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Der Fonds als Rettungsanker

Nigerias Bäuerinnen und Bauern leiden massiv unter extremen Wetterbedingungen und mangelnder Unterstützung. Ein Fonds kann das ändern.



 

Ein sonniger, windiger Montagmorgen im September in Wuro Chekke, einer bäuerlichen Siedlung im Nordosten Nigerias: Jamila Muhammed, in einen marineblauen Hidschāb gehüllt, berichtet uns, dass sie wegen der jüngsten Überschwemmungen in der Region ihre gesamte Ernte verlor. Jetzt kämpft sie mit ihren vier Kindern ums Überleben und sieht der bevorstehenden Trockenzeit angstvoll entgegen.

„Wir haben dieses Jahr überhaupt nicht mit einer Überschwemmung gerechnet. Doch wie schon im letzten Jahr wurden alle unsere Reisfelder zerstört und die Häuser überflutet“, sagt Jamila Muhammed und zeigt auf ihr unter Wasser stehendes Gehöft. „Ich habe meine gesamte Ernte verloren; nicht eine einzige Schüssel Getreide konnte ich ernten. Die Regierung muss uns dringend helfen.“ Jamila Muhammed ist nicht die Einzige. Die Langzeitfolgen der Flutkatastrophe – in den ersten August- und Septemberwochen wurden große Flächen an Ackerland überschwemmt – machen Millionen von Bäuerinnen und Bauern in ganz Nigeria schwer zu schaffen.

Als ich einige Betroffene im Bundesstaat Adamawa besuche, erzählen sie mir, wie das Hochwasser ihre Gehöfte rund um die Siedlungen am „Bakin Kogi“ (Flussufer) in den Kommunalverwaltungsgebieten Yola South, Fufore und Girei zerstört und ihre Einkommensquelle zunichte gemacht hat.

„Ich habe von den Erträgen meiner Felder gelebt. Früher habe ich Mais, Reis und Sorghum angebaut, aber die Flut hat meinen Hof überschwemmt und ich konnte kein einziges Korn mehr ernten“, berichtet Sunday Sa'adu, ein Bauer aus der von der Flut betroffenen Siedlung Wuro Chekke. Sa'adu beklagt, dass er wegen der Überschwemmung, die durch die anhaltenden Regenfälle entstand, sein Gehöft nicht betreten kann, was ihn und seine Familie in enorme Schwierigkeiten bringt.

Während die nigerianischen Landwirte jedes Jahr erneut gegen Überschwemmungen ankämpfen müssen, haben die meisten von ihnen in den in ganz Nigeria klimatisch besonders gefährdeten Kommunen nur wenig Hoffnung auf Abhilfe und Unterstützung durch die Regierung.


Dauerhafte Verluste und Schäden in Nigeria

Während der Regenzeit zwischen August und Oktober 2022 erlebte Nigeria eine der schlimmsten Überschwemmungen seit zehn Jahren. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden kamen in diesem Zeitraum mehr als 600 Menschen ums Leben, über 1,4 Millionen Menschen mussten ihre Heimat verlassen.

Zwar forderten die Überschwemmungen in diesem Jahr weitaus weniger Menschenleben, aber die wiederholten Schäden stellen die Landwirte vor neue Probleme, obwohl sie sich von den letzten Extremwetterereignissen noch gar nicht erholt haben.

Am schlimmsten traf es bäuerliche Gemeinschaften, die wichtige Grundnahrungsmittel wie Reis, Mais und Schwarzaugenbohne anbauen. Das wird die Ernährungssicherheit in den betroffenen Gebieten erheblich beeinträchtigen. Die Regierung rief angesichts der spürbaren Unterversorgung und der in die Höhe schießenden Inflation den Ernährungsnotstand aus.
 

Nach Meinung von Expert_innen hätten viele der negativen Folgen abgefedert werden können, wenn der Staat die für den Hochwasserschutz erforderliche Infrastruktur ordnungsgemäß instandgehalten hätte. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht wird prognostiziert, dass Nigeria bis zum Jahr 2050 klimabedingte Verluste von 460 Milliarden Dollar erleiden wird, wenn keine geeigneten Anpassungs- und Vermeidungsmaßnahmen ergriffen werden.


Nigerias Ziel auf der COP28

Mit Blick auf das Treffen der Staats- und Regierungschefs sowie der Klimaaktivist_innen in Dubai unterstreicht Salisu Dahiru, Generaldirektor des Nigerianischen Nationalen Rates für den Klimawandel, wie wichtig der Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage) sei, wenn es um die Unterstützung der vom Klimawandel besonders gefährdeten Länder wie Nigeria gehe. Mit dem Bekenntnis zu dem Fonds werde der Appell „Leave No One Behind“ (Niemand darf zurückgelassen werden) eingelöst.

Die große Hoffnung der betroffenen Länder, dass der Klimafonds auf den Weg gebracht wird, hat sich mit der wegweisenden Einigung am ersten Gipfeltag erfüllt. Die einkommensstarken Länder kündigten umfangreiche Solidaritätszusagen für den neuen Fonds an, mit dem in gefährdeten Ländern, insbesondere in Afrika, eine klimaresiliente Entwicklung gefördert werden soll.

In den ersten drei Tagen der COP28 überschritten die zugesagten Mittel für den Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage) die Marke von 560 Millionen US-Dollar – ein vielversprechender Start in einem Prozess, bei dem es darum geht, weltweit die dringendsten Bedürfnisse der vom Klimakrise am stärksten betroffenen Regionen zu decken.

Mohamed Adow, Direktor der Denkfabrik Power Shift Africa, begrüßte die Einrichtung des Fonds, kritisierte jedoch die ersten Finanzierungszusagen als „unzureichend“ und bezeichnete sie angesichts der zu bewältigenden Probleme als „Tropfen auf dem heißen Stein“.

„Vor allem das von den USA in Aussicht gestellte Finanzvolumen ist peinlich für Präsident Biden und John Kerry und macht deutlich, dass dies nur ein Anfang sein kann“, fügte er hinzu.

Der Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage) wurde am 30. November offiziell verabschiedet, aber abgeschlossen ist der Prozess erst, wenn am 12. Dezember die Konferenz zu Ende geht. Die dramatischen Folgen von Überschwemmungen und Extremwetterereignissen für die Bevölkerung Nigerias und Afrikas insgesamt zwingen die vom Klimawandel bedrohtenMenschen oft zu verzweifelten Maßnahmen und zeigen deutlich, wie dringend der Handlungsbedarf ist.

Die Einrichtung des Fonds gilt als ein Hoffnungsschimmer. Er ist ein Rettungsanker für die von Klimawandel besonders betroffenen Länder und schafft die Voraussetzungen für den Aufbau einer tragfähigen Infrastruktur, die Menschen wie Muhammad und Sa'ad vor den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels schützen kann.

 

Aus dem Englischen von Christine Hardung

 


Über den Autor

Abdulkareem Mojeed ist Journalist bei einer der führenden investigativen Zeitungen Nigerias, Premium Times. Er hat einen Abschluss in Botanik und Ökologie von der Universität Uyo. Wenn er nicht arbeitet, reist er gern und spielt (und sieht) gern Fußball.  
                                  
In diesem Jahr arbeiten wir mit Climate Tracker zusammen und unterstützen den jungen Journalisten Abdulkareem Mojeed dabei, an deren Programm teilzunehmen. Er wird von Climate Tracker weitergebildet, berichtet für uns über die COP28 und ist auch bei Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung dabei.

Die im Artikel zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Äußerungen der Gastautor_innen spiegelt nicht die Haltung der Friedrich-Ebert-Stiftung wider.


Ansprechpartnerin

Sarah Zitterbarth
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