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Die europapolitische Debatte hat Fahrt aufgenommen: mehr Integration, ein Euro-Finanzminister, sogar eine Verfassung für die EU? Eine neue Bundesregierung muss hierzu Vorschläge entwickeln. Dabei muss man das Wohl und die Interessen aller Europäer_innen im Blick haben.
Bild: IMG_9272 von Flowizm ... lizenziert unter CC BY 2.0
Die Bundestagswahlen in Deutschland haben kein eindeutiges Ergebnis gebracht. Wir erinnern uns: Bald sind es drei Monate her, dass die Bürger_innen aufgerufen waren, ein neues Parlament wählen und damit eine neue Regierung zu bestimmen. Das Parlament hat sich konstituiert, aber von einer neuen Regierung ist weit und breit nichts zu sehen. Nachdem sich die SPD unmittelbar nach der Wahl auf die Führung der Opposition festlegte, musste sie sich nun wieder neu aufstellen: die Jamaika-Koalition, gegen die sie opponieren wollte, kam überraschend doch nicht zustande.
Seitdem läuft die deutsche Staatsmaschine mehr oder weniger im Leerlauf. Man nimmt sich viel Zeit, leckt nochmals die Wunden und lässt das Ganze erst einmal sacken. So zeigt sich am Ende dieses Jahres 2017, dass die ganz auf Stabilität ausgerichtete grundgesetzliche Ordnung der Bundesrepublik bisweilen auch Schwerfälligkeiten produziert. Zwar könnte das Parlament unter einer Minderheitsregierung gestärkt und im Spiel mit wechselnden Mehrheiten mehr Flexibilität eingeübt werden. Doch das scheint alle zu überfordern.
Wie anders sieht es in Frankreich aus, wo die Verfassung der 5. Republik einen starken Präsidenten vorsieht – und mit Emanuel Macron anscheinend auch bekommen hat. Nicht zuletzt wegen seines dezidiert proeuropäischen Programms wurde er im Frühjahr gewählt. Mit seiner von großem Pathos getragenen europapolitischen Grundsatzrede hat er die Marschrichtung und das Tempo vorgegeben. Kurz gesagt: mehr Integration wagen! Auch Kommissionspräsident Juncker hat seine Vorschläge für Reformen vorgelegt, mit weniger Verve und weniger weitgehend. In Deutschland wird man sich dazu verhalten müssen, zumindest im Wahlkampf waren eigene Entwürfe Mangelware.
In der Slowakei werden die Vorstöße aus Paris und Brüssel aufmerksam verfolgt. Das Visegrad- Land ist vergeichsweise pro-europäisch, wenngleich es - wie die anderen Visegrádstaaten auch – die Festlegung von Quoten für die Umverteilung von Migrant_innen ablehnt. Betont wird der Anspruch auf die Zugehörigkeit zu einem Kerneuropa, falls es zu einem Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten kommen sollte. Nicht zuletzt ist das kleine Land schon seit 2009 Mitglied der Eurozone. Damit wäre es direkt von Änderungen wie einem Euro-Finanzminister oder einer Euro-Parlamentarierversammlung betroffen.
Mitte Oktober wurde die Gemengelage aus Reformvorschlägen und den neuen, ungewissen politischen Verhältnissen in Deutschland in der slowakischen Hauptstadt Bratislava diskutiert. Eingeladen waren Udo Bullmann, Mitglied im Europaparlament, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament und Europabeauftragter der SPD, die Politikwissenschaftler Jozef Bátora und Marek Lenč sowie der Diplomat Peter Paluš. Auf die kulturellen und wirtschaftlichen Verflechtungen der beiden Länder verweisend sprachen sie sich für eine enge Partnerschaft zwischen Bratislava und Berlin aus – und für eine fairere Entlohnung der Arbeiter_innen in der hochproduktiven slowakischen Automobilindustrie.
Vielleicht deutet sich hier auch eine Rückkehr zum alten deutsch-französischen Führungsmodell in der EU an: Frankreich gibt die Richtung vor und Deutschland bindet die Interessen und Positionen der kleineren Mitgliedsländer ein, wie es auch im - deutschen Föderalismus funktioniert. Mit der Rolle als Hegemon konnte Berlin bislang ja wenig anfangen. Auf dem Parteitag der SPD Anfang Dezember forderte Martin Schulz eine Verfassung für die EU und die Gründung der Vereinigten Staaten von Europa. Nicht nur in der Slowakei muss er dafür noch ordentlich um Unterstützung werben.
Ansprechpartnerin in der Stiftung:
Anne Seyfferth
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