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Wussten Sie, dass in Syrien Krieg herrscht? Mit satirischen Fragen, versucht eine kleine Spaßpartei in Ungarn Orbans Allmacht etwas entgegenzusetzen. Das zeigt: Es gibt noch eine aktive Zivilgesellschaft. Aber sie ist machtlos.
Bild: Pressure gauges, Zeche Zollern’s machine hall von Pim Stouten lizenziert unter CC BY-NC 2.0
„Hey Brussels, we still love your money“: Das ist einer der Slogan, den die „Partei des zweischwänzigen Hundes“ in Ungarn zur Volksabstimmung über die Flüchtlingspolitik plakatierte.
Die Partei mit dem Kürzel MKKP versucht mit Wortspielen und Reimen auf die Absurditäten der ungarischen Politik aufmerksam zu machen. Orban hatte im Oktober zum Referendum gegen die Quotenregelung zur Aufnahme von Geflüchteten aufgerufen und die Ungar_innen die tendenziöse Frage beantworten lassen, ob die „Europäische Union auch ohne Zustimmung des Parlaments die zwingende Ansiedlung von nichtungarischen Staatsbürgern in Ungarn vorschreiben" darf.
Orban verlor das Referendum, weil sich weniger als die notwendigen 50 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung beteiligten. Dabei hatte Orban Ungarn mit einer breit angelegten Kampagne belegt. Auf großflächigen Plakaten warb die Regierung mit „Fakten“ dafür, gegen die EU-Quotenregelung zu stimmen. Eine der Fragen: „Wussten Sie, dass seit Beginn der Migrationskrise mehr als 300 Menschen bei Terroranschlägen in Europa ums Leben gekommen sind?“.
Genau dieser Rhetorik der Orban-Regierung nimm sich die Satire-Partei MKKP an – und mobilisiert damit vor allem junge Ungar_innen. Jene finden sich im herkömmlichen Parteienspektrums immer weniger wieder. „Es ist keine parteipolitische Kraft sichtbar, die Orban und die Fidesz-Partei kraftvoll entgegentritt“, sagt der Direktor des ungarischen Think-Tanks „Policy Solutions“ Tamás Boros. Im September sprach er mit rund 20 Stipendiat_innen der FES, die auf Studienreise in Österreich und Ungarn die Ansätze einer gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik ausfindig zu machen und zu diskutieren versuchten.
„Es gibt hier in Ungarn gesellschaftliche Stimmen, von denen man in Deutschland nichts mitbekommt“, findet Regina Weber, die als Promotionsstipendiatin mit auf der Reise war. Die Treffen mit Vertreter_innen von Nichtregierungsorganisationen und Parteien haben auch gezeigt, dass es zwar vereinzelte Gegenstimmen gibt, aber keine große gesellschaftliche Gegenbewegung zur nationalistischen Politik Orbans greifbar ist. Dass gerade die Spaßpartei des zweischwänzigen Hundes die sichtbarste Gegenkraft im Referendumswahlkampf war, ist ein klares Zeichen der Schwäche der ungarischen Opposition.
Als in Polen die PiS im vergangenen Jahr die absolute Mehrheit gewann, war der Ungarn-Vergleich schnell zur Hand: Die Kontrolle der Medien und der konservativ-nationalistische Regierungskurs erinnerten an die Regierungsübernahme durch Viktor Orbans Fidesz-Partei. Dass dieser Vergleich viele Besonderheiten in der politischen Kultur Polens vernachlässigt, haben Stipendiat_innen der FES ebenfalls auf einer Studienreise Anfang Oktober erlebt. Unter dem Titel „Demokratie unter Druck“ trafen 15 Stipendiat_innen in einer Woche Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft. „Die Idee war, den Stipendiat_innen die neue politische Situation in Polen nahe zu bringen. Das Verhältnis zu Polen ist für uns einfach auch besonders wichtig“, sagt Sohel Ahmed, der die Bildungsfahrt initiiert hat.
Die politische Situation in Polen ist prekär: Im polnischen Parlament, dem Sejm, sitzt zum ersten Mal seit dem Zusammenbruch des Kommunismus keine linke Partei mehr. Auf der Reise der Stipendiat_innen aber ging es um mehr als die politischen Machtverhältnisse. „Wir wollten etwas über die Stimmung im Land, von den Leuten erfahren“, sagt Ahmed. Just zum Zeitpunkt der Reise fanden in Polen große Demonstrationen statt, die gegen eine Gesetzesnovelle protestierten, die Abtreibungen verbieten sollte. Ein gutes Zeichen, findet Sohel Ahmed. „Das zeigt, dass es noch eine Zivilgesellschaft gibt.“ Allein, so scheint es, sind sowohl in Ungarn als auch in Polen diese Gegenkräfte (noch) sehr schwach.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Sohel Ahmed
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Jochen Dahm
0228 883-7106Jochen.Dahm(at)fes.de
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