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Wie eng der Umgang mit dem Klimawandel und bewaffnete Konflikte in Afghanistan zusammenhängen, beschreibt Martin Qassemi, Praktikant im Referat "Globale und Europäische Politik".
„Ich habe mein ganzes Leben dem Kampf gegen den Klimawandel gewidmet und darauf bin ich stolz. Aber niemanden interessiert das!“, beklagt sich Samim Hoshmand, ehemaliger Direktor für Klimawandel der nationalen afghanischen Umweltschutzbehörde. Er fordert die Unterstützung der Industriestaaten und erwartet von der internationalen Gemeinschaft die Klimafinanzierung für konfliktbetroffene Staaten. Afghanistan befindet sich seit 40 Jahren im ständigen Krieg, mit enormen Schäden für das Land: Armut, wirtschaftliche Krisen, gesellschaftlicher Stillstand, ein unterentwickeltes Bildungssystem sowie die Spaltung der Gesellschaft in verschiedene ethnische Gruppen. Die Folgen des Klimawandels wie Dürre und Überschwemmungen sind im Zuge dessen aus dem Fokus geraten. Doch das Land „leidet wie kaum ein anderes unter dem Klimawandel und seinen Folgen. Ohne Unterstützung droht hier eine menschliche Katastrophe“, so Basir Feda, Leiter des Afghanistanreferats der Berliner Berghof Foundation.
Nach Informationen der Deutschen Welle kam es in Afghanistan in den Jahren 2017 und 2018 wegen der Dürre zu mehr Binnenflüchtlingen als durch die bewaffneten Konflikte. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich die Temperaturen in Afghanistan um 1, 8 Grad Celsius erhöht, geeigneter Boden für die landwirtschaftliche Nutzung wird immer knapper, die anhaltende Dürre und der Mangel an Ressourcen verschlechtert die Situation für die Menschen zusehends. Die Folgen: schon jetzt lebt die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, viele verlieren durch den Klimawandel ihre Existenz. Laut Oli Brown, Mitglied der politischen Denkfabrik Chatham House aus London, befinden sich seit der Machtübernahme der Taliban 35% der Bevölkerung (14 Mio.) Menschen in akuter Ernährungsunsicherheit. 95% der Familien haben nicht mehr genug zu essen, fast die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren wird in den nächsten 12 Monaten auf lebensrettende Ernährungshilfe angewiesen sein.
Wenn nicht jetzt gegen den Klimawandel vorgegangen wird, könnte sich das Land bis 2050 um weitere 1,5 Grad Celsius erwärmen. Das hätte dramatische Folgen für den Wasserhaushalt des Landes, denn der Schnee in den Bergen würde komplett abschmelzen und so die Wasserrückhaltefunktion verloren gehen. Die ausgetrockneten Böden können kein Wasser mehr aufnehmen, sodass Regenfälle schnell zu Überschwemmungen und Erdrutschen in den Bergregionen führen.
Besonders dramatisch ist die gegenseitige negative Beeinflussung der beiden Faktoren Klimawandel und Krieg. Die jahrzehntelangen bewaffneten Konflikte haben massiven Einfluss auf den Umgang mit den Folgen des Klimawandels in Afghanistan. Das Land konnte sich nicht vorbereiten und ist daher nicht in der Lage, seine Bevölkerung vor den extremen Gefahren zu schützen. Nach Browns Argumentation hat der Krieg Afghanistan vom Fortschritt ferngehalten. Es gibt beispielsweise in Afghanistan ein unterirdisches Bewässerungssystem namens „Karez“, das Wasser aus den Bergen zu den Feldern transportiert. Hier hat der Krieg spürbare Schäden hinterlassen, denn es wurden viele „Karez“ zerstört und nicht wiederaufgebaut. Die Lage der Landwirte verschlechtert sich dadurch zusehends. Viele Menschen, die auf dem Land arbeiten und Weizen anbauen, geben ihre Arbeit auf, weil sich die harte Arbeit aufgrund der Dürre nicht mehr lohnt. Stattdessen geben sie ihre Felder für den Anbau von Mohn als Rohstoff für Opium in Afghanistan ab. Mit dem Anbau von Drogen wurde nach Angaben der Deutschen Welle in dem Jahr 2017 ca. 5 Mrd. US Dollar verdient. Diese Gelder fließen wiederrum in die Hände der Taliban und anderer bewaffneter Gruppen. Brown sagt „mehr als 80 Prozent der afghanischen Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Da so viele Menschen von Ackerbau und Viehzucht abhängig sind, sind sie auch besonders anfällig für Klimaschocks“. Nach einer Untersuchung von Action Aid sind 4 Millionen Menschen in Afghanistan als Binnenvertriebene auf der Flucht. Action Aid geht davon aus, dass bis zum Jahr 2050 weitere 5 Millionen Menschen in Afghanistan aufgrund des Klimawandels zur Migration gezwungen sein könnten.
Die große Sorge Hoshmands ist, dass die Frage des Klimawandels unter der Herrschaft der Taliban noch mehr an Bedeutung verliert und die Klimakrise im Land dadurch weiter verschärft wird.
Afghanistan kann nicht alleine gegen dieses Problem vorgehen und braucht Unterstützung der internationalen Gemeinschaft. Nach Ansicht von Hoshmand ist die internationale Gemeinschaft verpflichtet, Afghanistan weiterhin finanziell zu unterstützen. Aus politischer Sicht befürchtet er jedoch, dass die Machtübernahme durch die islamistischen Taliban dazu führen könnte, dass das Geld für den Klimawandel nicht mehr gezahlt wird. Er beklagt den Mangel an Aufmerksamkeit: “The climate threats of drought and desertification faced by Afghanistan does not recognise politics and diplomatic relations – it is a threat to the people of Afghanistan whether they are led by the Taliban or someone else”.
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Jochen Dahm
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