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"Viele Probleme beruhen darauf, dass sowohl Russland und Europa fälschlicherweise denken, der jeweils andere wäre einem selbst ähnlicher, als es tatsächlich der Fall ist”.
Bild: Bild: Ahnentafel Valentin Falin von StagiaireMGIMO, lizensiert unter CC BY SA 4.0
Wie wichtig das Verhältnis zwischen Russland und Europa für Teile der deutschen Gesellschaft ist, wird klar, wenn man am Sonntag den 8. November einen Blick in die Georg-Friedrich-Händel-Halle wirft. 500 Menschen sind an diesem Sonntagmittag gekommen um Valentin Falin zu erleben, der im Rahmen des “Forum Kultur und Politik” in Halle über die “Russisch-Deutschen Beziehungen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft” referiert. “Wir hatten wahnsinniges Glück diesen eindrucksvollen Menschen und spannenden Zeugen der Zeitgeschichte hier begrüßen zu dürfen,” freut sich Alexander Becker vom FES Büro Sachsen-Anhalt. “Er war gerade auf Deutschlandreise und so konnte er es einrichten, in Halle Stopp zu machen. Er wollte sehen, ob sich seit seinem letzten Besuch etwas verändert hat”, schmunzelt Becker. “Der war 1951.”
Falin wurde 1923 in Leningrad geboren und wuchs später in Moskau auf. Schon in jungen Jahren hatte ihm sein Vater Deutschland und dessen Dichter und Denker nahe gebracht, erzählt er mit einer Stimme, der man seine knapp 90 Jahre deutlich anhört. Als junger Mann beschloss er Deutsch und Deutschlandkunde zu studieren, um zu verstehen was nicht zu verstehen ist: “Wie konnten aus diesen Dichtern und Denkern Nazis werden?” Später arbeitete er im sowjetischen Außenministerium unter anderem als Leiter der Abteilung Deutschland und Österreich, beriet Chruschtschow als Experte für Deutschlandfragen und war von 1971 bis 1978 Botschafter der Sowjetunion in der BRD. Auch bei den Verhandlungen über die deutsche Einheit im Sommer 1990 zwischen Helmut Kohl und Michail Gorbatschow spielte Falin als Berater eine wichtige Rolle. Auf Einladung des kürzlich verstorbenen Egon Bahrs, der noch im letzten Jahr zu Gast beim “Forum Kultur und Politik“ war, wohnte er nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion für mehrere Jahre in Hamburg. Doch trotz dieser intensiven Beschäftigung mit Deutschland über Jahrzehnte und historische Momente hinweg, resümiert er: “Eine Antwort auf diese Frage habe ich noch immer nicht.”
Dank Falins reicher historischer Einblicke ist es eher eine Veranstaltung über die Vergangenheit als über die Gegenwart und Zukunft der Russisch-Deutschen Beziehungen. Aber ohne diese Vergangenheit lässt sich eben auch das aktuelle Geschehen nicht verstehen, ist Falin überzeugt. “West-Europa und Russland haben eine sehr unterschiedliche Geschichte, unterschiedliche Staatstraditionen und sie sind auch heute noch sehr verschieden. Viele Probleme beruhen darauf, dass sowohl Russland und Europa fälschlicherweise denken, der jeweils andere wäre einem selbst ähnlicher, als es tatsächlich der Fall ist”, analysiert Falin. Die zahlreichen Zuschauer zeigen sich beeindruckt von Valentin Falins Auftritt, und so wird er mit lang anhaltendem Applaus in Halle verabschiedet.
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Ansprechpartner
Jochen Dahm
0228 883-7106Jochen.Dahm(at)fes.de
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