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Gewerkschaften in Nepal: Beteiligung von Frauen fördern mit dem Mentoringprogramm der UNI Global Union

Damit die Gewerkschaften Schlüsselakteure in dieser sich ständig verändernden Arbeitswelt bleiben, müssen sie die Erwerbstätigen, die sie vertreten, auch wirklich verstehen und abbilden,“ bekräftigt Marta Ochoa in ihrem Interview mit FES Nepal.

Weltweit sind viele Gewerkschaften weitgehend männerdominierte Organisationen. Für Frauen bleibt es nicht nur eine Herausforderung, in Führungspositionen aufzusteigen, sondern die Situation führt auch oft dazu, dass sie ihre Entscheidung, überhaupt einer Gewerkschaft beizutreten, noch einmal überdenken. Um dies zu ändern, führen die Abteilungen für Chancengleichheit und Jugend von UNI Global Union mit Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) ein globales Mentoringprogramm durch, das junge Frauen darauf vorbereitet, Führungsrollen zu übernehmen.

Im November 2021 startete in Nepal ein neues Mentoringprogramm in Zusammenarbeit mit dem dortigen Büro der FES. Im Vorfeld wurden mit Unterstützung des UNI-Regionalbüros Asien-Pazifik (Apro) 13 jeweils aus Mentorin und Mentee bestehende Tandems unter den nepalesischen UNI-Mitgliedern ausgewählt. Während der Workshops wurden diese Teams in die Methodik des Programms sowie in Schlüsselthemen wie Gender-Mainstreaming, das ILO-Übereinkommen 190 und die Organisation von Frauen eingeführt. Die Tandems erstellten außerdem Aktionspläne, die sie in den nächsten zwei Jahren im Rahmen des Programms in ihren jeweiligen Gewerkschaften umsetzen wollen.

Am Rande des Eröffnungsworkshops hatte FES Nepal die Chance, mit Marta Ochoa, Leiterin von UNI Youth und leitende Koordinatorin für Chancengleichheit bei UNI Global Union, über die Ideen hinter dem Mentoringprogramm zu sprechen:

Das UNI Mentoringprogramm wird oft als innovativer und transformativer Ansatz zur Förderung einer stärkeren Gleichstellung der Geschlechter in Gewerkschaften genannt. Wie können die Gewerkschaften davon profitieren? Wie und wann hat alles angefangen?

Das UNI Mentoringprogramm basiert auf einem innovativen, kosteneffizienten und unkomplizierten Ansatz, der einfach in das Ausbildungsprogramm jeder Gewerkschaft übernommen werden kann. Es hilft nicht nur dabei, Fähigkeiten an die Gewerkschaftsmitglieder zu vermitteln, sondern bietet diesen auch Unterstützung und ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, bereits laufende Aktivitäten der Gewerkschaft zu stärken, da die Tandems sich aktiver in die Gewerkschaftsarbeit einbringen. Weiterhin dient es anderen Frauen als Inspiration, sich Gewerkschaftsaktivitäten anzuschließen, und mehr Frauen in den Gewerkschaften bedeuten gerechtere und stärkere Gewerkschaften mit einer besseren Gleichstellung der Geschlechter.

Das UNI Mentoringprogramm startete 2013 als Pilotprojekt in Europa. Die Idee stammt ursprünglich von unseren deutschen Mitgliedsgewerkschaften, die den Ansatz vorschlugen, und wir von der UNI-Abteilung Chancengleichheit begannen davon ausgehend ein Modell zu entwickeln, das auf jede Region, jede Gewerkschaft und jedes Tandem entsprechend zugeschnitten werden kann. Wir wollten etwas erarbeiten, was jede und jeder überall nutzen kann und was die Möglichkeit bietet, die gesteckten Ziele auch zu erreichen. In den letzten acht Jahren war die FES unser größter Partner in diesem Programm, und wir sind stolz darauf, dass über 800 Frauen in 51 Ländern davon profitieren.

Wie funktioniert das Mentoring? Was sind seine wichtigsten Prinzipien, und warum ist es erfolgreich?

Das Mentoring beginnt mit einem Tandem aus Mentorin und Mentee. Die Mentorin ist normalerweise eine ältere, erfahrenere Frau aus der Gewerkschaft und die Mentee eine junge Frau unter 35, die neu oder weniger erfahren ist in der Gewerkschaftsarbeit. Bei dieser Partnerschaft zwischen Mentorin und Mentee geht es um Erfahrungsaustausch, den Aufbau von Beziehungen und gegenseitige Stärkung. Beide Seiten des Tandems unterzeichnen eine Mentoringvereinbarung, in welcher sie sich darauf verständigen, wie ihre Partnerschaft in den nächsten Jahren aussehen soll. Gemeinsam erstellen sie einen Arbeitsplan, in dem sie die Ziele festsetzen, die sie mit dem Programm erreichen wollen.

Da jedes Programm unterschiedlich und jedes Tandem einzigartig ist, sind Flexibilität und Unterstützung wichtig, damit jedes Tandem erfolgreich sein kann. Schlüsselelemente eines erfolgreichen Mentoringprogramms sind beispielweise eine klare Festlegung der Rollen von Mentorin und Mentee; eine klares Verständnis der Arbeit als Tandem; gegenseitiger Respekt; ein Austausch von Ideen und Wissen (wir glauben fest daran, dass alle Mitglieder ungeachtet ihres Alters oder Hintergrunds über einen großen Wissensschatz verfügen, den sie weitergeben können); eine konkrete Festlegung der Ziele; Berichterstattung über durchgeführte Aktivitäten; und zu guter Letzt eine ständige Nachbereitung der Arbeit mit individuellem Feedback.

Wie läuft das Programm in Asien? Gibt es besondere Herausforderungen oder Chancen, auf die Sie gestoßen sind?  

Vor einigen Jahren hatten wir ein ähnliches Programm in der Region, standen aber vor einer Reihe von Hindernissen, die eine Fortführung erschwerten. Stark patriarchalische Gesellschaften und Ansichten, gepaart mit geschlechterspezifischen Stereotypen und einer tief verwurzelten Kultur der Achtung der Älteren, die in manchen Fällen aber die Möglichkeit einschränkt, etablierte Haltungen und Arbeitsweisen in Frage zu stellen, sind nur einige der Hindernisse, die wir gesehen haben. Trotzdem glauben wir, dass jede Herausforderung auch Chancen bringt, und in dieser Region werden wir dank dieser Herausforderungen neue Arbeitsweisen entwickeln und neue Erkenntnisse gewinnen, wie wir unser erworbenes Know-How für die Frauen in der gesamten Region nutzen können.

Beim Mentoringprogramm geht es darum, Brücken zu bauen und Erfahrungen miteinander zu teilen. Wir wollen Veränderungen erreichen, indem wir sichere Räume für Frauen schaffen, in denen sie die etablierten Ansichten diskutieren und in Frage stellen können, indem wir ihnen ermöglichen, ihre eigene Stimme zu finden und sich selbst zu befähigen, und indem wir Best Practices und unterschiedliche Sichtweisen auf die  Hindernisse, denen wir begegnen, untereinander austauschen.  

Und schließlich ist die Unterstützung, die wir derzeit in der Region erhalten, eine großartige Chance für uns. Das Team von UNI Apro unter der Leitung einer wahren Feministin, der Regionalsekretärin Rajendra Acharya, wird uns dabei helfen, die Arbeitsweise der Gewerkschaften in der Region zu verändern, damit sie geschlechtergerechter werden und Frauen und Jugendliche fördern. Mit ihrer Unterstützung und der unserer Partner*innen und Kolleg*innen können wir Großes von diesem Projekt erwarten.

Wo stehen Ihrer Meinung nach die Gewerkschaften, mit denen Sie arbeiten, in Bezug auf Gleichstellung der Geschlechter, sowohl allgemein als auch speziell in Asien? Was bleibt noch zu tun?

Die Welt um uns herum verändert sich. Die Arbeitswelt verändert sich, umso mehr vor dem Hintergrund der Pandemie. Gleichberechtigung, Vielfalt und Inklusion sind nicht mehr nur Punkte auf einem Wunschzettel. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Arbeitsplätze mit mehr Inklusion und Gleichberechtigung bessere Ergebnisse bringen. Die Gewerkschaften können ihre Augen vor diesen Veränderungen nicht verschließen. Sie müssen akzeptieren, dass sie ohne Gleichberechtigung, Inklusion und Vielfalt stillstehen und ihre Relevanz verlieren werden.  

Damit die Gewerkschaften sich ändern, damit sie in dieser sich verändernden Arbeitswelt weiterhin Schlüsselakteure bleiben, müssen sie die Erwerbstätigen, die sie vertreten, verstehen und abbilden. Wir alle müssen diese Veränderung annehmen, davon lernen, damit wachsen und uns daran anpassen. Und wie schaffen wir das? Mit mehr Frauen, mehr Jugendlichen, mehr Inklusion, mehr Vielfalt.

 

Dieser Beitrag erschien am 3.2.2022 in englischer Sprache auf asia.fes.de

Marta Maria Ochoa ist Leiterin von UNI Youth und leitende Koordinatorin für Chancengleichheit bei UNI GLOBAL, einer globalen Gewerkschaftsföderation, die über 20 Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter in Gewerkschaften des Dienstleistungssektors vertritt. Von Beruf Anwältin, setzt sie sich seit 7 Jahren für mehr Vielfalt und Gleichberechtigung in der Gewerkschaftsbewegung ein. 

Marius Müller-Hennig
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