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Sabine Achour & Susanne Wagner

Wer hat, dem wird gegeben: Politische Bildung an Schulen

Bestandsaufnahme, Rückschlüsse und Handlungsempfehlungen

Collage © 2019

Bild: Collage © 2019 von minus Design, Berlin

Junge Menschen zur selbstbestimmten Teilhabe an unserer Gesellschaft, zur aktiven, verantwortungsvollen Mitgestaltung unserer Demokratie zu befähigen – das ist wesentliches Ziel politischer Bildung in der Schule. Sie sollen lernen, Verantwortung zu übernehmen für sich und andere, für Natur und Umwelt. Insbesondere sollen sie Menschen unterschiedlicher Herkunft und Überzeugungen vorurteilsfrei begegnen, die Werte unterschiedlicher Kulturen kennenlernen und für ein friedliches, diskriminierungsfreies Zusammenleben einstehen.

Politische Bildung wichtiger denn je

Angesichts aktueller politischer und gesellschaftlicher Stimmungslagen ist politische Bildung wichtiger denn je. Denn die politische Großwetterlage ist – national wie auch international – von Turbulenzen geprägt. Wir erleben weltweit und auch bei uns, wie man mit unverblümter Fremdenfeindlichkeit und dem gezielten Einsatz von Fake News Menschen für sich gewinnen kann, dass politische Parteien, über deren Einstellung zur liberalen Demokratie man trefflich streiten kann, in Wahlen enorme Zugewinne erzielen. Das sollte uns zu denken geben. Denn unsere Vergangenheit lehrt uns ebenso wie der Blick über den Zaun, dass Demokratien häufig sukzessive, von vielen unbemerkt erodieren.

Auch wenn bei einer aktuellen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach 77 Prozent der Bevölkerung in Westdeutschland angeben, dass die Demokratie, die wir in Deutschland haben, die beste Staatsform sei - in Ostdeutschland sind es allerdings gerade einmal 42 Prozent - , so lässt sich insgesamt doch ein schwindendes Vertrauen der deutschen Bevölkerung in gesellschaftliche und politische Institutionen konstatieren. Die von der Friedrich-Ebert-Stiftung seit 2006 herausgegebenen Mitte-Studien belegen auch in ihrer letzten Fassung für die Jahre 2018/19, dass rechte Einstellungen bis tief in die Mitte der Gesellschaft hinein reichen. Umso wichtiger ist es, auch und gerade junge Menschen von den Grundwerten der liberalen Demokratie zu überzeugen und ihnen ein Verständnis für die – zugegeben: zunehmend komplexer werdenden – politischen Zusammenhänge zu vermitteln.

Politische Bildung, insbesondere Demokratieerziehung ist somit ein Gebot der Stunde. Sie sollte an der gesellschaftlichen Realität und der konkreten Lebenswirklichkeit junger Menschen ansetzen. Sie sollte Bildung über Demokratie sein, Wissen über die ihr zugrundeliegenden Werte und Normen vermitteln. Sie sollte zugleich Bildung durch Demokratie sein, Schule und Unterricht zum Raum gelebter Demokratie werden lassen, in dem jede_r das Recht auf demokratische Mitsprache ausüben kann, in der sich Freie und Gleiche – aber auch in ihren Interessen und Identitäten Verschiedene – wechselseitig anerkennen. Und sie sollte Bildung für Demokratie sein, Menschen darin stärken, eigene Rechte zu verwirklichen und sich für die Rechte anderer einzusetzen, Konflikte friedlich auszutragen und Kompromisse zu finden, Mehrheiten zu akzeptieren und Minderheiten zu schützen.

Damit politische Bildung all dies leisten kann, muss sie ausreichend Raum im Schulalltag erhalten. Sie muss auf der Höhe der Zeit sein, neue Kommunikationsmedien, soziale Netzwerke und innovative Formate nutzen, um bei den Schüler_innen anzukommen und nicht als verstaubt wahrgenommen zu werden. Politische Bildung darf ferner nicht als Appendix, als „nice to have“ in der Schule wahrgenommen werden, sondern sollte ein grundlegender Bestandteil schulischer Bildung, der Lehrer_innenausbildung und der Schulentwicklung darstellen.

„Wer hat, dem wird gegeben“

Dies wiederum muss für alle Schulen und Schulformen gelten. Politische Bildung darf nicht zum elitären Projekt für diejenigen geraten, die über ihr Elternhaus ohnehin die besten Startvoraussetzungen erhalten. Die vorliegende Studie zeigt den Besorgnis erregenden und titelgebenden Befund „Wer hat, dem wird gegeben“ in Bezug auf politische Bildung an mehreren Stellen auf.

Die Studie nimmt damit nicht nur eine Bestandsaufnahme politischer Bildung an Schulen vor. Sie klärt zum einen den Umfang politischer Bildung an den Schulen unseres Landes, die vermittelten Inhalte und Methoden, fragt nach Kompetenzen, Einstellungen und Engagement von Schüler_innen. Zum anderen zieht sie Rückschlüsse und gibt Handlungsempfehlungen, wie politische Bildung an Schulen gestärkt werden kann.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat diese Studie in Auftrag gegeben, um die Diskussionen um die Weiterentwicklung politischer Bildung an Schulen zu bereichern. Durch die umfangreiche empirische Erhebung kommen diejenigen zu Wort, die es vor allem betrifft: Die Schülerinnen und Schüler. Den beiden Autorinnen Prof. Dr. Sabine Achour und Susanne Wagner ist für diese wichtige Arbeit ebenso zu danken wie Marei John-Ohnesorg, vormalige Leiterin des Bereichs Bildungs- und Hochschulpolitik der FES, die gemeinsam mit den Autorinnen das Konzept und Forschungsdesign dieser Studie entwickelt hat.

Dialog der Generationen

Zuletzt: Eine Stärkung der politischen Bildung und der Demokratieerziehung ist auch deswegen so wichtig, weil wir einen Dialog der Generationen benötigen, weil wir gemeinsam mit den nachwachsenden Generationen klären müssen, wie und wo wir uns öffnen müssen für andere Kulturen und deren Reichtum, aber auch, wo wir nein sagen müssen, wo wir keine Kompromisse eingehen dürfen. Menschenwürde und Freiheit sind die unverrückbaren Pfeiler unserer liberalen Demokratie. Mitbestimmen, wie sich diese weiterentwickelt, kann nur, wer diese Pfeiler kennt. Gerade deswegen ist politische Bildung wichtiger denn je.

Achour, Sabine; Wagner, Susanne

Wer hat, dem wird gegeben: Politische Bildung an Schulen

Bestandsaufnahme, Rückschlüsse und Handlungsempfehlungen
Berlin, 2019

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Bildungs- und Hochschulpolitik
Florian Dähne
florian.daehne(at)fes.de

Lena Bülow
lena.buelow(at)fes.de


Abteilung Analyse, Planung und Beratung

Bildungs- und Hochschulpolitik
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