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Diesmal kommt die Hiobsbotschaft für Brüssel aus Rom. Die siegreichen Parteien der italienischen Wahl Anfang März eint nämlich vor allem eins: eine kritische Distanz zu Brüssel.
Bild: #ServizioPubblico stasera farà il record della Social TV von paz.ca lizenziert unter CC BY 2.0
Allerdings ist dieses Ergebnis von lediglich kurzfristiger Bedeutung: Alles deutet darauf hin, dass die Italiener eher früher als später erneut zu den Urnen gerufen werden. Eine Regierungsbildung auf der Basis der Ergebnisse des 4. März ist gescheitert und nun wird der Ball zurück an den Wähler gespielt. Diese Wahlen könnten noch im Juli stattfinden.
Bemerkenswert war das Wahlergebnis vom März insbesondere, weil Euroskeptizismus in Italien ein eher junges Phänomen ist. Während dem Europabarometer der Kommission zufolge 2007 noch 58 Prozent der Italiener_innen Vertrauen in die EU hatten, waren es 2017 nur noch 36 Prozent. Weniger Vertrauen hatten nur Zypern, Tschechien, und wenig verwunderlich Großbritannien und Griechenland. Doch wie konnte es so weit kommen? Was hat dazu geführt, dass in Italien, einem Gründerland der Europäischen Union, weite Teile der Wählerschaft für europakritische oder sogar feindliche Parteien stimmten?
Die Gründe sind in der lang anhaltenden Krise der italienischen Volkswirtschaft zu suchen, deren Wachstum sich seit dem Eintritt in die Eurozone tendenziell immer weiter abgeschwächt hat. Die Finanz- und die Eurokrise haben Italien stärker als viele andere Volkswirtschaften getroffen. Auf dem Höhepunkt der Krise lag die Industrieproduktion um 25% unter dem Vorkrisenstand. Die europäische Politik und die Mitgliedschaft in der Eurozone mit ihren rigiden Haushaltsregeln und der Unmöglichkeit der Abwertung der Währung wurden von vielen Italienern als Teil der Ursache dieser Entwicklung empfunden.
Wie die rechte Mitte Italiens sich die zukünftige Europapolitik Italiens vorstellt, analysiert eine Publikation des italienischen Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung: „Die europapolitischen Positionen des Mitte-Rechts-Lagers in Italien“. Luca Argenta zeigt die Schwerpunkte des Europaprogramms des Mitte-Rechtslagers, bestehend aus Silvio Berlusconis konservativer Partei Forza Italia, Matteo Salvinis rechter Partei Lega und Giorgia Melonis nationalistischer Partei Fratelli d’Italia. Dabei ordnet er die Forza Italia noch am ehesten dem europafreundlichen Spektrum zu, während die anderen zwei eindeutig europaskeptische Positionen vertreten.
Alle Parteien eint die Kritik an der EU-Sparpolitik: Im Gegensatz zur Lega und Fratelli d’Italia würde sich die Forza Italia dennoch an die Regeln des Europäischen Fiskalpakets halten. Mehr noch kommt für Silvio Berlusconis Partei ein Euro-Austritt nicht in Frage, während dieser bei den anderen beiden Parteien bisher zumindest rhetorisch nicht ausgeschlossen werden kann. Matteo Salvini artikuliert mit Bemerkungen wie „Wenn diese Währung nicht funktioniert, kann man sie auch infrage stellen" sein bleibendes Misstrauen gegen den Euro. Dies ist um so wichtiger, als die Lega im Moment die deutlich dynamischere Kraft im rechten Lager ist und Berlusconis Stern nach dem schwachen Abschneiden der Forza Italia bei den Wahlen nun tatsächlich zu sinken beginnt.
Allerdings hat auch das Thema Migrationspolitik eine gewisse Rolle gespielt, vor allem für das gute Abschneiden der Lega: Im gesamten Parteienspektrum wurden Forderungen nach mehr Entschlossenheit bei der Sicherung der EU-Außengrenzen gegen illegale Einwanderung und eine Neuverhandlung der Dublin-Regeln artikuliert. Die Regierungspartei PD hatte in dieser Hinsicht bereits im Sommer 2017 eine Kehrtwende hingelegt und sich de-facto von der Politik der „accoglienza“, der italienischen Variante der Willkommenskultur verabschiedet. Für EU-Kommissar Günther Oettinger ist dennoch klar, dass die Italiener_innen sich mit der Flüchtlingskrise allein gelassen fühlten, was auch zu dem Wahlergebnis beigetragen habe.
Es brechen möglicherweise kompliziertere Zeiten in der Fernbeziehung zwischen Brüssel und Rom an. Dennoch: Die EU wird die schwierigen Partner_innen aus Italien ernstnehmen müssen.
Ansprechpartner in der Stiftung
Ernst Hillebrand
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