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„Jetzt werden wir mal wieder sachlich!“ 16 Frauen netzwerken und sammeln Know-How auf ihrem Weg in den Rat

Mehr Frauen in die Räte! Um im nächsten Jahr die Quote von 30% Frauen in den Räten der Kommune zu heben, trafen sich die 16 Teilnehmerinnen zum Seminar "Meine erste Kandidatur" in Dortmund. Lesen Sie hier, wie sich die Kandidatinnen auf die Kommunalwahl 2020 vorbereiten.

Bild: "Kompetenz strahlen alle aus" von FES KommunalAkademie

Bild: "Platz für kluge Gedanken" von FES KommunalAkademie

Bild: Ulrike Matzanke ermutigt zum Engagement von FES KommunalAkademie

Bild: "Wie sieht's in deiner Kommune aus?" von FES KommunalAkademie

„Ich möchte politisch mitgestalten, auch in den Ausschüssen, in denen die Musik spielt!“ „Ich will denen rechts zeigen, dass wir Demokratinnen und Demokraten sind.“ Wie sie ihre Motivation in die Tat umsetzen können, das interessierte die 16 Teilnehmerinnen des Seminars „Meine erste Kandidatur für Frauen“ besonders. Im Kreuzviertel Dortmunds trafen sich die politisch engagierten Frauen, weil sie sich 2020 bei den Kommunalwahlen in NRW zur Wahl stellen wollen.

Soft Skills hinter der Bühne

Mit beiden Beinen standen alle im Leben; als Arzthelferin, Landschaftsarchitektin oder PR-Managerin. Erfahrungen aus der Praxis brachten einige schon mit; als sachkundige Bürgerinnen in Ausschüssen für Bildung und Sport oder auch Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung. Daher war es für Mandy Stalder-Thon, Trainerin für kommunale Mandatsträger_innen, Aufgabe, neben dem kommunalen Handwerk auch die Soft Skills des politischen Alltags hinter und auf der Bühne zu vermitteln. Wie bilde ich ein Netzwerk, das mich unterstützt? Wie komme ich an einen guten Listenplatz? Kann ich mich freistellen lassen?  Eine ganze Bandbreite an Fragen stellten die Frauen am Freitagabend, die Stalder-Thon im Laufe des Seminars beantworten sollte.

Betreuter Parteitag

Die 28jährige Kommunalpolitikerin aus Uedem am Niederrhein weiß, wie schwierig es ist, sich als Frau prominent zu positionieren. So steht die junge Mutter wie viele der Teilnehmerinnen vor der Frage, wie Kind, Beruf und Politik gleichzeitig zu managen sind. „Meine Tochter nehme ich auch schon mal zu Parteitagen mit, da müssen die anderen Teilnehmer_innen halt mit klar kommen“, sagte sie ganz offen. Dabei steht Ratsmitgliedern NRW-weit eine Betreuung für Kinder und zu pflegende Angehörige zu, um Zeit für ihr kommunales Engagement zu haben.  Auch müssen sie vom Arbeitgeber frei gestellt werden, damit sie pünktlich zu Sitzungen erscheinen können.

Reine Frauenrunde zum Netzwerken

Es war den Frauen darüber hinaus  wichtig  zu erfahren, wie sie sich als Kandidatinnen gegen althergebrachte Strukturen durchsetzen können.  Auch hier konnte die Trainerin hilfreiche Tipps geben: „Ruf deine Freundinnen und Freunde aus alten Tagen an und wirb ganz offen für dich. Alle müssen zur Abstimmung erscheinen und das Kreuzchen für dich machen. Und das machen die sicher gern, weil sie dich gut finden.“ Im Alleingang schafft frau es nämlich sicher nicht, ins Amt gewählt zu werden.

Den warmen Juniabend nutzten die Frauen daher nach Feierabend gleich zum Netzwerken und tauschten sich im Biergarten zum aktuellen Geschehen aus. „Noch nie saß ich so lang bei einem Seminar mit anderen Teilnehmerinnen noch zusammen“, war das positiv überraschte Fazit einer Teilnehmerin. Sich zwangslos und frei unterhalten und äußern zu können, war der große Vorteil der reinen Damenrunde, so sahen es viele.

Von Gemeinde zu Gemeinde verschieden

Mit Anträgen, Anfragen und Listenplätzen begann der Seminarsamstag mit den konkreten Aufgaben eines Ratsmitglieds. Dabei lernten die Frauen, dass die Gemeinde häufig finanziell wenig Spielraum hat. Pflichtaufgaben wie Pass- und Ausweisbeantragung oder Einsatz der Feuerwehr sind Pflicht-Aufgaben, die finanziert werden müssen. Da muss der Rat heiß diskutieren, wie viel noch für freiwillige Aufgaben wie Schwimmbadbetrieb oder Wirtschaftsförderung verwendet werden kann. Obwohl vieles in den Gemeindeordnungen der Länder niedergeschrieben ist, lebt die kommunale Arbeit von gelebter Praxis und gewachsenen Traditionen. Was in Gemeinde A so gehandhabt wird, kann in Gemeinde B schon wieder ganz anders laufen.

Wie lerne ich meinen Wahlkreis kennen?

Auch deshalb muss der Wahlkampf gemeindescharf betrieben werden. Wie lerne ich meinen Wahlkreis kennen? Das war auch eine Frage, die sich die Teilnehmerinnen stellten. Wichtig sei, nicht erst zwei Monate vor der Wahl mit Aktionen auf sich aufmerksam zu machen, riet Stalder-Thon. Am besten beginne die politische Kampagnenarbeit schon ein Jahr vor der Wahl. Wie jene aussehen könnte, besprachen die Frauen in kleinen Gruppen. Coole Jutebeutel und praktische Einkaufschips vor dem Supermarkt verteilen, Grillfeste und Kaffee-und-Kuchen-Besuche, aber auch mitlesen und –schreiben in Foren wie „Du bist ein_e Mülheimer_in, wenn…“ helfen, die Wähler_innen frühzeitig kennenzulernen. Aber auch nach der Wahl darf die Kommunikation mit den Bürger_innen nicht einschlafen, denn sonst fühlen die sich nicht ernstgenommen.

Schwafler stellen

Mit Ulrike Matzanke trafen die Frauen am Nachmittag eine weitere Expertin, die ihnen Rede und Antwort stand. 16 Jahre Kommunalpolitik in Dortmund, erste Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaftsförderung seit 50 Jahren, Matzanke weiß, wie frau sich Gehör verschafft. Einige rhetorische Kniffe hatte sie im Gepäck, um auf langatmige, wiederholende Wortbeiträge zu  reagieren: „Einfach als Letzte sprechen, alles knapp zusammenfassen und sagen: ‚Und jetzt werden wir mal wieder sachlich‘… und schon haben Sie die Schwafler gestellt.“ Für eine Geschlechterbalance in den Ausschüssen sorgt eine paritätische Besetzung, die Matzanke mit Mitstreiter_innen durchsetzen konnte. Sie betonte, wie wichtig die Arbeit in der Kommune sei: „Wir sind das Bindeglied zur Politik vor Ort, wir sind die Kümmerer.“ Zuletzt sprach sie den Frauen Mut zu: „Sie haben Meinungen zu Themen und die können Sie auch kundtun. Bleiben Sie einfach authentisch und ehrlich bei sich. Dann kommen Sie weit.“

„Mehr Seminare für Frauen“

Gute Stimmung, tolle Atmosphäre, angenehme Überraschung. So war das Feedback am Samstagnachmittag. „Ich hatte das Gefühl, verstanden zu haben“, war sich eine Teilnehmerin sicher. Etwas mehr Bewegung wünschte sich eine andere, denn bei allem Input kam der physische Ausgleich etwas zu kurz. Jedoch waren sich alle einig, dass die Offenheit in der Gruppe einmalig war. „Mehr Seminare für Frauen“ war der Appell, den die Damen der FES KommunalAkademie mit auf den Weg gaben.


Bildungs- und Hochschulpolitik
Florian Dähne
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Lena Bülow
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Bildungs- und Hochschulpolitik
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