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Franziska Korn

Menschenrechte entlang der Lieferketten sichern: Von Bangladesch lernen!

Eine neue Perspektive der FES in Kooperation mit dem ECCHR zeigt, wie Brancheninitiativen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen können.

Unternehmensverantwortung ist sowohl in Deutschland als auch in der EU in aller Munde. Seit Monaten diskutiert die Politik, wie Menschenrechte in globalen Lieferketten gesichert werden können. Im Fokus steht das sogenannte Sorgfaltspflichtengesetz – häufig auch Lieferkettengesetz genannt. Dieses Gesetz soll multinationale Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechte nicht nur in Deutschland oder der EU, sondern entlang ihrer gesamten globalen Lieferketten zu achten. Denn die Vergangenheit zeigt deutlich: Freiwillige Initiativen allein tragen kaum zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen bei. Solche Branchendialoge oder Multi-Stakeholder-Initiativen, bei denen Vertreter_innen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik über Verbesserungen in der Unternehmenspraxis beraten, können ein Gesetz nicht ersetzen. Sie können bestenfalls ergänzend zu verbindlichen Regelungen eingesetzt werden. Umso wichtiger ist, dass sie bestimmte Kriterien erfüllen, um tatsächlich einen Beitrag zu Menschenrechts- und Umweltstandards zu leisten.   

 

Der Bangladesch ACCORD für Gebäude- und Brandschutz

Ein gutes Beispiel für eine rechtsverbindliche Initiative ist das Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch (ACCORD*). Diese Brancheninitiative wurde als Folge des Fabrikeinsturzes Rana Plaza 2013 in Bangladesch gegründet und hat seither die Lebensrealität von Millionen von Arbeiterinnen in Bangladesch verbessert.

Bei der Rana Plaza Katastrophe starben 1134 Menschen und mindestens doppelt so viele wurden teilweise schwer verletzt. In dem Fabrikgebäude ließen vor allem europäische und US-amerikanische Unternehmen ihre Kleidung produzieren. Nur wenige Monate vor dem Einsturz wurde die Textilfabrik von verschiedenen Auditoren untersucht, ohne dass Mängel festgestellt wurden.

 

Mit hohen Standards Rechte von Beschäftigten schützen

Der Einsturz hat das Versagen freiwilliger Initiativen von Unternehmensverantwortung deutlich gemacht und zu einem globalen Aufschrei mit Blick auf Ausbeutung, Arbeitsbedingungen und Verantwortlichkeiten geführt. Als Folge wurde der ACCORD ins Leben gerufen. Bis heute gilt er als eines der erfolgreichsten internationalen Abkommen, von dem andere Standards und Initiativen viel lernen können und müssen.

Der Erfolg des ACCORD beruht vor allem darauf, dass er ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen den teilnehmenden Unternehmen und den Gewerkschaften ist. Die Nicht-Umsetzung der Vorgaben des ACCORD werden sanktioniert; es gibt einen unkomplizierten Beschwerdemechanismus für Beschäftigte und viel Transparenz auf Seiten der Unternehmen.

Aus den Erfahrungen mit dem ACCORD lassen sich verschiedene Qualitätsmerkmale für erfolgreiche Branchenstandard ziehen: Messbare Verpflichtungen, gleichberechtigte Vertretung von Angestellten und Gewerkschaften, Beschwerdemechanismen für Betroffene und Konfliktlösungsmechanismen für Mitgliedsorganisationen sind nur einige der Beispiele.

Der Blick nach Bangladesch zeigt: Deutschland und die EU können viel aus den Erfahrungen lernen. Die effektive Ausgestaltung der Branchenstandards ist das eine, die Notwendigkeit endlich ein wirksames Gesetz zu verabschieden das andere.

Weitere Informationen finden sich in der Studie: „Vom ACCORD lernen? Erfahrungen aus Bangladesch für die deutsche Debatte“ (2021) von Miriam Saage-Maaß und Franziska Korn

 

Dr. Miriam Saage-Maaß ist Leiterin des Programmbereichs Wirtschaft und Menschenrechte beim European Center for Constitutional and Human Rights e.V. (ECCHR). 

Franziska Korn ist Referentin für Wirtschaft und Menschenrechte im Referat Globale Politik und Gesellschaft der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). Zuvor leitete sie das Büro der FES in Bangladesch.

Saage-Maaß, Miriam; Korn, Franziska

Vom ACCORD lernen?

Erfahrungen aus Bangladesch für die deutsche Debatte
Berlin, 2021

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