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Seit Langem ist klar: Die Eurozone muss reformiert werden. Wirklich geändert hat sich seit Beginn der Eurokrise jedoch nichts. Es fehlt vor allem der politische Wille.
Bild: Rettungsring von tookapic lizenziert unter CC0 1.0
Der US-Ökonom und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz hat kürzlich verlauten lassen, dass er mit einem Zerfall der Eurozone in den nächsten Jahren rechne. Nun ist der Mann eine Autorität in dieser Frage – hatte er doch schon vor Einführung der gemeinsamen Währung vorhergesagt, dass der Euro ohne weitreichende sozial-, wirtschafts- und vor allem fiskalpolitische Integration scheitern würde. Viele der von ihm damals dargestellten Probleme sind seit Ende des letzten Jahrzehnts für jeden offenkundig geworden. Festzustellen ist jedoch auch, dass es sehr wohl möglich war, den Euro zu einem Erfolg zu machen. Vielleicht ist es das, entgegen Stiglitz‘ Äußerungen, auch immer noch.
Dafür braucht es jedoch eine umfassende Reform. Sicherlich wurde seit der Krise an verschiedenen Stellen nachgebessert, doch geschah dies nur punktuell. Die Eurokrise bedroht jedoch die Grundfesten der Gemeinschaft und hat gezeigt, dass die Währungs- und Wirtschaftsunion ohne Reformen nicht bestehen bleiben kann. Denn das Grundproblem besteht in der anhaltenden wirtschaftlichen und sozialen Divergenz der Mitgliedstaaten und den Wechselwirkungen zwischen der einheitlichen Geldpolitik und weiterhin nationalen Fiskalpolitiken. Gerade auch der Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wird durch die fehlgeleitete Politik beeinflusst. Da die Möglichkeit von Wechselkursabwertungen nicht mehr besteht, wird die interne Abwertung über Löhne vorrangig. Doch die sinkenden Lohnniveaus und ein teils übertriebenes Streben nach „Austerität“, führt nur zu einem weiteren Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten – was letztlich sehr wohl zu einem Auseinanderbrechen der Eurozone und möglicherweise sogar der EU führen kann.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich dieser Thematik in einem gerade erschienenen Sammelband gewidmet. In der Publikation beschäftigen sich renommierte Ökonomen, Politologen und Rechtswissenschaftler mit den politischen und sozialen Herausforderungen der Eurozone und der EU und machen detaillierte Vorschläge, wie die Gefahr eines Zerfalls abzuwenden ist. Zu dem vielfältigen Autorenteam zählen neben der Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik Daniela Schwarzer, auch der Direktor des Jacques Delors Instituts Henrik Enderlein und Franz C. Mayer, Professor für Europarecht und Mitglied der Glienicker-Gruppe. Vorgestellt wurde „Die Zukunft der Eurozone: Wie wir den Euro retten und Europa zusammenhalten“ (erschienen im Transcript Verlag) von den Herausgebern Alexander Schellinger und Philipp Steinberg am 25. Oktober in Anwesenheit von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.
Für Alexander Schellinger ist das Anliegen des Buches zu zeigen, dass es in der Europolitik nicht mehr so weitergehen könne wie bisher. Dass es den Euro noch gibt, und vor allem, dass er weiterhin in 19 Ländern gilt, ist zu einem großen Teil der EZB zu verdanken – dies gestand auch Sigmar Gabriel ein. Sie habe gehandelt als die Mitgliedstaaten dazu nicht in der Lage waren. Gleichzeitig kann dies keine langfristige Lösung sein, schon jetzt ist die Geldpolitik der EZB höchst umstritten und ihre Macht auch aus demokratischer Sicht anfechtbar. Die Politik muss das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen und sich den Problemen der Eurozone widmen. Denn, so zeigte sich Philipp Steinberg überzeugt, Angela Merkels Ausspruch „Scheitert der Euro, scheitert Europa“ sei zwar zugespitzt, aber nichtsdestotrotz richtig.
Wer dieses Risiko eingehen möchte, kann so weitermachen wie bisher. Wer nicht, sollte aktiv werden. Eine große, grundlegende Reform sei notwendig: So brauche es neben einem gemeinsamen Budget der Eurozone auch eine Möglichkeit der „Schuldenrestrukturierung“, also eine Art Insolvenzverfahren für Staaten. Vor allem sei ein Wachstumsprogramm für die wirtschaftlich „schwächeren“ Staaten notwendig, welches mit einer sozialstaatlichen Anpassung einhergehen müsse. Dass ein solcher „big bang“, wie es Sigmar Gabriel ausdrückte, jedoch momentan nicht zu erwarten ist, wird auch im Buch deutlich. Die Heterogenität der Interessenlagen und die verbreitete Euroskepsis stünden einer tiefgehenden Reform entgegen.
Nichtsdestotrotz würden die Herausgeber Joseph Stiglitz sicherlich nicht zustimmen und den Euro mehr oder minder aufgeben. Noch gebe es verschiedene Möglichkeiten – selbst ohne Vertragsveränderungen – zumindest einige Probleme anzugehen. Ob diese Politik der kleinen Schritte letztlich einen „schleichenden Auflösungsprozess“ verhindern könne, sei jedoch ungewiss. Unter dem Strich bleibt es dabei: Die Eurozone kann gerettet werden und so einen Teil dazu beitragen, dass auch Europa zusammengehalten wird. Letztlich braucht es aber doch grundlegende Veränderungen – zu denen momentan nur wenige bereit sind.
Ansprechpartner in der Friedrich-Ebert-Stiftung:
Arne Schildberg
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