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Bei den Wahlen in Italien spielte Europa nur eine untergeordnete Rolle. Ein Thema zum Finger verbrennen?
Bild: Mädchen beißt in heißen gegrillten Mais von arthurbraunstein von Photocase lizenziert unter Basislizenz 5.0
Ein gewisses Maß an Skepsis gegenüber Europa kann niemanden überraschen, der die Entwicklung Italiens im letzten Jahrzehnt verfolgt hat. Dass die rechten Parteien im zurückliegenden Wahlkampf dennoch auf harte Anti-EU-Rhetorik verzichteten liegt vor allem daran, dass sie Zeuge waren, als der Front National sich an der Thematik die Finger verbrannte – und Macron für einen explizit pro-europäischen Wahlkampf belohnt wurde.
Als die Italienerinnen und Italiener vor nunmehr rund drei Wochen zur Wahl gingen, lag hinter ihnen die längste Wirtschaftskrise der italienischen Geschichte. Und auch wenn die Handelsbilanz des Jahres seit 2012 wieder positiv ist, sind die Spuren der Finanz- und Bankenkrise noch deutlich sichtbar. So verzeichnet das Land nach wie vor eine hohe Arbeitslosenquote, die mit 35 Prozent insbesondere die Jugend besonders hart trifft, die ihr Glück zunehmend im europäischen Ausland sucht. Enorm hohe Zinszahlungen und strikte Reformauflagen der EU schränken den politischen Spielraum für Sozial- und eine dringend notwendige Modernisierungspolitik weiter ein.
Somit ist es auch kaum verwunderlich, dass die italienische Bevölkerung mit einem gewissen Argwohn auf die EU schaut, die die italienische Rezession durch ihr striktes Spardiktat nach Meinung vieler Expert_innen eher verlängert als zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation beigetragen hat. Dieser Argumentation folgte auch Ernst Hillebrand, Büroleiter der FES Rom im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung der Stiftung in Berlin. Dennoch spielte das Thema Europa im Wahlkampf lediglich eine untergeordnete Rolle.
Neben dem Imagewandel Berlusconis, der sich nach seiner Rückkehr auf das politische Parkett als „Sachwalter der europäischen Vernunft“ inszeniert, ist diese Zurückhaltung vor allem auf die wenig ruhmreichen Erfahrungen anderer europafeindlicher Parteien in Westeuropa zurückzuführen. Dank des fragwürdigen Deals mit lybischen Milizen kurzfristig entlastet, war auch der Dauerbrenner Migration in Italien sowohl von der Partito Democratico, die von Matteo Renzi geführt wird, als auch von der 5-Sterne-Bewegung, um Spitzenkandidat Luigi di Maio, als „Verliererthema“ identifiziert und bewusst kaum thematisiert worden.
Ein „ItaLEAVE“ droht damit wohl kaum. Wie die neue Regierung in Italien konkret aussehen wird, bleibt bis heute. Wer Angesichts des Erfolges des rechten Bündnisses nach wie vor mit allzu großer Sorge in den Süden Europas blickt, dem empfiehlt Ernst Hillebrand einen Blick in die Geschichte Italiens. Denn so wie die Küche des Landes die wohl weltweit beliebtesten kulinarischen Kreationen hervorgebracht haben, ist das Land auch seit jeher ein „Laboratorium der Parteienentwicklung“ gewesen.
Ansprechpartnerin in der Stiftung
Freya Grünhagen
Weiterführende Links
Der Artikel „GroKo all'Italiana?“ von Ernst Hillebrand, erschienen im IPG-Journal
Ernst Hillebrand im IPG-Journal: Warum die ökonomische Lage und die Frage der Immigration die Wahlen in Italien entschieden haben.
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