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Repression oder Rechtsstaat? Antworten auf den Terrorismus als globale Bedrohung

In Europa brennt ein Streit: „Internierungslager für alle radikalen Muslime“ fordern die einen und mit jedem Anschlag werden ihre hasserfüllten Rufe lauter. "Nur ein starker Rechtsstaat kann dem Terror trotzen", sind andere überzeugt. Wie kann dem Terror effektiv begegnet werden?

Bild: Bild: Alcatraz Urheber: Florian Plag Lizenz: CC BY 2.0

Es waren bezeichnenderweise die Folgen eines terroristischen Attentats – die Trauerfeier für die beiden ermordeten Polizisten – welche den Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve am 17. Juni daran hinderten, seine Grundsatzrede zum gemeinsamen Kampf gegen den Terror persönlich vorzutragen. Noch einmal mehr wurde dadurch an diesem Morgen deutlich, wie viel Raum die Bedrohung durch Gewalt und Terror in Frankreich inzwischen eingenommen hat: Nach den Anschlägen auf Charlie Hebdo im Januar 2015 und den Attentaten in Paris im November, nun der Anschlag auf die Polizisten, während die Proteste gegen die Arbeitsmarktreformen zerstörerisch aus dem Ruder gelaufen sind und Hooligans prügelnd und plündernd durch die Straßen von Paris ziehen. Der Notstand scheint auf absehbare Zeit ein Instrument des Regierungshandelns zu bleiben, und die Rufe nach einer stärkeren, effektiveren Polizei und einem offensiveren Militär werden immer lauter. Bleibt also nur die Zuflucht zum repressiven Überwachungsstaat?

Der Kampf gegen Terror ist Aufgabe des Rechtsstaats

Bei einer von der Friedrich-Ebert-Stiftung organisierten Veranstaltung am 17. Juni 2016 mit Élisabeth Giugou, der ehemaligen französischen Justizministerin und Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses  und Herta Däubler-Gmelin, Bundesjustizministerin a.D., hätte die Antwort darauf nicht klarer ausfallen können: „Der Kampf gegen den Terror ist weniger eine Aufgabe der Polizei als vielmehr die des Rechtsstaats“, so Giugou. Die grundlegenden Werte unserer Demokratien dürften infolge des Kampfes nicht gefährdet, sondern müssten umgekehrt sogar weiter gestärkt werden, um der Bedrohung effektiv entgegentreten zu können.

Entschieden wandte sich Élisabeth Guigou deshalb gegen Pauschalurteile, wie sie in Frankreich bei der Forderung nach einer pauschalen Internierung aller als „radikal“ eingestuften Muslime immer wieder deutlich werden. Es seien Polarisierungen wie diese, welche die Dschihadisten mit dem Terror bezweckten. Europa müsse mit einem entschiedenen Bekenntnis zur Differenzierung dagegenhalten. Prinzipien der Freiheit dürften nicht dem Bedürfnis nach Sicherheit geopfert werden.

Nutzung sozialer Medien für Pluralität und Toleranz

Zugleich wies die ehemalige französische Justizministerin auf die vielen Anti-Terror-Maßnahmen hin, die mit rechtsstaatlichen Prinzipien zu vereinbaren seien. Viele davon seien bereits erprobt, andere noch im Ausbau, wie das PNR-System (Passenger Name Record), welches den Luftraum sicherer machen soll, wie auch der Ausbau internationaler Datenbanken, die Bekämpfung des illegalen Passhandels, die Eindämmung der Finanzierungswege des Terrors und die gemeinsame Stärkung und Kontrolle der europäischen Außengrenzen. Innerhalb der betroffenen Länder riet sie zu Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen ebenso wie zu einer verstärkten Nutzung sozialer Medien, um dafür zu sorgen, dass die Prinzipien von Pluralität und Toleranz im und durch den politischen Diskurs junger Leute Verbreitung finden.

Herta Däubler-Gmelin, unterstrich Élisabeth Guigous Ausführungen mit Nachdruck: Nur, wenn Freiheit und Sicherheit zusammen gedacht würden, könne sich Resilienz gegen den Terror entwickeln. Däubler-Gmelin wünschte sich deshalb zum einen eine verstärkte Kooperation in transnationalen Institutionen wie Europol und Eurojus. Zum anderen verwies sie auf die grundlegende Bedeutung einer gerechten Sozial-, Wirtschafts- und Bildungspolitik. Denn Perspektiven für junge Menschen schaffen zu wollen, könne unter anderem auch bedeuten, den zunehmenden Mangel an Erziehungsfähigkeit vieler Elternhäuser kompensieren zu müssen. In jedem Fall jedoch müssten sämtliche Anti-Terror-Maßnahmen – gleich ob eher repressiv oder eher rechtsstaatlich orientiert – immer wieder auf ihre Wirkung und Wirksamkeit hin überprüft werden.

Vollständig verhindern lässt sich Terror zwar nicht, darin waren sich beide vollauf einig. Doch sehen sie in der engen, solidarischen Verbindung zwischen Deutschland und Frankreich sowie im gemeinsamen Bekenntnis zu dem Ziel als Wertegemeinschaft dem Hass mit den Mitteln der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit entgegen zu treten, den richtigen Ansatz im Kampf gegen den Terror.

Marius Müller-Hennig
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