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Die COP29 in Aserbaidschan wird zum Schauplatz einer globalen Debatte: Wie lassen sich Billionen für Klimaschutz mobilisieren, während der Globale Süden zugleich faire Unterstützung einfordert?
Kann die COP29 in Aserbaidschan das Vertrauen in den internationalen Klimaprozess als wirksame Plattform für globale Klimakooperation und Klimagerechtigkeit erneuern, indem sie ein neues Klimafinanzierungsziel liefert? Die Antwort könnte entscheidend für die Glaubwürdigkeit künftiger Weltklimakonferenzen sein.
Es deutet sich eine neue Tradition an: Die Weltklimakonferenz (Conference of the Parties – COP) findet auch in diesem Jahr in einem Staat statt, der stark von fossilen Ressourcen abhängig ist und zudem durch eine schwierige Menschenrechtslage und Korruptionsvorwürfe geprägt ist: Aserbaidschan. Nach Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird nun in einem weiteren „Petrostaat“ über den globalen Ausstieg aus den fossilen Energien verhandelt. Viele hoffen bereits auf Brasilien, wo die COP30 voraussichtlich fortschrittlichere Akzente setzen könnte. Zentrales Thema der COP29-Verhandlungen ist die Frage der Klimafinanzierung: Wie viel Geld wird künftig für Klimaschutz bereitgestellt? Es soll ein neues globales Klimafinanzierungsziel (New Collective Quantified Goal – NCQG) festgelegt werden. In diesem Punkt klaffen die Positionen jedoch deutlich auseinander.
Bisher galt das auf der Pariser Klimakonferenz 2015 vereinbarte Ziel, dass die reichen Industrieländer jährlich 100 Milliarden US-Dollar mobilisieren sollen – eine Summe, die erst 2022 erreicht wurde. Nun steht die Frage im Raum, wie hoch die Summe ab 2025 ausfallen soll. Derzeit wird über Beträge von bis zu einer Billion US-Dollar diskutiert, da die Bedarfe weit über den bisher zugesagten Mitteln liegen – und mit dem Fortschreiten der Klimakrise weiter steigen dürften. Konkret wird gefordert, das Klimafinanzierungsziel durch klare Vorgaben für verschiedene Bereiche zu unterfüttern, um den spezifischen Bedarfen des Globalen Südens gerecht zu werden und das Vertrauen in den multilateralen Prozess zu stärken. Aktuell fließt der Großteil der Klimafinanzierung in Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Dabei wird häufig übersehen, dass auch Mittel für die Anpassung an die Klimafolgen sowie zur Unterstützung bei klimabedingten Schäden und Verlusten dringend erforderlich sind.
Wie kann eine solch hohe Summe für die Klimafinanzierung mobilisiert werden, wenn bislang nur ein Zehntel davon aufgebracht werden konnte? Viele Industrieländer fordern zunehmend, dass auch andere wirtschaftlich starke Staaten wie China, Ölstaaten und Länder mit hohen Emissionen oder Einkommen zur Klimafinanzierung beitragen. Doch viele Länder, angeführt von China, lehnen dies ab und berufen sich auf die mittlerweile veraltete Einstufung von 1992, die festlegt, wer als Industrie- und wer als Entwicklungsland gilt. Der Konflikt zwischen den reichen Gebernationen und dem Globalen Süden erschwert die Verhandlungen zusätzlich.
Außerdem drängen zahlreiche Industrieländer darauf, dass privates Kapital stärker eingebunden werden und – angesichts knapper Haushalte – nur ein kleiner Teil der Klimafinanzierung aus öffentlichen Mitteln stammen solle. Der Globale Süden sieht dies kritisch: Oft werden Kredite nur zu Marktkonditionen vergeben, was die Schuldenlast erhöht. Stattdessen fordern diese Länder eine stärkere Finanzierung durch Zuschüsse und öffentliche Mittel, während private Gelder nur ergänzend eingesetzt werden sollten. Der Ansatz soll Vertrauen schaffen und die Erreichung der Klimaziele ermöglichen.
In der Zivilgesellschaft gibt es progressive Vorschläge für alternative Finanzierungsmöglichkeiten, die auch auf die COP29-Agenda gesetzt wurden. Hierzu zählen eine globale Vermögenssteuer, eine stärkere Besteuerung klimaschädlicher Aktivitäten und der Abbau klimaschädlicher Subventionen. Um die Handlungsspielräume der Staaten im Globalen Süden zu erweitern, wird eine Reform internationaler Finanzinstitutionen diskutiert. Die Global Solidarity Levies Task Force, unter der Leitung von Barbados, Frankreich und Kenia, macht sich für zusätzliche Finanzierungsquellen wie Solidaritätsabgaben stark. Diese sollen Staaten ermöglichen, die Klimakrise zu bewältigen, ohne ihre soziale oder wirtschaftliche Stabilität zu gefährden. Ob solche Reformen in die Abschlussdokumente einfließen wird jedoch vom Verhandlungsgeschick einiger weniger progressiver Regierungen abhängen. Angesichts der zunehmenden globalen Spannungen und geopolitischen Umbrüche wäre es ein Rückschritt, wenn die Weltgemeinschaft nicht zumindest einen Minimalkompromiss erzielt, der eine Grundlage für die zukünftige Klimafinanzierung schafft. Denn während Länder des Globalen Südens dringend Unterstützung im Kampf gegen die Klimakrise benötigen, ist auch das Vertrauen und die Zusammenarbeit des Globalen Südens insgesamt für die überwiegend westlichen Industrieländer unerlässlich – sowohl im Klimaschutz als auch bei anderen globalen Herausforderungen. Wichtig ist, dabei hervorzuheben, dass die Verhandlungen zur Klimafinanzierung nicht losgelöst von anderen Schwerpunkten betrachtet werden können. Dies betrifft insbesondere das zweite zentrale Thema der COP29: die Frage, ob ausreichend Länder ihre Klimaschutzpläne (Nationally Determined Contributions – NDCs) bis Anfang nächsten Jahres verschärfen werden, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Laut Climate Action Tracker haben bisher nur 69 der 195 Vertragsstaaten des Pariser Abkommens ihre NDCs verschärft, und nur fünf davon haben noch ambitioniertere Minderungsziele festgelegt.
Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müsste die Erderwärmung bis 2030 um 43 Prozent gegenüber dem Stand von 2019 gesenkt werden – und bis 2035 sogar um 60 Prozent. Dies zeigt die Dringlichkeit der Lage sehr eindrücklich. Vor allem Länder des Globalen Südens sind auf verlässliche finanzielle Zusagen angewiesen, um ihre Emissionen entsprechend zu reduzieren, da beispielsweise die Einführung erneuerbarer Energien dort deutlich teurer ist als im Globalen Norden. Ohne ausreichende Mittel und die Einhaltung gemachter Finanzzusagen sind die Länder des Globalen Südens auch nicht bereit, hier zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen. Andere wichtige Verhandlungsthemen geraten leider in den Hintergrund. Dazu zählt auch das Just Transition Work Program (JTWP), das auf der COP 2023 in Dubai beschlossen wurde. Zwar wurde Just Transition bereits 2015 in der Präambel des Pariser Abkommens verankert, jedoch fehlten bisher konkrete Umsetzungsschritte. Das JTWP schafft nun diese Möglichkeit, konkrete Maßnahmen umzusetzen, doch bisher wird diese Chance nicht ausreichend ergriffen. Ein Lichtblick ist, dass Arbeitsrechte hier erstmals Erwähnung finden. Die Verhandlungen konzentrieren sich jedoch überwiegend auf prozedurale Fragen, statt klare Definitionen für die konkreten Elemente einer Just Transition zu schaffen. Die Richtlinien der International Labour Organization zur Just Transition bieten bereits einen wertvollen Referenzrahmen, der deutlich stärker genutzt werden könnte. Besonders wichtig wäre zudem, die Verknüpfung mit anderen zentralen Verhandlungsthemen hervorzuheben, da Just Transition als Querschnittsthema in Bereichen wie Klimafinanzierung und den NDCs eine entscheidende Rolle spielen sollte. Auf der COP29 gilt es, dieses Potenzial noch gezielter zu fördern, um die Grundlage für eine gerechte und nachhaltige Klimapolitik zu stärken.
Yvonne Blos, unsere Expertin für internationale Klima- und Energiepolitik und begleitet die internationale Delegation der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Weltklimakonferenz in Aserbaidschan.
Sie bündelt die Expertise aus den unterschiedlichen Regionen auf globaler Ebene und trägt gemeinsam mit unseren regionalen Klimaexpert_innen dazu bei, dass Just Transition und Klimagerechtigkeit eine stärkere Rolle in der internationalen Klimapolitik spielen. Seit 2021 koordiniert sie unsere Arbeit auf der internationalen Weltklimakonferenz.
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