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Europa ringt um den richtigen Umgang mit Geflüchteten. Die angestrebte Bekämpfung der Ursachen muss vor Ort ansetzen – das heißt bei uns in Europa.
Bild: Helicopter von EU Naval Force lizenziert unter CC BY-ND 2.0
Flucht und Migration: diese beiden Begriffe verschieben weltweit, gerade aber auch in Europa die Koordinaten des politischen Diskurses, ja der politischen Systeme. Immer mehr Menschen sehen sich gezwungen, ihre Heimatländer zu verlassen und ihr (Über)Leben andernorts zu sichern. Die meisten bleiben im eigenen Land oder fliehen zunächst in ein Nachbarland – von den circa 65 Millionen Geflüchteten weltweit sind zwei Drittel Binnenvertriebene. Und: fast jede/r Neunte sucht Schutz in einem weniger entwickelten Land. In Europa hat man es also quasi mit der Spitze des Eisbergs zu tun.
Dennoch ist die Situation in den europäischen Ländern in dem momentanen Ausmaß seit dem Zweiten Weltkrieg beispiellos. Gerade deshalb müssen sich die EU und die Mitgliedstaaten aber auch die Frage gefallen lassen, welchen Anteil sie an diesen Entwicklungen tragen.
Ein neuer Sammelband der Friedrich-Ebert-Stiftung nimmt sich diesem Thema an und macht schon im Titel klar, dass Europa Mitverursacher der Fluchtbewegungen ist: „Fluchtursachen made in Europe“ ist er überschrieben und fasst acht Beiträge zusammen, die sich unterschiedlichen Bereichen annehmen, unter anderem der Klima-, Handels- oder Rüstungspolitik. Ende Oktober wurde das Buchprojekt in Bautzen vorgestellt, wobei besonders die westliche Außen- und Sicherheitspolitik im Fokus stand.
Felix Braunsdorf, der das Buch in der Berliner FES-Zentrale betreut, sprach mit dem Dresdner Politikwissenschaftler Erik Fritzsche und dem ehemalischen Bundestagsabgeordneten Andreas Weigel über die Rolle, die Europa bei den Ursachen für Flucht, Vertreibung und Migration spielt. Zwar macht es keinen Sinn, das Bild so zu vereinfachen, dass in letzter Konsequenz Europa oder der Westen für die Kriege in Syrien oder im Kongo, ja eigentlich für alle Konflikte weltweit die Verantwortung trägt. Sicher aber haben Interventionen wie zuletzt in Libyen vielleicht das militärische, ganz bestimmt aber nicht das strategisch-politische Ziel einer dauerhaften Stabilisierung gebracht – eher im Gegenteil.
In der Diskussion zeigten sich dann auch die Vorbehalte und Ablehnung gegenüber militärischen Interventionen des Westens, der sich anmaße, immer besser zu wissen, was für andere Länder das richtige sei. Allzu oft scheitert derartiges Eingreifen von außen wie im Irak, in Afghanistan oder Libyen. Nichteinmischung sollte die Maxime sein.
Kann das aber immer die einzige Richtschnur sein? Wie steht es um die „Responsibility to Protect“? Hat Europa nicht eine Art Schutzverantwortung gegenüber denen, die sich nicht selbst verteidigen können? Eine Verantwortung, zumindest die krassesten Völkerrechtsverbrechen, wie zum Beispiel Genozide zu verhindern oder nicht eskalieren zu lassen? Und was kann Diplomatie in gewaltsamen Konflikten erreichen? Schwierige Fragen, die keine vorschnellen Antworten erlauben.
Gegenwärtig ist Krise das Hauptattribut, wenn es um Politik und Wirtschaft, insbesondere wenn es um die internationalen oder auch nur die innereuropäischen Beziehungen geht. Es scheint, dass die Nachkriegsordnung an immer mehr Stellen Risse bekommt. Europa muss sich in dieser neuen Gemengelage seiner eigenen Position bewusstwerden. Seine Macht ist begrenzt, geht aber häufig weiter, als die Bürger_innen und die Politik es erkennen (wollen). Es ist wichtig zu sehen, wo auch die europäischen Staaten Macht- und Wirtschaftsverhältnisse etablieren oder aufrechterhalten, die Konflikte mitverursachen und befördern. Denn auf Kosten anderer gibt es keine Gerechtigkeit und keinen Frieden. Es ist eine Stärke, die Augen vor der Realität nicht zu verschließen.
Ansprechpartner in der Friedrich-Ebert-Stiftung:
Christoph Wielepp
Felix Braunsdorf
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