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Dialog – nicht Aufrüstung – sollte die Basis die NATO-Russland Beziehungen werden. Es ist abzusehen, dass der Ukraine-Konflikt die sicherheitspolitische Debatte in Europa über die nächsten Jahre bestimmen wird. Dies wurde nicht zuletzt beim NATO-Gipfel in Warschau deutlich.
Bild: Bild: don’t touch this Urheber: liebeslakritze Lizenz: CC BY-SA 2.0
Euro-Atlantische Militärs und Politiker suchen intensiv nach einer adäquaten Antwort auf das Vorgehen Russlands in der Ukraine und die verstärkten Ambitionen Moskaus in anderen Weltregionen.
Die beiden Komponenten dieser Antwort stehen offenbar fest: Abschreckung und Verteidigung auf der einen, politischer Dialog auf der anderen Seite. In die drei baltischen Staaten und Polen werden rotierende und multinationale Bataillone verlegt. Die Verstärkung der militärischen Präsenz im Osten Europas ist ein Signal an Moskau und man darf davon ausgehen, dass es dort verstanden wird.
Um Verständnis für einander, oder zumindest – um ehrliche Verständigung, sollte es aber vor allem im Dialog-Teil der NATO-Politik gegenüber Russland gehen. Dabei besteht kein Zweifel, dass dies der kostengünstigere, nachhaltigere und letztlich auch für alle sicherere Pfad ist. Genau deshalb ist es sinnvoll, das Verhältnis zwischen dialogue und deterrence an die realistischen Erfolgsaussichten des jeweiligen Instrumentes anzupassen.
Vom Regen in die Traufe kommen – nichts anderes wäre ein 50/50-Vorgehen der NATO, bei dem das Militärische eine gleich große Rolle einnehmen würde wie der Dialog. Der immer weitere Aufbau militärischer Strukturen – selbst wenn von einer diplomatischen Großoffensive begleitet – würde von Russland als zunehmende Bedrohung wahrgenommen werden. Aktuell scheint es so zu sein, dass dem Militärischen, der Verlegung von Großgerät und Erhöhung von Rüstungsausgaben, von einigen Bündnismitgliedern die vorrangige Rolle attestiert wird und die Diplomatie den Appendix hierzu darstellt. Dieses Verhältnis muss vom Kopf auf die Füße gestellt werden.
Die NATO steht Russland in sämtlichen militärischen Vergleichskategorien in einer Position der Stärke gegenüber. Gerade deshalb kann es sich das Nordatlantikbündnis leisten, ohne dabei auch nur einen Zweifel an seiner Verteidigungsbereitschaft aufkommen zu lassen, eine Politik der „robusten Diplomatie“ gegenüber Russland zu verfolgen. Im Einzelnen bedeutet dies:
1. Sicherstellung regelmäßiger Treffen des NATO-Russland-Rates (und nicht nur als Ausgleich zur deterrence-Komponente)
2. Wiederbelebung der Kontakte auf militärisch-ziviler Ebene und aktive Vertrauensbildung (Nutzung der erweiterten Dialogplattformen des NATO-Russland-Rates, z.B. Preparatory Committee, monatliche Treffen militärischer Vertreter, ad-hoc-Gremien)
3. Analyse von „Kooperationsinseln“ (Wolfgang Zellner) – d.h. Politikbereiche, in denen gemeinsames Handeln von NATO und Russland möglich, nützlich und notwendig ist
4. Austausch über Grenzen und Bedingungen der Militarisierung von Politik (Aufrüstung sollte an eine transparente Exit-Strategie aus der Aufrüstung geknüpft werden)
5. Entideologisierung der Bedrohungsanalyse (realpolitisches Narrativ im sicherheitspolitischen Diskurs stärken, Perzeptionsunterschiede anerkennen)
Von einem solchen Fundament aus ließe sich miteinander arbeiten. Denn: niemand will einen zweiten Kalten Krieg oder ein neues Wettrüsten in Europa. Um das Risiko von beiden zu minimieren, muss das Militärbündnis es mit nichtmilitärischer Kommunikation versuchen. Nur ein substantieller und dauerhafter diplomatischer Vorstoß kann zu einer mittelfristigen Verbesserung der Beziehungen und einem langfristigen Angehen der unbequemeren Fragen führen.
Besonders die osteuropäischen NATO-Partner wünschen sich eine härtere Gangart gegenüber Russland. Die Debatte über die richtige Balance zwischen Dialog und Abschreckung wird eifrig geführt.
Verfolgen Sie hier in voller Länge die Diskussion über Zukunft der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zwischen dem ehemaligen polnischen Außenminister Radosław Sikorski und dem Leiter des Europabüros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Brüssel Uwe Optenhögel. (veröffentlicht 27.07.2016)
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