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Die Europäische Kommission hat ihren Vorschlag für eine Europäische Arbeitsbehörde vorgestellt. Leider fehlen ihr elementare Rechte, um Arbeitsbedingungen effektiv zu verbessern.
Bild: Hammering von Jim Champion lizenziert unter CC BY-SA 2.0
Die Weiterentwicklung der Europäischen Union nimmt Fahrt auf. Dafür verantwortlich sind vor allem die Initiativen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. In groß inszenierten Reden haben sie im vorigen Jahr Reformvorhaben angekündigt. Mittlerweile nehmen diese Gestalt an. So auch die Europäische Arbeitsbehörde (ELA), die Juncker letzten September ankündigte. „In einer Union der Gleichen kann es keine Arbeitnehmer_innen zweiter Klasse geben. Menschen, die die gleiche Arbeit am gleichen Ort verrichten, sollten das gleiche Gehalt bekommen“ sagte er damals. Es sei absurd, dass es zwar eine Bankenaufsichtsbehörde, „aber keine gemeinsame Arbeitsbehörde gibt, die für Fairness innerhalb des Binnenmarkts sorgt. Wir werden sie schaffen.“ Am 13. März wurde der Gesetzesvorschlag vorgestellt und bekannt, dass ELA den Status einer EU-Agentur mit etwa 150 Mitarbeiter_innen erhalten soll.
Ihre grundlegende Aufgabe ist es, durch verbesserte Kooperation der unterschiedlichen nationalen Einrichtungen, die Einhaltung des europäischen Arbeitsrechts und europäischer Sozialstandards in grenzüberschreitenden Arbeitsbeziehungen und Dienstleistungsverhältnissen zu gewährleisten sowie Schlupflöcher zu schließen. Dazu gehört zu allererst die Entsenderichtlinie. Diese soll garantieren, dass für grenzüberschreitend erbrachte Dienstleistungen das Arbeitsrecht des Landes gilt, in dem diese erbracht wird. Doch das Problem der Richtlinie ist, dass sie die Mindestbedingungen des Ziellandes, die auch für die Entsandten zu gelten haben, nicht umfänglich definiert. So hat zwar der gesetzliche Mindestlohn oder bestimmte Tariflöhne zu gelten, aber wenn es diese nicht gibt oder nicht allgemeinverbindlich sind, kann die Richtlinie nicht greifen.
Es zeigt sich, dass die laxe Durchsetzung der Richtlinie vielmehr Lohn- und Sozialdumping fördert. Besonders Grenzregionen sind betroffen. Im österreichischen Burgenland zum Beispiel, welches an Ungarn grenzt, beträgt der Medianlohn im Vergleich zum Rest des Landes nur noch 84%, so der österreichische Gewerkschaftsbund. Nicht nur er fordert daher „eine starke europäische Arbeitsbehörde, die endlich die grenzüberschreitende Durchsetzung von Sanktionen und die effektive Bestrafung von ausländischen Dumpingfirmen sicherstellen müsse.“
Häufig ist auch nicht die Entsenderichtlinie das Problem, sondern deren missbräuchliche Anwendung zum Schein, wie zum Beispiel durch die Anwerbung von Arbeiter_innen, die dann aber als Selbständige ins Auftragsland geschickt werden. Da es sich hierbei um keine Entsendung handelt, fehlt den betroffenen Arbeiter_innen jeglicher Sozialschutz, was den Betroffenen oftmals nicht bewusst ist. Dies geht auch Zulasten der Sozialkassen der Entsendeländer, die bei dieser Art des Missbrauchs keine Abgaben erhalten. Und hier kommt die ELA ins Spiel: Sie könnte solche Praktiken, wenn sie von nationalen Behörden aufgedeckt werden grenzüberschreitend verfolgen und ahnden. Denn das Mandat etwa des deutschen Zolls endet an der Landesgrenze.
Ebenso sieht das der niederländische Arbeitsrechtler Jan Cremers in seiner Studie „Towards a European Labour Authority – Mandate, Main Tasks and Open Questions“. Auch er identifiziert die Hauptaufgabe der neuen Behörde als, das geltende Recht effektiv durchzusetzen. Dazu müssen auch Sanktionsmöglichkeiten geschaffen werden. Zunächst einmal müssen Strafen, die es nach geltendem Recht gibt, wirksam eingefordert werden. Noch einmal der Blick ins Burgenland: Dort wurden 2017 Strafzahlungen in Höhe von einer Million Euro verhängt – aber nur 2000 Euro davon tatsächlich vollstreckt. Doch auch im jüngst vorgestellten Vorschlag fehlen diese Durchgriffsrechte, so dass nicht wirklich mit einer Lösung des eigentlichen Problems gerechnet werden kann.
Niemand will eine europäische Monsterbehörde. Doch Realität ist, dass Europa auch auf den Arbeitsmärkten zusammenwächst. Mittlerweile arbeiten über 16 Millionen Menschen nicht in ihrem Heimatland. Das ist doppelt so viel wie noch vor 10 Jahren – Tendenz weiter steigend. Das ist auch auf die Politik der EU und ihrer Mitgliedsländer zurückzuführen, die die Freizügigkeit, also die Möglichkeit, überall in der EU leben und arbeiten zu können, ermöglicht haben. Ein zentraler Fortschritt. Doch darf das nicht bedeutet, dass Arbeitnehmer_innenrecht ausgehöhlt und Löhne gedrückt werden. Wenn also eine neue Institution gegründet wird, dann muss sie auch Zähne haben.
Ansprechpartner in der Stiftung
Stephan Thalhofer
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