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COP23: Kampfplatz für Klimagerechtigkeit

Auch vier Jahre nach dem desaströsen Wirbelsturm Haiyan lassen Alanah Torralba, eine unserer beiden FES Climate Media Fellows, die Erinnerungen an die apokalyptischen Zustände nicht zur Ruhe kommen. Auf der COP23 galt daher ihr besonderes Augenmerk nicht nur der Frage nach Gerechtigkeit für die verletzlichsten Länder, sondern auch der nach der Übernahme von Verantwortung für klimabedingte Schäden und Verluste durch den Globalen Norden.

In einer kahlen Landschaft liegen am Rand eines Weges aufgereihte Leichensäcke. Dahinter laufen Personen den WEg entlang.

Bild: Typhoon Haiyan's death toll von Alanah Torralba

Vor einem zerstörten HIntergrund sitzen mit Palmen lachen zwei Kinder und halten Luftballons in den Händen.

Bild: Destruction by Haiyan in the Philippines von Alanah Torralba

Seit mehr als 10 Jahren arbeite ich als Fotografin und Journalistin. In dieser Zeit habe ich über politische Ereignisse, Demonstrationen, Zerstörungen, Erdbeben und Wirbelstürme berichtet. Tod und Zerstörung zu sehen ist Teil meines Jobs, aber nichts konnte mich auf die massive Verzweiflung vorbereiten, die der Taifun Haiyan im Jahr 2013 ausgelöst hat – ein Desaster, das 6000 Menschenleben forderte und mehr als 1 Million Menschen obdachlos gemacht hat.

Ich war in Tacloban City, Leyte angekommen, nachdem vier Tage zuvor der Wirbelsturm verschiedene Provinzen im östlichen Visayas getroffen hatte. Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Möglichkeit mehr, zu kommunizieren. Es gab kaum Bilder der Zerstörungen. Ich hatte keine Vorstellung davon, welche Schäden der Taifun verursacht hatte, bis ich es selbst sah.

Ich kann nicht vergessen, wie Hunderte von Menschen in glühender Hitze die Straßen hinunter liefen, die wenigen Besitztümer unter dem Arm, die ihnen vom Sturm noch geblieben waren. Diese Menschen, deren Leben von einer Katastrophe, die man hätte verhindern können, zerstört worden waren, weinten oder trauerten nicht. Sie waren dafür zu hungrig und zu durstig. Sie hatten einfach keine Zeit, sich um ihre Erschöpfung oder ihre Verzweiflung zu kümmern. Stattdessen versuchten sie auf eigene Faust zu überleben, selbst wenn das bedeutete, 20 oder 30 Kilometer zur nächsten Stadt zu laufen, die sie vielleicht aufnehmen konnte. Jeder wollte nur weg.

Leichen übersäten die Stadt nachdem der Sturm ganze Gemeinden dem Erdboden gleichgemacht hatte. Noch immer kann ich mich an den üblen Geruch erinnern.

Auch nach vier Jahren sind diese Erinnerungen noch in mein Gedächtnis eingebrannt. Taifun Haiyan war für mich der Wendepunkt in meiner Wahrnehmung des Klimawandels. Es geht hier nicht um Wetterveränderungen, sondern um Gerechtigkeit und Schutz der verletzlichsten Menschen in einer Gesellschaft.

Aus diesem Grund verfolgte ich bei den Klimaverhandlungen genau das Thema der klimabedingten Schäden und Verluste (loss & damage). Ich glaube, dass dies für Entwicklungsländer wie die Philippinen sehr wichtig ist, weil sie Resilienz nicht allein erreichen können. Eine Kooperation und die finanzielle Unterstützung von Industrieländern sind essenziell, um Anpassungs- und Minderungsprogramme ins Leben zu rufen, die einem erneuten extremen Wetterereignis Stand halten können.

In einer Verhandlungsrunde sagten Vertreter_innen der USA und Australiens, dass nicht jede Katastrophe vom Klimawandel verursacht sei. Während man darüber debattieren kann, ob der Klimawandel extreme Stürme und Dürren verursacht, ist vollkommen unstrittig, dass er diese intensiviert hat. Eine stabile Infrastruktur und stabile Gesundheitssysteme aufzubauen, die Menschen dabei helfen können, sich an die zerstörerischen Folgen des Klimawandels anzupassen, dürfen nicht nur eine politische Frage sein. Sie müssen in den Kontext von Menschenrechten gestellt werden.

Ich erinnere mich an eine Interviewaussage der Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe, Dr. Bärbel Kofler. »Der Respekt vor Menschenrechten muss sich auch auf die Ursachen des Klimawandels beziehen,« sagte sie. Daher müssen Industrieländer, die sich mithilfe der Verschmutzung der Umwelt entwickeln konnten, auch einen größeren Beitrag leisten zur CO2-Minderung, zur Anpassung und zum Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten (loss & damage).

Im Kern der Debatte um loss & damage geht es um die Frage, ob es einen globalen Fonds geben muss, der die unausweichlichen Kosten des Klimawandels auffangen kann und zu dem Industrieländer mehr beitragen müssen.

Letztlich wird es jeder Nation auch wirtschaftlich nutzen, wenn sie gut mit den intensiven Auswirkungen des Klimawandels umgehen kann. Wo es starke Infrastruktur und stabile politische Institutionen gibt, wird Handel zwischen Nationen viel leichter und effizienter sein. Wenn verletzliche Staaten wie die Philippinen klimaresilienter werden, wird auch die globale Wirtschaft profitieren.

In Zeiten sich intensivierender Wetterereignisse und steigender Luftverschmutzung muss die Welt handeln, um Gerechtigkeit für die verletzlichsten Menschen unserer Gesellschaften zu erreichen. Wir wissen, ein weiterer »Taifun Haiyan« wird kommen. Für die Philippinen ist es von äußerster Dringlichkeit, sich für das Unvermeidbare adäquat vorzubereiten.

Ein Menschenleben, das wir an den Klimawandel verlieren, ist eines zu viel.

Text and Bilder von Alanah Torralba
Ins Deutsche übersetzt von Manuela Mattheß.

In diesem Jahr arbeiten wir mit Climate Tracker zusammen und unterstützen die jungen Journalist_innen Alo Lemou aus Togo und Alanah Torralba aus den Philippinen dabei, an deren Programm teilzunehmen. Sie werden von Climate Tracker weitergebildet, berichten für uns über die COP23 und sind auch bei Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung dabei.


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Jochen.Dahm(at)fes.de

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