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Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Warum es wichtig ist, dass lokale Akteur*innen Friedensprozesse gleichberechtigt mitgestalten erläutert Konstantin Bärwaldt in einem neuen FriEnt-Briefing.

Konstantin Bärwaldt von der Friedrich-Ebert-Stiftung hat auf Grundlage der Erkenntnisse des FriEnt Peacebuilding Forums Politikempfehlungen für die deutsche Friedenspolitik formuliert. Im Zentrum steht das Prinzip des „local ownership“. Das bedeutet, dass die lokalen Akteur*innen den Friedensprozess gleichberechtigt mitgestalten. Eine Textrezeption.

An gutem Willen hat es politischen Entscheider*innen in Deutschland bisher nicht gemangelt. Wie kaum ein anderes Land macht sich die deutsche Politik für Friedensförderung stark und stellt beachtliche Ressourcen dafür zur Verfügung. In Afghanistan wurde über 20 Jahre eigentlich alles ausgepackt, was der Instrumentenkoffer der internationalen Zusammenarbeit zu bieten hat.

Gut gemeint, ist aber nicht gut gemacht. Expert*innenrunden diskutieren jetzt die Frage, was in Afghanistan schief gelaufen ist und vor allem, was wir daraus lernen können. Der Bundestag wird dazu wahrscheinlich eine Enquete-Kommission einrichten. Die deutsche Politik erhofft sich daraus neue Impulse für ihre künftige Außen-, Friedens – und Entwicklungspolitik.

Ohne breite Beteiligung hat nachhaltiger Frieden keine Chance

In dem aktuellen FriEnt-Briefing stellt Autor Konstantin Bärwaldt „local ownership“ und Partnerschaften als zentrale Ansatzpunkte für deutsche Friedensförderung in den Mittelpunkt. „Ohne breite Beteiligung und Einbeziehung aller Gesellschaftsmitglieder – sowohl der Gewalt-Akteur*innen, der Profiteur*innen, der Leidtragenden als auch der mittelbar Konflikt-Betroffenen – hat nachhaltiger Frieden keine Chance“. Das Papier enthält teilweise praktische, teilweise grundsätzliche Politikempfehlungen dafür, wie Friedensprozesse gelingen, wenn sie politisch und organisatorisch sensibel begleitet und unterstützt werden.

Im Zentrum steht die Rolle der lokalen Akteur*innen: Sind diese lediglich Implementierungspartner*innen oder politische Akteur*innen mit einer selbstbestimmten Agenda, die es zu unterstützen gilt? Allzu häufig sind lokale Akteur*innen, dazu gehören insbesondere auch nationale Fachkräfte (sogenannte Ortskräfte) von der Analyse, Planung, Umsetzung und Evaluierung von Programmen und deren finanzieller Ausstattung ausgeschlossen. Konstantin Bärwaldt gibt praktische Empfehlungen, wie die Bundesregierung in Zukunft die Eigenverantwortung lokaler Akteur*innen stärken kann. Dazu gehört auch eine transparente Kommunikation und eine offene Debatte sowohl vor Ort als auch im Deutschen Bundestag über die erwünschten Wirkungen internationaler Unterstützungsprogramme. Bärwaldt empfiehlt unter anderem ein erleichtertes Antrags- und Berichtswesen sowie ein Förderprogramm, über das zivilgesellschaftliche Organisationen ohne Auflagen von außen verfügen können.

Mehr Ressourcen für Auslandsvertretungen

Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik arbeiten schon heute häufig gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen an Friedens- und Entwicklungsprozessen. Das ließe sich aber noch ausbauen. Bärwaldt empfiehlt eine größere Verbindlichkeit im Vorgehen. Die Regierung solle festlegen, mit welchen Verfahren und welcher Intensität eine regelmäßige Konsultation von zivilgesellschaftlichen Akteuren in allen Regionen des Landes sichergestellt werden soll. Das sei aber zurzeit kaum zu leisen, die Auslandsvertretungen bräuchten, vor allem in fragilen Krisenländern, mehr Personal und Finanzen.

Schließlich widmet sich Bärwaldt noch dem Sicherheitssektor. Auch in Programme der Ertüchtigung und Sicherheitssektorreform sollten Bürger*innen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen einbezogen werden. Hier müssten die Sicherheitsbedrohungen und -wahrnehmungen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen stärker als bisher berücksichtigt werden.

Langfristige Überwindung struktureller Machtungleichgewichte

Offensichtlich gibt es dicke Bretter zu bohren. Aber Bärwaldt ist optimistisch: „Vor allem die praktisch-operativen Empfehlungen ließen sich bei „einem entsprechenden politischen Willen vergleichsweise einfach umzusetzen“, stellt er fest. Mit der fünften Empfehlung holt er weiter aus. Sie richtet sich auf „eine langfristige Überwindung der strukturellen Machtungleichgewichte zwischen „Globalem Norden“ und „Globalen Süden“. Diese erfordere einen Kulturwandel, hin zu Offenheit, Vertrauen, kultureller Sensibilität. Nur dann seien „gleichberechtige Partnerschaften“, wie sie die Agenda 2030 einfordert, mit Leben zu füllen.

Allerdings sei Local Ownership und eine umfassende Beteiligung von Zivilgesellschaft allein kein Patentrezept für die Schaffung einer friedlicheren Welt, schreibt Bärwaldt. Aber in jedem Falle brauche es repräsentative Allianzen und Verbündete auf allen Ebenen, um politischen Wandel für mehr Gerechtigkeit und Frieden zu fördern.


Der Beitrag erschien am 25.11.2021 zuerst auf frient.de.

 

Das FriEnt-Briefing "Local Ownership als Prinzip von Friedensförderung" steht ab sofort zumDownload auf der FriEnt-Website bereit. Die ausführliche Dokumentation des FriEnt Peacebuilding Forums sowie ein Video des "Making of" des FriEnt Peacbuilding Forums befinden sich hier.


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