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Wie steht es um die afrikanisch-europäischen Beziehungen nach dem Gipfeltreffen Ende 2017? Fragen an Florian Koch, FES-Koordinator für die Afrikanische Union.
Bild: Männchen mit Puzzelelementen mit Kontinenten von ©fotomek-fotolia/Noé
Die Gipfelerklärung zum EU-AU-Gipfel kam mit einiger Verspätung raus – was war da los?
Die Gipfelerklärung kam erst eine Woche nach Ende des Gipfels heraus, da sich beide Seiten auf einige Punkte nicht einigen konnten. Insbesondere um die Formulierung zur Migration wurde bis zuletzt gerungen: Während die EU auch erzwungene Rückführungen in der Erklärung verankert haben wollten, pochte die afrikanische Seite darauf, nur von freiwilliger Rückkehr zu sprechen. Am Ende setzten sich die Afrikaner bei allen Punkten durch. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten schafften es beide Seite zudem nicht, sich bis zum Ende des Gipfels auf einen Aktionsplan zu einigen. Diesen sollen nun beide Kommissionen innerhalb von 3 Monaten nach dem Gipfel gemeinsam erarbeiten.
Wie steht es insgesamt um die afrikanisch-europäischen Beziehungen, auch im Vergleich zu vorherigen Gipfeln?
Die Beziehungen befinden sich im Umbruch, wie es sich bereits beim letzten Gipfel 2014 in Brüssel abzeichnete. Schon damals sprach die EU davon, dass die Beziehungen pragmatischer werden müssten und hatte vor allem wirtschaftliche Ziele vor Augen. Zulange galt die EU als zögerlich und paternalistisch während China und andere Staaten pragmatische (Wirtschafts-)Beziehungen zu Afrika aufgebaut hatten und massiv an Einfluss gewannen. Heikle politische Themen wie gute Regierungsführung – eine Grundvoraussetzung für nachhaltige Entwicklung und Verringerung von Migrationsbewegungen – spielen dabei keine Rolle. Diesem Ansatz nähert sich Europa immer stärker an, was von der Mehrzahl der afrikanischen Staaten begrüßt wird. Auch die globale Strategie der EU bezieht sich hierauf und spricht etwas schwammig von einem prinzipiengeleiteten Pragmatismus. Betrachtet man jedoch den eben zu Ende gegangen Gipfel, dann steht der Pragmatismus im Vordergrund. Getrieben von der Furcht vor zukünftigen (afrikanischer) Migrationsbewegungen galt das Hauptaugenmerk wirtschaftlichen Investitionen und Schaffung von Arbeitsplätzen für die junge, jobhungrige Bevölkerung Afrikas. Einen politischen Austausch, der auch strittige Themen beinhaltet, suchte man beim Gipfel in Abidjan – wie schon 2014 beim Gipfel in Brüssel – jedoch vergebens.
Und auf Seiten der Afrikaner: Welche Veränderungen sind zu beobachten?
Die Afrikaner sind mittlerweile selbstbewusster und zeigen Europa immer häufiger die Grenzen auf. Für eine ausgeglichenere Partnerschaft ist das sicherlich positiv, doch häufig betrifft das afrikanische “Nein“ Themen, die gut für die herrschende Elite, aber schlecht für die allgemeine Bevölkerung sind. Geht es gegen die Interessen der herrschenden Elite blocken eine Vielzahl afrikanischer Länder jedwede Vorschläge ab. So ist es bezeichnend, dass afrikanische Länder sich mit ihrer Ablehnung gegenüber jeglicher Beteiligung zivilgesellschaftliche Akteure am Gipfel durchsetzten. Auch in der die Gipfelerklärung von Abidjan findet sich fast kein Verweis auf zivilgesellschaftliche Akteure und ihre Rolle innerhalb der afrikanisch-europäischen Beziehungen. Dies könnte sich zwar im Aktionsplan noch ändern, der momentan erarbeitet wird, doch ist von einer besseren Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure nicht auszugehen. Schon im letzten Aktionsplan von 2014 einigten sich Afrikaner und Europäer auf das sog. Joint Annual Forum (JAF), das dazu gedacht war die Implementierung gemeinsamer Projekte zu steuern und der Zivilgesellschaft die Chance zu geben, daran mitzuwirken. Zwischen dem Gipfel in Brüssel und dem in Abidjan fand kein einziges JAF statt, da sich verschiedene afrikanische Staaten weigerten zivilgesellschaftliche Akteure an den Diskussionen teilhaben zu lassen. Europa hat auf diese Entwicklung noch keine Antwort gefunden, scheint aber den werteorientierten und politischen Ansatz immer mehr aufzugeben.
Migration war das beherrschende Thema des Gipfels – herausgekommen ist jedoch, getrieben von der Berichterstattung über schockierende Zustände in libyschen Flüchtlingslagern – nur ein Bekenntnis zu einer schwer umsetzbaren ad-hoc Aktion, die letztlich nur Symptome im Visier hat. Was sind die wirklichen Herausforderungen für beide Kontinente und wie können diese wirklich gemeinsam angegangen werden?
Afrika und Europa sehen sich vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt, die nicht immer identisch sind, sich häufig aber gegenseitig bedingen und folglich auch Auswirkungen auf die Partnerschaft haben. Der Klimawandel und seine Konsequenzen sind hier sicherlich die größten Herausforderungen, da sie nicht nur wirtschaftliche Entwicklung gefährden, sondern auch zu gewaltsamen Konflikten führen können. Darüber hinaus ist die fehlende demokratische Entwicklung in einigen Teilen Afrikas eine gemeinsame Herausforderung, da das Fehlen guter Regierungsführung gepaart mit allgemeiner Perspektivlosigkeit, Armut und Unterdrückung weiter Teile der Bevölkerung nicht selten zu deren (religiösen) Radikalisierung führt, die Länder und Regionen destabilisieren. Was die o. g. Herausforderungen anbelangt ist Afrika sicherlich verwundbarer, doch wird sich Europa den Auswirkungen nicht entziehen können, die sich vor allem in steigenden Migrationszahlen bemerkbar machen dürfte. Um die Herausforderungen besser angehen zu können müssen beide Seiten zu einem politischen Dialog gelangen, der die Ursachen verschiedener Fehlentwicklungen benennt. Strittige Themen dürften dabei auf beiden Seiten nicht ausgeklammert werden.
An eine gleichberechtigte Partnerschaft glaubt inzwischen kaum noch jemand. Welche Schritte wären nötig, um dennoch eine engere (politischere) Kooperation zwischen Europa und Afrika statt der bisherigen Geber-Nehmer Logik einzuleiten?
Aufgrund des ungleichen Kräfteverhältnisses ist eine gleichberechtigte Partnerschaft in naher Zukunft nicht realistisch. Gleichzeitig setzen engere und gegenseitigere – vor allem aber politischere – Beziehungen nicht automatisch ein symmetrisches Kräfteverhältnis voraus. Zuerst müsste Europa verstehen, dass es die Interessen seines afrikanischen Partners stärker berücksichtigen muss, um eine nachhaltige Beziehung aufzubauen. Das betrifft gerade auch die dringend benötigte wirtschaftliche Entwicklung des Kontinents, die aber stärker zu seinen Bedingungen geschehen müsste. Anstelle eines weiteren „Entwicklungsansatzes“ von außen, könnte sich Europa die Entwicklungspläne afrikanischer Staaten anschauen und prüfen was man gemeinsam tun kann. Das beinhaltet selbstverständlich auch die Agenda 2063 der Afrikanischen Union und ihren 10-Jahres Implementierungsplan. Eine solche Kooperation dürfte aber nicht nur technische Hilfe liefern, sondern müsste auch ökologische, politische und soziale Konsequenzen diskutieren. Zugleich müssten beide Partner stärker bei Themen auf globaler Ebene zusammenarbeiten, die von gemeinsamem Interesse sind. Neben der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens ist hier vor allem der Kampf gegen Steueroasen und illegitime Geldflüsse zu nennen. Das würde nicht nur Vertrauen schaffen, sondern auch einen politischen Dialog voraussetzen. Auf der anderen Seite muss Afrika mehr Verantwortung für sich selbst übernehmen und sich von der Geberabhängigkeit lösen, dem fehlt in vielen Ländern aber der politische Wille, was sich nicht zuletzt an der mangelnden Finanzierung der AU durch ihre Mitglieder zeigt.
Ansprechpartner in der Stiftung
Elisabeth Braune
Florian Koch
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Yvonne Blos (international)Yvonne.Blos(at)fes.de
Max Ostermayer (national)Max.Ostermayer(at)fes.de
Claudia Detsch (Europa / Nordamerika)Claudia.Detsch(at)fes.de
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