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Just Transition spielt eine wichtige Rolle auf der politischen Agenda der COP24. Was genau bedeutet das? Und wie lässt er sich realisieren?
Bild: Impressions FES Just Transition Study Tour von FES
Bild: Impressions FES Just Transition Tour von FES
Im Rahmen einer Study Tour des Referats Mittel- und Osteuropa der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund sind wir diesen Fragen im Vorfeld der COP24 nachgegangen. Zusammen mit Gewerkschaftsvertreter_innen aus Mittel- und Osteuropa sind wir nach Nordrhein-Westfalen und Berlin gereist, haben Beispiele für umfassende Transformationsprojekte kennengelernt und mit politischen Entscheidungsträger_innen diskutiert. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Klimawandel begrenzt werden muss und dass dieses Vorhaben sofortiges Handeln erfordert – auch um die Transition mitzugestalten und zu verhindern, dass tausende von Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren ohne dabei neue Zukunftsperspektiven geboten zu bekommen.
Gewerkschaften, als Stimme der Arbeitnehmer_innen, sehen sich mit diesen Ängsten besonders stark konfrontiert. So aktuell auch mit Blick auf den Bericht der sogenannten „Kohlekommission“ in der Bundesrepublik. Es zeigen sich klare Konfliktlinien, denn dort, wo für einen schnelleren Kohleausstieg protestiert wird, formen sich oft auch Gegenproteste für den Erhalt der Arbeitsplätze im Kohlesektor oder der energieintensiven Industrie. Auch die 10 Teilnehmer_innen aus polnischen, tschechischen, ukrainischen oder georgischen und kasachischen Gewerkschaften kennen die mit dem Übergang verbundenen Schwierigkeiten und die Sorgen der Arbeitnehmer_innen in den betroffenen Sektoren.
Dabei geht es bei weitem nicht nur um die Einschnitte in den individuellen Erwerbsbiographien oder um das Ende einer alten Tradition, denn oft fehlt es schlicht an den finanziellen Ressourcen für große Transformationsprojekte und die Unterstützung der Betroffenen. Indessen könnten gelungene Transformationsprozesse die Qualität der Arbeit sogar steigern und Beschäftigten nutzen. Gerade im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern, die oft viel schlechter sind als im Rheinland oder in der Lausitz. Dafür muss jedoch so schnell wie möglich gehandelt werden. Es fehlt sonst schlicht die Zeit für Mitgestaltung.
Der Strukturwandel im Ruhrgebiet ist nicht durchweg als Paradebeispiel zu sehen, dennoch gibt es dort durchaus Transformationsprojekte, die Wege in die Zukunft aufzeigen. Für viele Städte war die Montanindustrie nicht nur Verdienstmöglichkeit, sondern auch Identität. Wenn nun in diesem Jahr noch die letzten Zechen der Bundesrepublik schließen, ist das für viele Familien, die schon seit mehreren Generationen ihr Brot unter Tage verdienen, eine Zäsur.
Die Zeche Zollverein in Essen dient als eindrucksvolles Beispiel für den Erhalt und die Wertschätzung dieser Kultur und auch der Phönix-See in Dortmund zeigt, wie sich ein ganzes Stadtbild zukunftsfähig transformieren lässt. Vorreiter der Energiewende, wie die Klimakommune Saerbeck, verdeutlichen dabei, was im Bereich der erneuerbaren Energien schon heute möglich ist. Mit Windkrafträdern, Solaranlagen und Biogas produziert der Ort im Münsterland mehr Energie als dort verbraucht wird. Klimaschutz und Klimagerechtigkeit sind der zentrale Antrieb für viele Projekte, aber der Wandel ist auch notwendig für Zukunftsfähigkeit. Dafür müssen schon jetzt Investitionen getätigt werden.
Bei den vielen Gesprächen mit Politiker_innen in Düsseldorf und Berlin wurde deutlich, dass zwar ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Handelns besteht, aber eine wirksame Umsetzung durch weit verbreitete Unsicherheit gebremst wird. Immer wieder ging es dabei auch um die sogenannte „Kohlekommission“ und die mit dem Kohleausstieg verbundenen Chancen, aber auch Ängste und Sorgen. Die Teilnehmer_innen der Study Tour versicherten, dass im Kontext Klimaschutz insbesondere auf die Ambitionen Deutschlands geschaut wird.
Auch deshalb ist es besorgniserregend, dass die klimaschädigende Verstromung von Braunkohle in Deutschland bis heute kaum an Bedeutung verloren hat, obwohl sie global und lokal gravierende Schäden anrichtet. Es war interessant mit Menschen zu sprechen, die bei dieser Diskussion auf ganz unterschiedlichen Seiten stehen: Dorfbewohner im Rheinland, deren Zuhause bald schon in der riesigen Grube das Tagebaus Garzweiler verschwinden wird und Arbeitnehmer_innen in der energieintensiven Aluminiumproduktion, die um die Zukunft ihrer Arbeitsplätze bangen.
Was jedoch während der Studienreise noch einmal ganz klar wurde ist, dass „Just Transition“ nicht bedeutet, das Ende der Kohle noch möglichst lange hinauszuzögern. Denn das ist viel zu kurz gedacht. Es geht darum, jetzt sofort damit zu beginnen, den Wandel gerecht zu gestalten. Wir brauchen neue und nachhaltige Jobs und Solidarität mit den vom Strukturwandel betroffenen Regionen, vor allem jedoch – und das ist nicht verhandelbar – mit den Menschen, die weltweit am wenigsten zum Klimawandel beitragen, aber am stärksten davon betroffen sind.
Es war schön zu sehen, dass die Gewerkschafter_innen sich ihrer zentralen Rolle in diesem Prozess bewusst sind und mutige Visionen für die Zukunft entwickeln. Visionen, die man vielleicht eher im Klima-Aktivismus als im Gewerkschaftskontext vermutet hätte – aber wieso sollte sich das auch gegenseitig ausschließen?
Aicha Kheinette studiert Internationalen Beziehungen an der Technischen Universität Dresden und absolvierte im Herbst 2018 ihr Praktikum im Referat Globale Politik und Entwicklung in Berlin.
Yvonne Blos (international)Yvonne.Blos(at)fes.de
Max Ostermayer (national)Max.Ostermayer(at)fes.de
Claudia Detsch (Europa / Nordamerika)Claudia.Detsch(at)fes.de
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