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Die verstummte Stimme Lateinamerikas

Die Verlegung der COP25 von Santiago nach Madrid führt zu Einschränkungen für zivilgesellschaftliche Akteure - ein Erfahrungsbericht.

Foto einer Veranstaltung beim "Youth & Civil Society Forum" auf der COP25 in Madrid. Mehrere Personen stehen auf der Bühne vor einer Leinwand mit dem COP25-Logo. Sie tragen traditionelle Kleidung und halten bunte Flaggen, darunter eine Regenbogenflagge und eine gelb-weiß-rote Flagge. Das Publikum sitzt vor der Bühne und schaut zu.

Bild: Zivilgesellschaftliche Akteure COP25 von FES Christiane Heun

Gruppenfoto der Delegation der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Bild: FES Delegation von FES Christiane Heun

EIn großer Raum, in dem lange Tische für Arbeitsplätze stehen. An den Tischen sitzen viele Menschen mit Laptops und arbeiten.

Bild: Arbeitsplätze@COP25 von FES Christiane Heun

Die Entscheidung der chilenischen Regierung, die COP25 nicht im eigenen Land abhalten zu können, bedurfte eines schnellen und entschlossenen Plans B. Die spanische Regierung sprang kurzer Hand ein und ermöglichte somit als technischer Gastgeber die Austragung der UN-Verhandlungen. Somit konnten die offiziellen Verhandlungen von 197 Staaten wie geplant stattfinden, was bei der Wichtigkeit und Notwendigkeit der Thematik das offenkundigste Ziel war.

Nach etwas mehr als einer Woche COP lohnt es sich also eine erste Zwischenbilanz zu ziehen: Hat es der spanische Gastgeber geschafft, die enormen Kapazitäten und Logistik bereitzustellen? Und wie empfinden sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Akteure die COP?

Arbeitsbedingungen vor Ort

Bei der Beantwortung dieser Fragen muss eines zunächst vorweg gesagt werden: Was die spanischen Organisatoren in der Kürze der Zeit auf die Beine gestellt haben, ist wirklich beeindruckend. Das COP-Gelände auf der IFEMA ist bestens ausgestattet, es mangelt weder an Räumen, noch an Arbeitsplätzen, ÖPNV-Anbindung, WLAN-Zugang oder Wasserspendern. Diese Punkte mögen auf den ersten Blick belanglos erscheinen, sind nach den Erfahrungen der vergangenen COPs allerdings keineswegs selbstverständlich. Es ist lobenswert, wie die spanischen Organisatoren eine Konferenz solchen Ausmaßes innerhalb weniger Wochen überhaupt auf die Beine gestellt bekommen zu haben.

Doch es braucht keiner exklusiven Einblicke in die Verhandlungen oder Verständnisse über den Arbeitsablauf einer COP, um schnell auf die Probleme zu stoßen. So haben zwar die staatlichen Delegationen durch die Verlegung nach Madrid den notwendigen Verhandlungsrahmen bekommen, allerdings sahen sich zivilgesellschaftliche Akteure durch den Umzug mit substantiellen Mehrkosten konfrontiert. So haben etliche Nichtregierungsorganisationen (NGO) und weitere Gruppen rund ein Jahr lang ihre Aktivitäten und Teilnahme für die COP in Chile geplant und entsprechend Hotelzimmer- und Reisekosten dafür ausgegeben. Viele dieser NGOs sahen sich daher schlichtweg nicht mehr in der Lage, die Mehrkosten für einen Umzug nach Madrid zu stemmen und mussten daher ihre Aktivitäten stark herunterfahren oder den diesjährigen Verhandlungen sogar fernbleiben.

Benachteiligung des Globalen Südens

Beim Blick auf die Teilnehmer_innenliste sowie in Gesprächen mit anderen Organisationen fällt dann – leider wenig überraschend – auf, dass einerseits insbesondere Teilnehmer_innen aus dem Globalen Süden betroffen sind. Andererseits fehlen etliche zivilgesellschaftliche Akteure aus der lateinamerikanischen Region, die sich auf eine COP in Santiago vorbereitet und unzählige Veranstaltung auf dem COP-Gelände sowie den dortigen Alternativgipfeln geplant hatten. Dass diese Gruppen nun in der breiten Masse hier in Madrid fehlen, ist nicht nur mit Blick auf das deutlich reduzierte Programm des Madrider Alternativgipfels bedauernswert. Darüber hinaus fehlt die so wichtige Stimme chilenischer und weiterer lateinamerikanischer Akteure, sodass Chile aus dem Fokus der internationalen Aufmerksamkeit weitestgehend verschwunden ist. Nicht zuletzt aufgrund der erst vor wenigen Monaten begonnenen Proteste und mitunter teils erheblichen Menschenrechtsverletzungen vor Ort ist dieser Umstand besonders schwerwiegend.

Was bleibt, ist also eine weitere COP auf europäischem Boden, die nach Paris, Bonn (Deutschland als technischer Gastgeber für Fidschi) und Katowice nunmehr vierte europäische COP in den vergangenen fünf Jahren (zusätzlich dazu steht mit Glasgow im kommenden Jahr der nächste europäische Gastgeber fest). Und natürlich, eine Austragung in Städten und Ländern, die bereits über eine gute Konferenz-, Hotel- und Transportinfrastruktur verfügen, hat gewisse Vorteile. So gab es oft auch erhebliche und berechtigte Kritik an der Austragung von bestimmten Großereignissen (bspw. Fifa-Fußballweltmeisterschaften oder die Olympischen Spiele) in einzelnen Ländern, die nach immensen getätigten Investitionssummen nun verlassene und brachliegende Veranstaltungsorte besitzen.

Doch Sinn und Zweck einer internationalen Konferenz wie der COP sollte es sein, sowohl allen beteiligten Staaten ein Gastgeberrecht einzuräumen als auch deren Teilnahme als Staat und als Zivilgesellschaft zu ermöglichen. Dies würde nicht nur die Chancengleichheit zwischen allen Akteuren fördern, und den internationalen Kooperationsprozess steigern, sondern auch den jeweiligen Gastgebern die Möglichkeit geben, sein oder ihr Land angemessen zu repräsentieren.

 

Matthias Poralla begleitet das COP25-Team der FES und arbeitet zudem als Forschungsassistenz bei Perspectives Climate Research. Zuvor war er in mehreren Funktionen für die FES und das Deutsche Klima-Konsortium aktiv.


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