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Portugal hat die Austeritätspolitik umgekehrt – und zeigt damit auch der EU Möglichkeiten eines Politikwechsels auf.
Bild: Solidarität von fishy lizenziert unter CC BY-NC-ND 2.0
Portugal ist zurück. Das Land in Europa, das 2014 mit über 130 Prozent des BIP eine der höchsten Schuldenquoten in der EU hatte und auch jetzt noch Sonderkredite des IWF benötigt, zeigt Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung – und das unter einer linken Regierung. Seit Ende 2015 führt António Costa eine sozialistische Minderheitsregierung, die vom heterogenen Linksblock und der kommunistischen Partei unterstützt wird. Nachdem das westlichste EU-Mitgliedsland eine schwere wirtschaftliche und auch gesellschaftliche Depression durchlebte, scheinen sich die Dinge nun wieder zum Besseren zu wenden.
Das beginnt bei den volkswirtschaftlichen Indikatoren. Die guten Nachrichten betreffen zunächst das Haushaltsdefizit, das mit 2,1 Prozent zum ersten Mal wieder unter der 3 Prozent-Marke der Euro-Stabilitätskriterien liegt. Endlich fällt auch die Arbeitslosigkeit wieder, von vormals über 16 Prozent bewegt sich die Quote nun Richtung 10 Prozent. Das Wirtschaftswachstum ist zwar noch schwach, aber immerhin vorhanden. Sorgen machen die tendenziell steigende Staatsschuldenquote und die Banken.
Unterm Strich ist aber eine positive Entwicklung auszumachen. Wichtig dabei ist, dass sie nach anderthalb Jahren sozialistischer Regierungspolitik gemeldet werden kann. Und aufgrund einer dezidierten Abkehr der auch von Brüssel und Berlin favorisierten Austeritätspolitik. Seit ihrem Antritt hat die Regierung Costa die Politik des Sparens der Vorgängerregierungen ausgetauscht unter anderem gegen höhere Sozialausgaben, einen höheren Mindestlohn und verringerten Mehrwertsteuersatz für Restaurants – aktive Anstrengungen also, um sowohl die Wirtschaft wieder anzukurbeln als auch für mehr gesellschaftliche Solidarität zu sorgen.
Genau diesem Thema widmete sich vor Kurzen auch eine Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Lissabon. Organisiert wurde die Diskussion mit Partnern vor Ort, dem gewerkschaftlich orientierten Instituto Ruben Rolo, und der Fundação Res Publica, einem progressiven Think Tank. Unter dem Titel „Ein solidarisches Europa ist möglich“ diskutierten der Osnabrücker Politikwissenschaftler Klaus Busch, der Europa-Abgeordneten und Vorsitzenden der Stiftung Res Publica, Pedro Silva Pereira sowie der Parlamentarier João Paulo Correia und der Gewerkschafter Carlos Trindade. Als Hauptredner stellte Klaus Busch auch Thesen seines jüngst erschienenen Buches „Europa geht auch solidarisch“, das als eine „Streitschrift für eine andere EU“ gelesen sein will. Unter anderem geht es Busch und seinen Mitautoren um die „Einführung einer alternativen europäischen Regulierung der Leistungsbilanzungleichgewichte“. Mit dem Schlagwort der Ausgleichsunion wird sich vor allem auch Deutschland in nächster Zeit vermehrt angesprochen fühlen müssen, sind die hohen Exportüberschüsse doch nicht zuletzt mit dem niedrigen Euro und der restriktiven Lohnpolitik in Deutschland erkauft und – zugespitzt – dem Export der Arbeitslosigkeit vor allem in den Süden Europas.
Interessanterweise ist es das bisher und auch weiterhin krisengeplagte Portugal, von dem nun neue Zuversicht für einen Politikwechsel in Europa ausgehen könnte. Denn die Linksregierung stellt an den ihr zur Verfügung stehenden Hebeln auf eine Neuausrichtung um. Damit scheint das „Es gibt keine Alternative“-Dogma durchbrochen. Eine ähnliche Dynamik deutet sich mit der Ernennung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten auch in Deutschland an. Mit einer neuen linken Regierungsoption in Deutschland könnten sich die Kräfteverhältnisse in ganz Europa kräftig wandeln. Auch weil sich die linken Kräfte seit langer Zeit – unter dem Druck wachsender rechter Bewegungen – wieder auf einander zubewegen. Im 60. Jubiläumsjahr der Römischen Verträge ist es höchste Zeit, dass neue Wege zu einem gerechteren europäischen Integrationsprojekt gegangen werden.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Freya Grünhagen
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