speziell für Frauen mit Fluchterfahrung, mit denen die Jobcenter eng zusammenarbeiten und in denen mehr zeitliche Ressourcen für Beratung, Coaching und Unterstützung zur Verfügung stehen. Seitens der befragten Jobcenter wurde diese Zusammenarbeit als sehr zielführend bzgl. der verbesserten Arbeitsmarktintegration der Teilnehmerinnen beschrieben. Bemängelt wurde in diesem Kontext die oftmals kurze Laufzeit der jeweiligen Angebote.
Frage:Wie viele Ausländer haben im Rahmen dieses Gesetzes einen Antrag auf Arbeitserlaubnis gestellt?
Antwort des BMAS:
Zunächst eine Vorbemerkung: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat das deutsche Aufenthaltsrecht mit dem Ziel geändert, mehr qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten (insbesondere auch solchen mit einer qualifizierten Berufsausbildung) den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat einen einheitlichen Fachkräftebegriff etabliert – zu den Fachkräften zählen nicht nur Hochschulabsolventen sondern auch Personen, die eine qualifizierte und in Deutschland anerkannte Berufsausbildung abgeschlossen haben. Maßgeblich für die Ermittlung der Anzahl der eingewanderten Fachkräfte ist die Anzahl der erteilten Aufenthaltstitel an Fachkräfte (Visum, Aufenthaltserlaubnis oder Blaue Karte), da neben dem Aufenthaltstitel keine separate Arbeitserlaubnis erteilt wird. Der größte Teil der Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Beschäftigung als Fachkraft wird von den Drittstaatsangehörigen im Ausland gestellt und dort von der jeweils zuständigen deutschen Auslandsvertretung geprüft. Aber auch im Bundesgebiet werden zahlreiche Anträge von Drittstaatsangehörigen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zwecks Beschäftigung als Fachkraft bei den zuständigen Ausländerbehörden gestellt – meist von denjenigen Drittstaatsangehörigen, die in Deutschland eine Berufsausbildung oder ein Studium erfolgreich abgeschlossen haben und im Anschluss eine Beschäftigung aufnehmen möchten.
Nun zur eigentlichen Frage: Im Zeitraum 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 sind von den deutschen Auslandsvertretungen rund 30.000 Visa an Fachkräfte und Auszubildende erteilt worden (darunter u.a.: 14.462 Visa an Fachkräfte mit akademischer Ausbildung, 2.268 Visa an Fachkräfte mit Berufsausbildung; 2.838 Visa an Drittstaatsangehörige zur Nachqualifizierung zwecks Berufsanerkennung, 4.179 Visa an Forscher/Wissenschaftler, 241 Visa an IT-Fachleute ohne formalen Berufsabschluss, 3.463 Visa an Auszubildende). Die Ablehnungsquote bei den Anträgen auf Erteilung eines Fachkraft-Visums lag in diesem Zeitraum bei ca. 6 %. Die Anzahl der vom 1. März 2020 bis 31. Dezember 2020 erteilten Visa ist vergleichbar mit der Anzahl an Fachkräften, die in den Jahren 2017, 2018 und 2019 jeweils insgesamt nach Deutschland eingereist sind.
Zu den direkt im Ausland gewonnenen Fachkräften müssen Drittstaatsangehörige hinzugerechnet werden, die nach dem erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Studiums in Deutschland nunmehr eine Beschäftigung im Bundesgebiet aufgenommen haben. Hierfür liegen Zahlen für den Zeitraum 1. März 2020 bis 30. September 2020 vor: 1.954 Ausbildungsabsolventen und 3.214 Studienabsolventen aus Drittstaaten wurde in diesem Zeitraum ein Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung erteilt.
Frage: Wie bewerten Sie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz?
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist ein sehr gutes und zielgerichtetes Regelungswerk, mit dem qualifizierte Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern in geordneten und zügigen Verfahren nach Deutschland kommen können. Das Gesetz leistet einen wichtigen Beitrag zur Deckung des Fachkräftebedarfs der deutschen Wirtschaft. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist trotz der Coronavirus-Pandemie gut angelaufen. Das zeigt nicht nur die Anzahl der an Fachkräfte erteilten Visa. Vielmehr haben inzwischen schon mehrere Bundesländer eine Anregung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aufgegriffen und zentrale Ausländerbehörden eingerichtet, die auf Fragen der Fachkräfteeinwanderung spezialisiert sind. Auch das im Fachkräfteeinwanderungsgesetz verankerte neue Instrument des beschleunigten Fachkräfteverfahrens wird in der Praxis zunehmend genutzt. In diesem Verfahren können Arbeitgeber für ihre künftigen Fachkräfte bei der Ausländerbehörde im Inland eine Vorabzustimmung für das Einreisevisum beantragen. Die beteiligten Behörden (Anerkennungsstellen, Bundesagentur für Arbeit und Auslandsvertretungen müssen dann innerhalb vorgegebener Fristen entscheiden). Insgesamt ist durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Aufmerksamkeit für Deutschland als mögliches Einwanderungsland für qualifizierte Fachkräfte im Ausland gestiegen. Dazu trägt das Portal der Bundesregierung zur Fachkräfteeinwanderung „Make it in Germany“ (www.make-it-in-germany.com) maßgeblich bei. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie konnte das Fachkräfteeinwanderungsgesetz seine Wirkungen allerdings noch nicht voll entfalten. Eine abschließende Bewertung kann daher erst nach dem Ende der Pandemie getroffen werden.
Frage: Besteht Ihrer Ansicht nach weiterhin Fachkräftemangel in Deutschland und falls ja in welchen Branchen besonders?
Auch wenn die Nachfrage nach Fachkräften aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie vereinzelt gedämpft sein mag, besteht der Fachkräftemangel weiterhin – etwa im Bereich Gesundheit/Pflege, im IT-Sektor sowie in der Bau- und Transportbranche. Unsere Demographie und die zunehmende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft können dies in den kommenden Jahren verschärfen. Deshalb hat die Bundesregierung auf Grundlage der Fachkräftestrategie der Bundesregierung ein ganzes Bündel von Maßnahmen ergriffen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Dazu zählt in erster Linie die Hebung von inländischem und europäischem Potenzial. Hinsichtlich der Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten hat die Bundesregierung begleitend zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz intensiv an weiteren Maßnahmen zur Verbesserung von Verwaltungs- und Anerkennungsverfahren und zur Ausweitung der Sprachförderung gearbeitet sowie gezielte Werbemaßnahmen im Ausland angestoßen. Auf dem oben genannten Dachportal der Bundesregierung stehen umfassende Informationen für Unternehmen und ausländische Fachkräfte bereit.
Question: On average how much time does the process [of labour marker integration of migrant women in the context of the project] take?
Answer provided by the Swedish Employment Agency:
It often takes a few months from a new jobseeker agrees to take part to the systematic mapping. After 3 months just over 50% of those agreeing to take part have participated in a systematic jobseeker mapping. At that point, we start seeing significant effects on transitions to employment. Effect size keep increasing up to about a year, and during this time jobseekers accumulate caseworker support. After a year, effect sizes seem to stabilize at about 8 percentage points increased employment, and we in parallel see that caseworker support time increase at a much slower rate than previously, indicating that the process is finalized for the majority of the group.
Question: How much time with the jobseeker to map qualifications and how much time to identify a fitting employer.
The systematic mapping takes about an hour per jobseeker. We find that an average jobseeker who do take part in the systematic mapping get in total 40 hours of job search assistance - including administration, employer relationship-building, and follow-up.
Question: Do you "only" match jobseekers or do you also offer jobseekers trainings if they don't have high school diploma or other formal vocational education instead of matching them with employer?
Our support is in the form of job search assistance. Jobseekers are in parallel eligible for training, for validation of existing certificates, for regular education and for the Swedish for foreigners program. This is not part of the support that is offered by Equal entry, but it is sometimes part of what is discussed during the systematic mapping, and (depending on jobseeker individual context) encouraged by program staff.
Ansprechpartnerin in der FES: Susan Javad
Die Pandemie hat die bestehenden Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt noch verschärft. Wer besonders betroffen ist und welche Lehren sich daraus für…
Dazu befragten wir Dr. Tanja Fendel, Co-Autorin eines im Mai 2021 erschienenen WISO Direkt und Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für…
Das schwedische Projekt “Equal Entry” sammelt wissenschaftliche Erkenntnisse zur besseren Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen.
Eine neue FES-Studie richtet zum ersten Mal die Aufmerksamkeit auf die Qualität der Arbeit, die Geflüchtete in den letzten Jahren aufgenommen haben.
Wie können geflüchtete Frauen auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt (noch) besser unterstützt werden?
Bildungs- und Hochschulpolitik Florian Dähneflorian.daehne(at)fes.de Lena Bülowlena.buelow(at)fes.de
Abteilung Analyse, Planung und Beratung Bildungs- und Hochschulpolitik Hiroshimastr. 17 10785 Berlin
Tel.: 030 26935 8323
Die Friedrich-Ebert-Stiftung lädt Bildungsexpert_innen aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Bildungspraxis und Zivilgesellschaft ein.