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Anfang Mai 2023 fand der erste Security Slam Deutschlands im Konferenzsaal der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin statt. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft (DAG), der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und scienceslam.de bot die FES sechs jungen Forscher:innen Raum ihre Arbeit zu präsentieren.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin hatte zu Deutschlands erstem Science Slam zur Sicherheitspolitik geladen und über 300 begeisterte Gäste kamen. Hier stellen wir die mitreißenden Beiträge der Teilnehmenden vor.
Die Gewinnerin Lena Frewer präsentierte eine historische Friedens- und Sicherheitsarchitektur: Landfriedensprozesse am Reichskammergericht des Heiligen Römischen Reiches im 16. Jahrhundert. Mit dem Blick in die Geschichte beleuchtete sie, wie schon vor 500 Jahren Friedensstrukturen nach dem Prinzip „Frieden durch Recht“ aufgebaut wurden. So wurde die Fehde als legitimes Mittel der Gewaltanwendung mit dem Ewigen Landfrieden 1495 verboten.
Allerdings sorgte ein Gewaltverbot ohne Durchsetzungsmöglichkeiten für Frieden. Mit dem Reichskammergericht wurde eine Institution geschaffen, die dieses Gewaltverbot und den damit einhergehenden Tatbestand des Landfriedensbruchs juristisch umsetzte. Bemerkenswert seien dabei die hohe Institutionalisierung sowie die Länge der Prozesse, bei gleichzeitig selten hohen Strafen gewesen. Die friedensschaffende Wirkung lag wohl eher im Etablieren von Kommunikations- und Verhandlungskanälen und somit der Möglichkeit Konflikte ohne Gewalt auszutragen und schließlich beilegen zu können.
Jonathan Tappe stellte seine Arbeit zur quantitativen Messung deutscher Sicherheitspolitik vor. Mit Hilfe von Machine Learning konnte er Deutschlands Strategische Kultur im Zeitraum 1990 bis 2017 auf Basis von 16 000 Dokumenten untersuchen. Im Ergebnis sei die Strategische Kultur der Bundesrepublik seit 1990 leicht interventionistischer geworden, auch wenn sie insgesamt nach wie vor pazifistisch geprägt sei. Dabei war das auf der Kultur beruhende strategische Verhalten, wie beispielsweise die Häufigkeit militärischer Interventionen, auch in der quantitativen Analyse korreliert.
Mariia Vladymyrova beleuchtete "Lawfare" als Teil hybrider Kriegsführung. Dabei demonstrierte sie anhand Russlands verhalten nach dem Zwischenfall in der Straße von Kertsch 2018 den strategischen Einsatz von Rechtsnormen als Mittel zur Schaffung von Unsicherheit. Der Kreml negierte zwar einen rechtlichen Status als kriegführende Nation, behandelt gleichzeitig jedoch ukrainische Soldaten_innen wie Kriegsgefangene. Die so geschaffene Unsicherheit in den Gewässern rund um die Krim habe bereits bereits vor der Invasion im Februar 2022 die Schifffahrt behindert und kann demnach als Wegbereiter für die Invasion gesehen werden. Die Slammie verdeutlichte, wie Lawfare die Rechtstaatlichkeit untergräbt und das Recht zur Waffe wird.
Niklas Balbon sprach über das Thema des "Post-war Gender Backlash". Sein Befund: In Nachkriegsgesellschaften erstarken patriarchale Rollenbilder und Strukturen, obwohl Frauen während des Kriegs teilweise größere Gleichheit erreicht hatten. Rollenbilder von Männern als "Verteidiger" und Frauen als "Mutter" der Nation sowie die zentrale Rolle des Militärs bei Männlichkeitsnormen führten so in Post-Konfliktgesellschaften zu Rückschritten bei der Gleichberechtigung. Aus dieser Erkenntnis lässt sich eine große Bedeutung präventiver Arbeit während Konflikten zur Verhinderung des erwartbaren Backlashs schlussfolgern.
In ihrer Präsentation erklärte Antje Nötzold, die immer weiter anwachsende Bedeutung des Weltraums sowie eine damit einhergehende Versicherheitlichung, einer Art Zeitenwende über unseren Köpfen. Nicht nur seien praktisch alle Weltraumtechnologien dual-use, sowohl zivil als auch militärisch nutzbar, sondern wandle der Weltraum sich auch zunehmend von einem Unterstützungsbereich für Kriegsführung zu einem genuinen Kriegsschauplatz. Ausdruck dieses Wandels sei beispielsweise die Schaffung neuer militärischer Organisationsbereiche wie der US Space Force und dem Weltraumkommando der Bundeswehr. Gleichzeitig zeige der Krieg gegen die Ukraine die wachsende Bedeutung privater Akteure, wie Elon Musks StarLink. All diese Entwicklungen werfen politische, rechtliche und sicherheitsrelevante Fragen auf, denen wir uns so bald wie möglich stellen müssen.
Zum Abschluss des Security Slams erklärte Nicolas Müller das Entstehen und den Missbrauch von Deepfakes, computergenerierte Bilder, Videos oder Audiodateien, die täuschend echt reale Situationen imitieren, und wie man sie erkennen kann. Problematisch sei insbesondere, dass Deepfakes zunehmend in Desinformationskampagnen eingesetzt würden um Spaltungen innerhalb und zwischen Gesellschaften herbeizuführen oder zu vertiefen.
Um diesem Problem zu begegnen, empfiehlt Müller den gezielten Aufbau von Medienkompetenz durch Schulungen und Workshops zur Erkennung von Deepfakes sowie die Nutzung von KI-basierten Deepfake Erkennungstools.
Alles in allem eine rundum gelungene Veranstaltung, die vom Publikum hervorragend angenommen wurde. Wir freuen uns aufs nächste Mal!
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Yvonne Blos (international)Yvonne.Blos(at)fes.de
Max Ostermayer (national)Max.Ostermayer(at)fes.de
Claudia Detsch (Europa / Nordamerika)Claudia.Detsch(at)fes.de
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