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Auch wenn in der deutschen Sozialdemokratie die Freude über Macrons Wahlsieg groß ist, das Ergebnis legt das Malheure der (fast) gesamten europäischen Sozialdemokratie offen.
Bild: Manifestation contre le "Sommet des pilleurs et pollueurs !" von Gustave Deghilage lizenziert unter CC BY-NC-ND 2.0
Auf dem Bundesparteitag der SPD Ende April hielt der scheidende Parteivorsitzende Sigmar Gabriel eine viel beachtete Rede, in der ein Satz fast unterging. Und dass, obwohl er eine bemerkenswerte Verschiebung im europäischen Parteienspektrum zeigt. Gabriel wünschte Macron, damals noch Bewerber um die Präsidentschaft, er möge die Wahl für sich entscheiden. Gemeinsam mit einem Kanzler Martin Schulz sei in Europa dann einiges möglich.
Beachtlich - hätte doch ein sozialdemokratischer Spitzenpolitiker in zurückliegenden Wahlen kaum für einen Präsidentschaftskandidaten geworben, der nicht der sozialdemokratischen Schwesterpartei Parti Socialiste angehört. Benôit Hamon, Kandidat der französischen Sozialisten, blieb ohne Erwähnung. Dies offenbart, wie aussichtslos auch in Deutschland die Lage der Schwesterpartei bewertet wurde, wie groß indes die Hoffnungen auf den parteilosen Macron waren und wie immens die Verschiebungen im französischen Parteiensystem sind. Am Ende holte Hamon sechs Prozent.
Die sozialistische Partei Frankreichs PS ist seither im Ausnahmezustand. Hamon selbst kündigte die Neugründung einer eigenen Bewegung innerhalb der PS an, Ex-Premierminister Manuel Valls möchte gerne für Macrons Bewegung En Marche in die Parlamentswahlen ziehen. Allein, En Marche möchte das nicht. Ein Großteil ihrer Kandidat_innen für die Parlamentswahlen soll aus der Zivilgesellschaft kommen. Ein Ex-Premier passt da nicht so recht.
„Die Bewegung „En Marche“ ist eine neue Form einer Partei. Sie ist viel zentrierter und offenerer als herkömmliche Parteien. Überall in Europa kann man die Entstehung solcher Bewegungen derzeit beobachten“, analysiert Jakob Weizsäcker, der für die SPD im Europaparlament sitzt. Gemeinsam mit der Deutschlandkorrespondentin des Sender France 24, Anne Mailliet, diskutierte er die Auswirkungen der Frankreich-Wahl in Erfurt. Eingeladen dazu hatte das Landesbüro der FES in Thüringen gemeinsam mit dem Institut français.
Mitte Juni wird in Frankreich wieder gewählt: In den vergangenen Jahrzehnten war die Parlamentswahl eine Formalie. In der Regel errang die Partei des Präsidenten die Mehrheit im Parlament und machte einen Politiker seiner Partei zum Premierminister. Dies wird Macron aller Voraussicht nach nicht gelingen: „Viele Franzosen wussten im ersten Wahlgang nicht, wofür genau sie stimmen. Wenn sie Macron gewählt haben, dann vor allem um Le Pen zu verhindern. Die Parlamentswahl ist daher umso wichtiger und es bleibt abzuwarten, ob Macron eine Mehrheit im Parlament bekommen wird“, sagt Anne Mailliet von France 24.
Was also aus der Politik des neuen Präsidenten wird, das entscheidet sich auch in der kommenden Parlamentswahl. Ebenso wie das Schicksal der PS: Die Sozialistische Partei hält aktuell noch knapp die Mehrheit mit 292 von 577 Sitzen im Parlament. Nach der Wahl könnte sie sich mit einer Handvoll Abgeordneter wiederfinden. Es könnte das Ende der französischen Sozialdemokratie sein, wie wir sie kennen.
Ansprechpartner in der Stiftung:
Paul Pasch
Weiterführende Links:
Puhl, Detlef: Frankreich, Deutschland und die gemeinsame europäische Verteidigungspolitik
Steinmüller, Florian: Vorbild Deutschland oder Vorbild für Deutschland? Die französische Rentenversicherung auf dem Weg zu einem neuen Politikmodell.
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