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Sich gegen den Klimawandel wappnen

Wie Engagement für mehr Klimaresilienz das Leben von Frauen und Mädchen in Kenia verändert. Climate Tracker Journalistin Hellen Shikanda über ein Gespräch mit der kenianischen Aktivistin Monica Yator.

 

von Hellen Shikanda

Monica Yator war voller Hoffnung von ihrem Heimatort Baringo in Kenia aufgebrochen und nach Ägypten gereist. Ihr Ziel: auf der 27. Konferenz der Vertragsparteien (COP27) in Scharm El-Scheich darauf aufmerksam zu machen, wie notwendig es ist, Frauen und Mädchen, insbesondere aus den indigenen Bevölkerungsgruppen, in die Klimaschutzmaßnahmen einzubinden. In Baringo, hat ihre Gemeinde die Auswirkungen des Klimawandels in erster Linie in Form von plötzlichen Überschwemmungen und Dürren am eigenen Leib erfahren.

Baringo liegt im kenianischen Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs. Die dortigen Seen, darunter auch der Baringosee, verzeichnen seit Jahren einen Anstieg der Wasserstände, was zur Zerstörung der Lebensgrundlagen und Umsiedlung vieler Menschen führte. Im vergangenen Jahr veröffentlichte ein Expert_innenteam einen Bericht über die steigenden Wasserspiegel im Großen Afrikanischen Grabenbruch, an der Turkwell Talsperre und im Viktoriasee. Das Team kam zu dem Ergebnis, dass der Anstieg der Wasserstände mit dem Klimawandel in Zusammenhang steht. Eine der Hauptursachen dafür sind „hydrometeorologische Variablen aufgrund des Klimawandels, die zu einer erhöhten Feuchtigkeit geführt haben, was sich aus den Niederschlagsdaten und dem abfließenden Wasser der die Seen speisenden Flüsse ablesen lässt. Durch die veränderte Landnutzung gibt es zudem einen verstärkten Erdeintrag im Abfluss, was zu einer zunehmenden Verschlammung der Seen geführt hat, wie aus der Sedimentfracht der Flüsse ersichtlich ist“, heißt es in dem Bericht.

Aus anderen Berichten geht hervor, dass infolgedessen rund 400.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden. Yator, die aus Marigat im Verwaltungsbezirk Baringo stammt, hatte zwar das Glück, nicht unter diesen Menschen zu sein, aber viele ihrer Auszubildenden in Agrarökologie wurden tatsächlich vertrieben. „Ich unterrichte Frauen und Mädchen in Agrarökologie, um ihnen zu helfen, sich gegen den Klimawandel zu wappnen. Meine Gemeinde ist für ihre Viehzucht bekannt. In den meisten Fällen sind es die Männer, die die Tiere besitzen und sich um sie kümmern. Wenn das Vieh auf dem Markt verkauft werden kann, sind es auch die Männer, die das Geld einstecken. Meine Ausbildung stärkt die Frauen, weil ich schon das Gefühl habe, dass sie abgehängt und zurückgelassen werden. Wir können uns nicht weiter von Männern abhängig machen, wenn wir die Dinge selbst in die Hand nehmen können“, erklärte Yator gegenüber Climate Tracker.

„Mir ist klar geworden, dass die Frauen die meiste Zeit zu Hause verbringen. Ich habe beschlossen, mir das zunutze zu machen, indem ich ihnen helfe, das ihnen zur Verfügung stehende Ackerland optimal zu nutzen, wobei der Schwerpunkt auf der biologischen Landwirtschaft liegt. In Baringo gibt es entweder lange Dürreperioden oder plötzliche Sturzfluten. Erst vor kurzem waren wir auch vom Anstieg der Wasserstände der Seen betroffen, und einige meiner Auszubildenden mussten in höher gelegene Gebiete umsiedeln. Da einige Grundstücke in Baringo immer noch der Gemeinde gehören, mussten sie sich auf die Gehöfte anderer Leute dazu zwängen, was den Plan, Frauen und Mädchen mit neuen Kompetenzen auszustatten, leider zunichte gemacht hat“, fügte sie hinzu.

Yator, die die Gründerin der Initiative für indigene Frauen und Mädchen (Indigenous Women and Girls Initiative) ist, nutzt ihr Wissen über Agrarökologie, um die Frauen und Mädchen im Bezirk Baringo auszubilden, damit sie eine alternative Einkommensquelle haben. Eine der Techniken, die sie ihnen beibringt, ist das „zweischichtige Umgraben“, auch „Holländern“ genannt. In einem ersten Schritt, sagt sie, wird der Mutterboden abgetragen und der Unterboden freigelegt. Der Unterboden wird anschließend aufgebrochen und mit organischer Substanz angereichert. Zum Schluss wird der ursprünglich abgetragene Mutterboden wieder eingesetzt. „Holländern ist eine Technik aus dem Gartenbau, mit der die Bodenentwässerung und -durchlüftung verbessert wird. Sie wird in der Regel bei der Bodenbestellung in einem neuen Garten angewandt oder wenn tiefer Mutterboden erforderlich ist“, fügt sie hinzu.

Da das Gebiet auch für Sturzfluten anfällig ist, lehrt sie außerdem, wie man korrekt Sickergräben (Swales) anlegt. „Sickergräben, bzw. Versickerungsstreifen gehören zu den Bioretentionsanlagen. Es handelt sich dabei um breite, begrünte, muldenartige Rinnen, die das Niederschlagswasser ableiten und dabei die Fließgeschwindigkeit durch den Bewuchs und die Versickerungsfähigkeit des Bodens verlangsamen. Sickergräben folgen idealerweise den Konturen am Fuße eines natürlichen oder angelegten Hanges, leiten dabei das Regenwasser um und filtern es, während es im Boden versickert. Im Gegensatz dazu stehen reine Sickermulden (Raingarden), die das Wasser an einem Ort halten“, erklärte sie.

Die Auszubildenden bauen hauptsächlich schneller reifende Kulturpflanzen an, wie z.B. Pfeilwurz und Kartoffeln. Yator ermuntert sie auch dazu, heimische Bäume zu setzen, die zur Kohlenstoffbindung beitragen. „Diese Ausbildung hat den Frauen geholfen, die Agrarökologie als alternative Einkommensquelle zu begreifen. Heutzutage haben sie keine Zeit mehr, Brennholz zu sammeln, was ja auch den Waldbewuchs vernichtet. Mit ihren jetzt angelegten Bio-Gemüsegärten erweitert sich auch der Markt für sie, und sie sind in der Lage, ihr eigenes Geld zu verdienen. Mir ist auch aufgefallen, dass die Zahl der Schwangerschaften bei Minderjährigen in meiner Gemeinde zurückgegangen ist. Hier auf der COP27 fordere ich die Verantwortlichen auf, die Vorstandsetagen und Sitzungssäle zu verlassen und mit den Leuten vor Ort zusammenzuarbeiten, um Maßnahmen zur Resilienz und Anpassung an den Klimawandel einzuleiten“, sagte sie.

 

Hellen Shikanda (Kenia) arbeitet als Gesundheits- und Wissenschaftsjournalistin in Nairobi, Kenia. Ihr Themenspektrum reicht von Ebola, Dürren, fossilen Brennstoffen und der Finanzierung von Klimamaßnahmen bis hin zur weltweiten Bedrohung von Vögeln. Nach ihrem Bachelor-Abschluss in Kommunikation und Journalismus an der Moi-Universität in Kenia absolvierte sie ein Nation Media Lab-Praktikum in Multimediajournalismus an der Aga Khan-Universität.

Marius Müller-Hennig
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