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IT-Fachkräfte sind wohl eine der begehrtesten Fachkräftegruppen auf dem Arbeitsmarkt. Eine FES-Studie analysiert die Einwanderungsbedarfe.
Bild: von Dr. Sandra Hofmann / WifOR
Bild: von Andrea Laukhuf / WifOR
Bild: von panos picturs/visum
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat das Forschungsinstitut WifOR mit der Erstellung einer Studie zu den aktuellen und für 2030 prognostizierten Einwanderungsbedarfen an IT-Fachkräften beauftragt. Wir sprachen mit den Autorinnen der Studie Dr. Sandra Hofmann (Forschungsleiterin Arbeitsmarkt bei WiFOR) und Andrea Laukhuf (Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei WifOR)
FES: Was unterscheidet Ihre Studie von anderen Studien, die zu diesem Thema in den letzten Jahren erschienen sind?
Sandra Hofmann und Andrea Laukhuf: Die Studienlandschaft ist sehr heterogen und unterscheidet sich etwa hinsichtlich der zugrunde liegenden Methodik oder verwendeten Datenbasis. Unser Ziel war es, über die Bundesländer hinweg vergleichbare Ergebnisse und Erkenntnisse zu erreichen. Hierzu haben wir unser makroökonomisches Arbeitsmarktmodell verwendet, dessen einheitliche Datenbasis auf öffentlich verfügbaren Arbeitsmarktdaten beruht. Mit diesem Modell wurden bereits zahlreiche andere Arbeitsmarktanalysen durchgeführt, wobei die Modellstruktur verschiedene Schwerpunktsetzungen erlaubt. Darüber hinaus haben wir erstmals einen vergleichbaren Attraktivitätsindex für die 16 Bundesländer entwickelt. Dieser soll helfen, neben den empirischen Befunden weitere Erkenntnisse zur Arbeitsmarktsituation und Attraktivität der Bundesländer für IT Fachkräfte aufzuzeigen.
Lassen sich die künftigen Bedarfe an IT Fachkräften durch eine Einwanderung von ausländischen IT Fachkräften decken?
Die Zuwanderung von IT Fachkräften muss ein zentraler Bestandteil der Fachkräftesicherung in Deutschland sein. Allerdings kann Zuwanderung die Herausforderungen nicht allein lösen. Es wird vielmehr eine Kombination aus verschiedenen Stellschrauben benötigt. Eine entsprechende Aus- und Weiterbildung, die Erwerbsbeteiligung von Frauen oder Älteren sowie die notwendigen attraktiven Rahmenbedingungen, wie unser Attraktivitätsindex zeigt, sind unabdingbar – dies gilt natürlich nicht nur für IT Fachkräfte.
Unterstützt wurden Sie bei der Studienerstellung punktuell auch von Bitkom Research, dem Marktforschungsunternehmen des IT-Branchenverbands. So führte Bitkom Research Interviews mit Personalverantwortlichen aus IT-Unternehmen. Auf Basis dieser Interviews: Wie sehr kalkulieren Unternehmen bereits mit der Einwanderung von IT Fachkräften aus dem Ausland, um ihre Bedarfe langfristig abzudecken?
Die Zusammenarbeit mit Bitkom Research und die Möglichkeit, zusätzliche qualitative Aspekte in unsere Analysen einfließen zu lassen, war sehr aufschlussreich. So zeigte sich, dass die befragten Unternehmen bereits aktiv auch IT-Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren. Jedoch wurde auch deutlich, dass die Unternehmen dabei vor gewissen Herausforderungen stehen. So hat etwa ein Personaldienstleister angemerkt, dass Unternehmen sich trotz aller Offenheit nach wie vor gute Deutschkenntnisse von ihren aus dem Ausland rekrutierten IT-Fachkräften wünschen.
Welche weiteren Herausforderungen stellen sich vor allem aus Unternehmenssicht?
Aus den Befragungen wurde deutlich, dass insbesondere die bürokratischen Strukturen sowie die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Qualifikationen den Rekrutierungsprozess erschweren. Darüber hinaus wurde der höhere Aufwand bei Vorstellungsgesprächen genannt. Schlussendlich sehen die befragten Unternehmen den zunehmenden globalen Wettbewerb um IT-Fachkräfte als große Herausforderung. Hier gilt es, auch mit Hilfe des Attraktivitätsindexes die Stärken und Besonderheiten der Bundesländer und Deutschland als attraktiven Arbeitsort hervorzuheben.
Nun stehen IT-Fachkräfte im Ausland bisher nicht Schlange, um in Deutschland zu arbeiten. Dabei spielen sicherlich die äußeren Rahmenbedingungen wie die Sprache oder auch das Einwanderungsrecht eine Rolle. Darüber hinaus gibt es aber auch noch eine Reihe anderer Faktoren, die eine Rolle spielen können. Ihre Studie stellt nun erstmals einen Attraktivitätsindex vor, der eine Einschätzung erlauben soll, wie attraktiv ein Bundesland für eine einwanderungswillige IT-Fachkraft erscheint. Können Sie uns bitte einen Einblick in die Überlegungen geben, die diesem Index zugrunde liegen?
Unser Arbeitsmarktmodell erlaubt wissenschaftliche Aussagen und Projektionen zum Fachkräftebedarf, die eine wichtige Grundlage für Handlungsfelder bieten können. Allerdings werden bei diesem Ansatz „nur“ Arbeitsmarktdaten verwendet. Der Attraktivitätsindex soll helfen, den Blickwinkel zu erweitern und zusätzliche Faktoren, die für (ausländische) Fachkräfte bei der Arbeitsortwahl relevant sein können, zu berücksichtigen. So kann den unterschiedlichen Lebensverhältnissen und Rahmenbedingen Rechnung getragen werden. Analog zu unserem Arbeitsmarktmodell haben wir vergleichbare Datenbasen für die einzelnen Indikatoren gewählt. So konnten mit Hilfe von 31 Einzelindikatoren in sechs Kategorien zusätzliche Ideen und Ansätze für Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, um die Attraktivität der Bundesländer zu erhöhen. Was als attraktiv empfunden wird, ist dabei sicherlich individuell verschieden. Dennoch lässt sich eine Reihe struktureller Faktoren identifizieren, die die Attraktivität eines immer auch lokal verorteten Jobangebots beeinflussen.
Welche Erkenntnis aus der Studie hat Sie persönlich am meisten überrascht?
Nicht wirklich überraschend, aber durch die Ergebnisse der Studie noch einmal deutlich geworden: die IT-Fachkräfte sind eine junge und dynamische Berufsgruppe, mit einem sehr hohen Männeranteil. Zum Vergleich: der Frauenanteil bei IT-Fachkräften ist nur unwesentlich höher als der Männeranteil im Gesundheits- und Sozialwesen. Hier gilt es, die nach wie vor vorhandene horizontale Arbeitsmarktsegregation aufzubrechen.
Überraschend hingegen war, dass eine vergleichsweise geringe Bereitschaft von Unternehmen vorhanden war, sich an der Befragung und Diskussion sowie an der Ableitung von Handlungsmaßnahmen zu beteiligen.
Ein Ergebnis, das wahrscheinlich jeden außer die Rheinland-Pfälzer_innen überraschen dürfte: Rheinland-Pfalz schneidet beim Attraktivitätsindex am besten ab.
Wie attraktiv sind die Bundesländer? / Sandra Hofmann, Andrea Laukhuf, Benedikt Runschke, Sabrina Spies, Daniel Stohr. - Bonn : Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik, 2019. - 68 Seiten = 5,5 MB PDF-File. - (WISO-Diskurs ; 2019,09)Electronic ed.: Bonn : FES, 2019ISBN 978-3-96250-367-3
Publikation herunterladen (5,5 MB PDF-File)
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