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Die Plattformökonomie gilt als Herzstück der digitalen Revolution. Die Kehrseite aber zeigt: Eine europäische Regulierung ist dringend notwendig.
Bild: Klick klick Hunger. Maus Handzeiger auf leerem Teller von Marie Maerz / photocase.de lizenziert unter Basislizenz 5.0
Im Straßenbild deutscher Großstädte kommt die digitale Revolution in pink oder türkis auf zwei Rädern daher. Die Lieferdienst-Startups Foodera und Deliveroo mit ihrer Schar aus Fahrrad-Kurieren sind sichtbare Beispiele für die sogenannte Plattformökonomie – ein Wirtschaftsmodell, bei dem sich Unternehmen über Internetplattformen meist per App und per Algorithmus gesteuert einer großen Anzahl flexibel arbeitender Anbieter_innen von Dienstleistungen (‚die Crowd‘) bedienen. Die Plattformökonomie gilt als Herzstück der neuen digitalen Arbeitswelt. Unternehmen wie der Fahrdienst Uberoder Service-Plattformen wie MyHammer und Clickworker verändern schon jetzt die globale Organisation von Arbeit.
In Europa ist die Plattformökonomie zwar noch ein Nischenphänomen, laut einer Studie der Universität Oxford ist der digitale Arbeitsmarkt aber allein im letzten Jahr um mehr als 25 Prozent gewachsen. Mit dem Leitbild der Flexibilität, der effektiven Selektion durch Reputationsmechanismen und einem mitunter globalen Wettbewerb gut qualifizierter Freelancer wird die Plattformökonomie als Zukunft der Arbeitswelt stilisiert. Die Qualität der Beschäftigungsverhältnisse gerät dabei oft aus dem Blick.
Wer übernimmt die Kosten, wenn beim Pizza-Ausliefern das Fahrrad kaputt geht? Wer zahlt im Krankheitsfall? Zentrale Schutznormen für Arbeiternehmer_innen werden in der Plattformökonomie ausgehöhlt; so gibt es für flexibel arbeitende ‚Crowd-Worker‘ meist weder einen geregelten Urlaubsanspruch, noch einen Kündigungsschutz oder Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. Der Wettbewerb der Plattformarbeitenden drückt die Löhne, Mindest- oder Tariflohn werden selten bezahlt und es gibt keine Einbindung in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme. Und wer auf Abruf Essen ausliefert oder von zu Hause Programmieraufträge entgegennimmt, kann sich kaum organisieren und durch Betriebsräte oder Gewerkschaften für eine Durchsetzung der Arbeitnehmer_inneninteressen eintreten.
Eine staatliche Regulierung der Plattform-Ökonomie ist dringend geboten. In seiner für die Friedrich-Ebert-Stiftung verfassten Studie „Fair Working Conditions for Platform Workers“ erläutert Martin Risak, warum diese auf europäischer Ebene durchgesetzt werden sollte. Für Professor Risak, tätig am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien, ist der grenzüberschreitende Aktionsradius vieler Plattformen der wesentliche Punkt. Neben den Kurier-Fahrer_innen und anderen ortsgebundenen Angeboten, gibt es immer mehr Plattformen die ortsunabhängige Dienstleistungen wie Design- oder Programmierarbeiten vermitteln. Für Risak kann nur eine europäische Regulierung Sozialdumping effektiv bekämpfen und Ausweichbewegungen in Länder mit niedrigem Schutzniveau entgegenwirken. Die Basis einer solchen ‚Platform Work Directive‘ ist die widerlegliche Vermutung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Plattform als Arbeitgeber_in und denPlattformarbeitern als Arbeitnehmer_innen. Auf diese Weise könnte das Arbeitsrechts des jeweiligen Landes, in dem die Dienstleistung in Anspruch genommen wird, überführt werden.
Die Debatte über die Zukunft der Arbeit im digitalen Zeitalter muss auch eine Debatte über die Zukunft fairer Arbeit sein. Zur Durchsetzung von Arbeitnehmer_innenrechten braucht es neue Ansätze im Bereich der staatlichen Regulierung. Für die Crowd liegt die Zukunft guter Arbeitsbedingungen in Brüssel.
Ansprechpartner in der Stiftung
Arne Schildberg
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