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In der Coronakrise sind die Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit laut. Doch werden sie auch gehört? Ein Beitrag von Paula Daza.
Der Beitrag erschien im spanischen Original als Teil des FESminismos-Projekts des FES Büros in Chile.
In vielen Ländern der Welt wurde die obligatorische Isolation angeordnet; in unseren Wohnungen eingesperrt zu sein, hat den Fokus auf den Alltag zuhause verlagert. Ohne den Vorwand, das Haus verlassen zu müssen, um einem Termin wahrzunehmen oder an einer Besprechung teilzunehmen, laufen alle Aktivitäten drinnen ab. Was so wichtig erschien und draußen auf dem Spiel stand, ist momentan unwichtig geworden.
Das rein Private, das was hinter den Kulissen passiert, ist nie etwas für die öffentliche Darstellung gewesen, niemand veröffentlicht ein Selfie während er das Bad putzt oder den Müll rausbringt, weil der wertvollere Teil unseres Lebens drauβen verläuft. Das ist unter anderem der Grund, weshalb zum Beispiel die Kleinkinderziehung so unerträglich erscheint. Sie ist etwas sehr Intimes, und in einer Unterhaltungsgesellschaft ist die Routine der Betreuung eines Menschen keine medienwirksame Episode. Diese Tendenz hat jedoch noch eine tiefere Wurzel, die mit der Geringschätzung der mit Pflege und Lebenserhaltung verbundenen Tätigkeiten zusammenhängt.
Dieser neue Zustand des Eingeschlossenseins macht aber auch die kreative Herausforderung deutlich, die es bedeutet, den täglichen Speiseplan aufzustellen und die Zeit zu planen, die wir für den Wohnungsputz brauchen. Damit wird die Transzendenz der Tätigkeiten sichtbar, die es uns ermöglichen, unseren Alltag zu meistern. Die Zeit reicht kaum aus zum Kochen, Geschirr spülen, Putzen. Der Schwerpunkt hat sich verlagert und wir können jetzt vielleicht besser nachvollziehen, was individuelle und familiäre Betreuungsarbeit impliziert.
Ohne die Möglichkeit, dem zuhause Eingesperrtsein zu entfliehen, wird das Private zu etwas sehr Politischem und die Bedeutung der geringgeschätzten, für das Funktionieren eines Haushalts unerlässlichen Arbeit, die im Allgemeinen weiterhin wir Frauen übernehmen, wird sichtbar gemacht.
Für diejenigen, die kleine Kinder zuhause haben, wird diese Herausforderung noch gröβer. Die Hausaufgaben müssen beaufsichtigt, der Online-Unterricht absolviert werden und es erfordert Kreativität, um den Kindern die Stunden zuhause erträglich zu gestalten. Die Kindererziehung erhält damit eine ganz andere Dimension, und wieder sind zum gröβten Teil wir es, die Frauen, die Tag für Tag die führende Rolle bei der Betreuung der Kinder übernehmen.
Zugleich hat die Konjunktur dazu geführt, dass die Menschen nach einem stärkeren Staat rufen oder umfassendere Gesundheitsversorgung fordern. All das sind gerechte Forderungen, aber vielleicht ermöglichen diese neuen Zeiten, den Blick auch auf das Herz der genderspezifischen Ungleichheit zu richten. Und zwar jene, die in den von Männern und Frauen verrichteten Tätigkeiten zuhause sehr latent ist.
Und genauso ist es an der Zeit, sich der Bedeutung Haushaltshilfen und von Reinigungspersonal bewusst zu werden. Jetzt, wo sie nicht zur Arbeit kommen, wird erst deutlich wie unentbehrlich diese oft von Frauen ausgeübten oder der weiblichen Arbeitswelt zugeordneten Tätigkeiten für die Aufrechterhaltung unserer Lebensroutinen, vor allem in den Städten sind.
Vielleicht führt das zu erneuten Reflexionen über die Notwendigkeit die Strukturen abzubauen, auf die sich die soziale Ausbeutung stützt, und zu einer Versöhnung mit dem privaten Bereich. Der Aufruf ist, das zu akzeptieren, was der Feminismus seit langem nachdrücklich betont: die Gesellschaftsordnung gründet auf der unsichtbar gewordenen und unbezahlten (oder schlecht bezahlten) Arbeit zur Reproduktion des Lebens, die wir Frauen täglich in aller Stille zuhause und den Lebensräumen der Anderen verrichten.
**Bildtext: Die Tage werden kurz zum Kochen, Waschen, Putzen des Hauses. Für diejenigen, die kleine Kinder zu Hause haben, ist die Herausforderung noch größer. Die Hausaufgaben müssen beaufsichtigt, der Online-Unterricht absolviert werden und es erfordert Kreativität, um den Kindern die Stunden zuhause erträglich zu gestalten. Das, was sich in der Welt draußen abspielte und was so wichtig erschien, spielte für einen Moment keine Rolle mehr. Was sich hinter den Kulissen abspielt, entpuppt sich als das Herz des Lebens. (Paula, 42, aus Equador)**
Mit einer Illustrationsreihe berichtet das FESminismos Projekt über die Art und Weise, wie Frauen derzeit Sorgearbeit verichten. Denn heutzutage und im Anbetracht der Coronakrise ist die Ausübung von Pflege- und Sorgearbeit noch komplizierter. Alle Illustrationen finden Sie hier.
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