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Die USA droht mit Zöllen, China will eine neue Seidenstraße. Doch statt nationaler Egoismen bedarf es einer fairen multilateralen Handelspolitik.
Bild: Wegweiser von testfight / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0
Sein Europabesuch führte den chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping Ende März zunächst nach Italien. Dort schloss er mit der italienischen Regierung Investitionsabkommen im Rahmen des gewaltigen chinesischen Handelsinfrastrukturprojekts „neue Seidenstraße“. Solche bilateralen Vorstöße sieht die Europäische Union nicht gerne, ist sie selbst doch für den europäischen Wirtschafts- und Währungsraum und für Handelsfragen zuständig – zumal sich bereits Griechenland, Ungarn und Polen dem chinesischen Megavorhaben angeschlossen haben. Europa wittert hinter dem Projekt hegemoniale Bestrebungen und fürchtet finanzielle und technologische Abhängigkeiten. Die EU will sich nicht spalten lassen, betont sogar eine politische „Systemrivalität“. Entsprechend geschlossen begegneten Emmanuel Macron, Angela Merkel und Jean-Claude Juncker Chinas Präsident Xi bei seinem nachfolgenden Stopp in Paris.
Aber nicht nur eine Geschlossenheit gegenüber China, auch eine Geschlossenheit mit China wurde in Paris inszeniert, nämlich für Multilateralismus in der Handelspolitik und gegen polternden Egoismus à la Trump. Angesichts der kontroversen Politik Chinas sowohl auf nationaler Ebene als auch in Afrika, Europa und Asien erscheint dies paradox, verdeutlicht aber die Nöte alter und neuer Allianzen und vor allem der Gestaltung der Globalisierung seit Trumps Amtsantritt. Bereiten diese tagespolitischen Verwerfungen zu starke Kopfschmerzen, kann es gut tun, einen Schritt zurück zu tun und sich prinzipielle Gedanken über einen fairen Welthandel zu machen.
In ihrem gemeinsamen Positionspapier „Fair Play im Welthandel“ nehmen sozialdemokratische Parlamentarier, Wissenschaftler, Gewerkschafter und Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung Stellung zu der Frage, welche Elemente eine gerechte, sozialdemokratische Handelspolitik haben sollte. Da Freihandelsabkommen heute viel mehr regeln als nur den Abbau von Zöllen, sorgt die Komplexität ihrer Inhalte in der Öffentlichkeit für großes Unbehagen. So geht es nicht nur um den Austausch von Waren, sondern auch um deren Erzeugung. Faire Arbeitsverhältnisse und für die Umwelt nachhaltige Produktion sollten handelspolitisch belohnt werden, Klimaschutzziele Teil der Vereinbarungen sein. Prekäre Arbeitsverhältnisse lauern aber auch in den Onlineplattformen für grenzüberschreitend angebotene Dienstleistungen, der so genannten Gig-Ökonomie. Diese müssen ebenso reguliert werden wie der Internethandel. Ein einseitiger Investorenschutz, dessen Ausdruck die berüchtigten privaten Schiedsgerichte sind, muss durch Rechtsstaatlichkeit ersetzt werden, also durch die Gleichbehandlung in- und ausländischer Investoren. Dazu gehört, dass die öffentliche Daseinsvorsorge gesichert und ebenso vor Klagen privater Investoren aus dem Ausland geschützt wird wie Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Darüber hinaus muss Steuerflucht bekämpft werden. Ähnlich argumentiert eine weitere Publikation, die fordert, dass Handel und Investitionen mit Demokratie, Arbeitsrecht und Umweltschutz vereinbar sein müssen. Eine Veranstaltung des Referats Globale Politik und Entwicklung der Friedrich-Ebert-Stiftung brachte Autorinnen und Autoren der beiden Papiere in Berlin zusammen.
Globalisierung wird sehr stark als internationaler Standortwettbewerb wahrgenommen, aus dem politische Imperative abgeleitet werden: Lohnzurückhaltung, Abbau sozial- und arbeitsmarktpolitischer Rechte und Leistungen, Steuersenkungen für Unternehmen. Dies schafft Gewinner und Verlierer, insgesamt steigt dadurch die soziale Ungleichheit. Dieser martialischen Logik muss daher ein solidarisches, kooperatives, nachhaltiges Grundverständnis von Handel entgegengesetzt werden, in dem Handel für alle einen Wohlstandsgewinn bedeutet und mit einer Stärkung von Rechten statt mit ihrem Abbau verbunden ist. Transparente, beteiligungsoffene Verfahren müssen zu Handelsverträgen führen, die einerseits die WTO-Regeln respektieren, andererseits den zukünftigen Beitritt weiterer Vertragsparteien ermöglichen. Dies führt zurück zur ungemütlichen aktuellen Tagespolitik: Deutschland und vor allem Europa können in Trumps multilaterales Vakuum vorstoßen mit einer progressiven Handelspolitik – wobei Deutschland nach wie vor selbst gefragt ist, seine immensen Handelsüberschüsse durch mehr Importe und Binneninvestitionen abzubauen.
Lesen Sie diesen Beitrag hier auf Englisch.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Jochen Steinhilber
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